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In diesem Podcast tauchen wir tief in das Buch „…trotzdem Ja zum Leben sagen“ von Viktor E. Frankl ein – ein Werk, das mitten aus dem Grauen der Konzentrationslager entstanden ist und dennoch eine Botschaft unerschütterlicher Hoffnung trägt. Frankl, Psychiater und Begründer der Logotherapie, schildert seine Erlebnisse in den Lagern von Auschwitz und Dachau – und zeigt dabei, wie selbst unter den unmenschlichsten Bedingungen Sinn und innerer Halt gefunden werden können. In jeder Folge beleuchten wir zentrale Gedanken des Buches:
💭 Wie findet man Sinn im Leiden?
💪 Warum ist die Freiheit der inneren Haltung unzerstörbar?
🌱 Und was bedeutet es, dem Leben trotz allem ein „Ja“ abzuringen? Der Podcast verbindet Frankls existentielle Psychologie mit aktuellen Fragen: Was können wir heute aus seiner Erfahrung lernen – für Krisen, Verlust und die Suche nach Sinn im modernen Leben? Ein Podcast über Menschlichkeit, Resilienz und die Kraft, selbst im Dunkel einen Sinn zu entdecken.
4 Lektionen von Viktor Frankl, die Ihr Denken über Resilienz für immer verändern werden
In unserer Zeit scheint das Streben nach Resilienz allgegenwärtig. Es ist das psychologische Gold unserer Epoche, die Fähigkeit, nach Rückschlägen nicht nur wieder aufzustehen, sondern gestärkt daraus hervorzugehen. In der einschlägigen Literatur wird Viktor Frankl, der Psychiater, der Auschwitz überlebte, von einigen Autoren sogar als einer der Pioniere der Resilienzforschung beschrieben. Sein Leben scheint der ultimative Beweis dafür zu sein, dass eine starke innere Haltung selbst die dunkelsten Umstände überwinden kann.
Doch was, wenn diese populäre Vorstellung auf einem grundlegenden Missverständnis beruht? Was, wenn Frankls wahre Lehren viel überraschender, kontraintuitiver und tiefgreifender sind, als der moderne Resilienz-Hype vermuten lässt? Eine genaue Analyse seines Werks, wie sie etwa der Frankl-Forscher Alexander Batthyány vornimmt, enthüllt eine Perspektive, die unser Verständnis von Stärke, Leid und dem Sinn des Lebens fundamental infrage stellt.
1. Der Mann, der als Resilienz-Pionier gilt, benutzte das Wort nie
Die vielleicht größte Überraschung zuerst: Das Wort „Resilienz“ taucht in Viktor Frankls umfangreichem Werk kein einziges Mal auf. Diese Abwesenheit ist umso bemerkenswerter, als Frankl bis zu seinem Tod 1997 rege am wissenschaftlichen Diskurs teilnahm und stets im Dialog mit neuen psychologischen Strömungen stand. Der Begriff war ihm mit Sicherheit bekannt.
Stattdessen sprach Frankl von etwas anderem, von der „Trotzmacht des Geistes“. Damit griff er zwar Nietzsches berühmtes Diktum – „Wer ein Warum zu leben hat, erträgt fast jedes Wie“ – auf, vollzog aber eine entscheidende Wendung: Das passive „Ertragen“ bei Nietzsche transformiert Frankl in eine aktive, bewusste geistige Haltung. Für ihn war das Konzentrationslager der ultimative Beweis für diese menschliche Fähigkeit:
Ob man ein typischer KZler wurde oder aber auch noch in dieser Zwangslage, selbst noch in dieser äußersten Grenzsituation, Mensch blieb. Dies stand jeweils zur Entscheidung. […] Wenn es für mich noch eines Nachweises dafür bedurft hätte, dass die Trotzmacht des Geistes eine Wirklichkeit ist – das Konzentrationslager war das experimentum crucis.
Hier offenbart sich ein fundamentaler Unterschied im Menschenbild: Während Resilienz oft als ein psychologischer Mechanismus des „Zurückfederns“ verstanden wird, postuliert Frankl einen Akt der existenziellen Entscheidung. Es geht nicht um die Wiederherstellung eines Zustands, sondern um die freie Wahl einer Haltung, selbst wenn alles andere genommen wurde.
2. Überleben war kein Sieg der Haltung, sondern oft reiner Zufall
Das moderne Resilienz-Narrativ liebt Heldengeschichten. Frankls Überleben wird oft als Paradebeispiel für die Macht der richtigen Einstellung dargestellt. Doch diese Deutung ist, wie Batthyány es nennt, ein historisches Missverständnis, dem ein Mangel an existenziellem Realismus zugrunde liegt.
Frankl selbst betonte immer wieder, dass das Überleben in den Lagern sich „oft wenig mehr verdankte als dem rohen Zufall oder unverdienter Gnade“. Er wusste, dass viele der charakterlich stärksten und integersten Menschen eben nicht überlebten. Sein eigenes Überleben war für ihn kein Triumph seiner psychischen Stärke, sondern ein Geschenk, das ihm unverdient zuteilwurde.
Denn wir Überlebenden wussten ganz genau, dass die Besten, die unter uns dort waren, von dort nicht herausgekommen sind – die Besten waren es, die nicht zurückgekehrt sind! So konnten wir unser Überleben nicht anders denn als unverdiente Gnade empfinden.
Diese Einsicht schützt uns vor einer toxischen Konsequenz des simplifizierten Resilienz-Gedankens: der Vorstellung, Leid sei der „Machbarkeit des Menschen“ unterworfen. Eine solche Logik führt dazu, dass jenen, die nicht überleben, subtil eine Mitverantwortung für ihr Schicksal unterstellt werden kann. Frankls Demut entlarvt diese Haltung als gefährliche Vereinfachung, die dem realen Schrecken von Leid, Ungerechtigkeit und Tod nicht gerecht wird.
3. Die entscheidende Frage war nicht „Überlebe ich?“, sondern „Hat dieses Leiden einen Sinn?“
Hier stoßen wir zum Kern von Frankls Denken vor. Er beobachtete, dass die zentrale Frage für die meisten Häftlinge lautete: „Werde ich überleben? Denn nur dann hätte all dieses Leiden einen Sinn.“ Frankl drehte diese Frage radikal um. Er erkannte, dass ein Leben, dessen Sinnhaftigkeit vom bloßen Zufall des Überlebens abhängt, selbst dann nicht wirklich lebenswert wäre, wenn man davonkommt.
Seine zentrale These lautete: Erst wenn das Leben trotz des Leidens als sinnvoll angesehen werden kann, ergibt der Kampf ums Überleben überhaupt einen Sinn. Die Frage nach dem Sinn muss der Frage nach dem Überleben vorausgehen.
Doch für mich lautete das Problem anders – mein Problem war genau das umgekehrte: Hat das Leiden, hat das Sterben einen Sinn? Denn nur dann – könnte das Überleben einen Sinn haben!
Diese Perspektivverschiebung ist revolutionär. Sie verlagert den Fokus vom bloßen Durchhalten auf die aktive Suche nach Bedeutung. Es geht nicht darum, das Leiden zu bewältigen, um zu überleben, sondern darum, im Leiden einen Sinn zu finden, der das Leben – und sogar den Tod – lebenswert macht.
4. Die Suche nach Sinn ist kein Zeichen von Krankheit, sondern von Gesundheit
In der modernen Psychologie wird die Sinnfrage bisweilen mit Skepsis betrachtet. Frankl diagnostizierte in dieser Haltung einen „Pathologismus“ – die Tendenz, zutiefst menschliche Anliegen als krankhaft abzutun. Der schärfste Kontrast zu seiner Position findet sich bei Sigmund Freud, dem Begründer der Psychoanalyse:
Im Moment, da man nach dem Sinn und Wert des Lebens fragt, ist man krank, denn beides gibt es ja in objektiver Weise nicht...
Für Freud war die Sinnfrage ein Symptom. Für Frankl war sie das exakte Gegenteil: der Ausdruck seelischer Gesundheit, das definierende Merkmal des Menschseins. Die Suche nach Sinn war für ihn kein Zeichen von Schwäche, sondern ein „Heilmittel“. Wie fatal die Freud'sche Sicht sein kann, zeigt das erschütternde Beispiel des Therapeuten Kurt Eissler, der einer sterbenden Patientin erklärte, ihr ganzes Leben sei schon immer sinnlos gewesen, woraufhin diese in Tränen ausbrach. Frankl hingegen sah in der Fähigkeit des Menschen, selbst im Angesicht des unabänderlichen Leids noch nach Sinn zu fragen, die höchste Form menschlicher Würde.
Schlussfolgerung: Mehr als Überleben – Die Einladung zum sinnvollen Leben
Viktor Frankls Vermächtnis ist keine einfache Anleitung zur Resilienz. Sein Ansatz ist vielmehr eine fundamentale Kritik am modernen, oft technik- und ich-zentrierten Resilienz-Hype, der sich auf Strategien zur Selbstoptimierung konzentriert. Frankl lädt uns zu einer tieferen Auseinandersetzung ein: zur Konfrontation mit der Frage, was unser Leben letztlich wertvoll macht.
Er lehrt uns, dass wahre Stärke nicht darin liegt, unverwundbar zu sein, sondern darin, selbst in der tiefsten Zerbrechlichkeit nach Bedeutung zu suchen. Stärke und Widerstandsfähigkeit sind für ihn nicht das Ziel der Anstrengung, sondern lediglich, wie Batthyány es formuliert, ein „Nebenprodukt einer bedingungslosen Sinnoffenheit“.
Wenn also nicht die Abwesenheit von Leid, sondern ein klares „Warum“ die Quelle unserer Kraft ist – wofür ertragen Sie Ihr „Wie“?