apolut Podcast Archive - apolut.net

Journalistenverband will Konkurrenz die Pressefreiheit nehmen | Von Norbert Häring


Listen Later


Wie ein Journalistenverband der unabhängigen Konkurrenz die Pressefreiheit nehmen will
Ein Kommentar von Norbert Häring.




Wess Brot ich ess, dess Lied ich sing, lautet ganz ungeniert das Credo des Deutschen Journalistenverbandes (DJV), der sich als Gewerkschaft und Interessenvertretung professioneller Journalisten versteht. Das schließt für diesen Verband ein, die Pressefreiheit auf die eigene Klientel und deren Arbeitgeber zu begrenzen und alle, die nebenberuflich oder ehrenamtlich die Öffentlichkeit mit Information und Analyse versorgen, zu entrechten.
Der DJV und sein Vorsitzender Frank Überall sind schon des öfteren mit einem sehr eigenwilligen Verständnis von Pressefreiheit und seriöser Berichterstattung unangenehm aufgefallen. Seit Beginn des russischen Einmarsches in der Ukraine hat der Verband ein neues blaugelbes Logo in den Farben der Ukraine.
In einem Gastbeitrag auf diesem Blog hatte der Jungjournalist Hakon von Holst berichtet, wie ihm ein Ministerium rechtswidrig keine Auskunft gibt, weil er keinen Presseausweis hat, den ihm die ausstellenden Verbände verweigern, weil sie ein Magazin, in dem einzelne seiner Beiträge erschienen sind, nicht mögen.
In diesem Zusammenhang wurde ich nun auf ein dabei noch nicht berücksichtigtes Urteil des Verwaltungsgerichts Minden von August hingewiesen (VG Minden, Beschluss vom 16.08.2023 – 1 L 729/23). Dieses hatte geurteilt, für das Vorliegen einer Pressetätigkeit sei ausreichend, einen Youtube-Kanal zu haben. Auch die ehrenamtliche Tätigkeit als Berichterstatter für die Öffentlichkeit konstituiere eine journalistische Tätigkeit. Dass der Kanal nur über eine beschränkte Reichweite verfügt, hält das Gericht für unschädlich. Es komme auf die potentielle Reichweite der Angebote an, „die bei internetbasierten Angeboten unbegrenzt ist“.
Es ging dabei darum, ob ein Gericht es dem Youtuber untersagen durfte, über ein Verfahren in eigener Sache zu berichten.
Der DJV erging sich daraufhin unter der Überschrift „Youtuber sind keine Journalisten“ in recht strenger Schelte des Gerichts.
DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall nannte die Entscheidung „verhaltensoriginell“ und fern von der notwendigen Kenntnis sozialer Netzwerke und etablierter Medien: „Wie will man eigentlich noch journalistische Angebote von lustigen Katzenvideos und anderem Klamauk unterscheiden?“, fragte er.
Diese Frage hat ihm das Gericht bereits beantwortet, aber so genau hat er sicherlich nicht gelesen. Man ist Journalist, wenn man die mit einer gewissen Regelmäßigkeit verbreiteten Informationen in hinreichendem Umfang journalistisch aufarbeitet. Das sei bei dem Youtuber gegeben. Bei „Katzenvideos und anderem Klamauk“ ist es in der Regel nicht gegeben.
Der traditionell mit Halbwahrheiten und Falschbehauptungen nicht geizende DJV-Vorsitzende verwies in diesem Zusammenhang auf den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), der festgelegt habe, Journalist könne sich nur nennen, „wer regelmäßig oder professionell journalistisch arbeitet, also den Lebensunterhalt damit verdient“. Er rügte das Gericht: „Offenbar kennt das Verwaltungsgericht Minden die Rechtsprechung des EGMR nicht.
...more
View all episodesView all episodes
Download on the App Store

apolut Podcast Archive - apolut.netBy apolut Podcast Archive - apolut.net