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about:web – der brandneue Podcast von Mozilla und ze.tt
Episode 2 – Was das Internet über dich denkt
Protagonisten:
Skript:
Mae Becker:
Jetzt sind sie auf 80er. Auch nicht schlecht. Hmmm hmmm hmmm … Oh Mann, das wird mein Ohrwurm. Das wird mein Ohrwurm der nächsten Wochen. Das weiß ich jetzt schon. Um den zu übertünchen brauch ich jetzt dringend etwas Anderes.
Ach, guck, der „Supergeil“-Typ von Edeka… ach, ja… Liechtenstein. Der war echt super. Supergeil, quasi.
Jaja, ihr kennt das alle. Zu viel Zeit und einen Computer zur Hand und schon ist man in den Weiten des Netzes abgetaucht und macht sich eine gute Zeit. Oft auch, wenn man eigentlich gar keine Zeit hat. Das Internet ist ein Traum für alle, die prokrastinieren wollen. Das heißt, so richtig schön bummeln, und die eigene Zeit etwas anderem widmen, als dem, das man gerade wirklich zu tun hat.
Also: Woher kommen all diese Dinge, die uns im Web begegnen und warum sind sie da? Wer hat da was von - und wer nicht? Ist es etwa gewollt, dass wir wie Anne aus der letzten Folge unsere Hände nicht mehr von unseren Handys und Tastaturen lassen können? Und wenn ja, von wem? Und warum? Ist Aufmerksamkeit die neue Währung geworden?
[Jingle]
Ich klicke mal hier mal da, wie Hans Guck in die Luft und mache mir eigentlich über gar nichts Gedanken, wenn ich mit viel Zeit mal im Netz unterwegs bin. Denn das Internet ist ja schließlich dafür da, mich zu belustigen. Oder? Und für mich ist ein einzelner Klick auf eine Sachen eben wirklich nur das: ein bedenkenloser Klick. Und die Zeit, die ich auf einzelnen Portalen verbringe ist für mich auch nur das: eine Minute meiner Lebenszeit.
So wie ich klicken sich viele ganz bedenkenlos durch das Internet. Dabei werden wir aber von unsichtbaren Kräften gelenkt. Das zeigt schon mein kurzer Stroll auf Youtube. Wie von Geisterhand zieht es mich von einem Video zum nächsten. Immer dem guten Beat und dem skurrilen Inhalt nach. Dass ich bei genau diesen Videos lande, ist dabei sicher kein Zufall.
Für die Akteure auf der anderen Seite sieht mein kleiner Ausflug durch die Weiten des Netzes ganz anders aus. Sie nehmen das ernst. Und sie haben sich beim Design der verschiedenen Webseiten etwas gedacht. Und bei ihren Social Media Posts. Und auch bei den Inhalten, die sie für uns ausspielen. Denn es gibt ganz verschiedene Techniken, wie man sich im Netz unsere Aufmerksamkeit aneignet.
Sachar Klein:
Mae Becker:
Sachar Klein:
Mae Becker:
Sachar Klein:
Leute, die sich Gehör verschaffen möchten und müssen, müssen zuerst wahnsinnig viel zuhören. Ich persönlich bin ein Freund dessen, dass ich lieber selber höre, lese, beobachte, analysiere und auf Basis dessen eine Entscheidung treffe, was die Leute wirklich interessiert, worüber sie nachdenken, worüber sie weniger gerne nachdenken. Und dann muss ich das Ganze natürlich als Schablone über das legen, was unsere Auftraggeber interessiert und was sie gerne kommuniziert sehen wollen. Damit das dann auch wirklich gut funktioniert.
Ganz ähnlich verfährt auch Journalist Wolfgang Kerler. Auch wenn er eigentlich keine Werbeziele mit seiner Arbeit verfolgt. Die guten Geschichten will er dennoch an den richtigen Mann und die richtige Frau bringen. Wolfgang leitet seit ein paar Monaten die Redaktion von Wired in Deutschland.
Wolfgang Kerler:
Mae Becker:
Wolfgang Kerler:
Mae Becker:
Aber ist es wirklich nur das? Oder gibt es da noch eine andere Seite, wenn wir über Aufmerksamkeit sprechen? Gibt es da nicht noch diese Sache namens Aufmerksamkeitsökonomie? Kurz: Ist da nicht noch jemand anderes zufriedenzustellen, wenn man als digitales Medium überleben will?
Wolfgang Kerler:
Wir müssen, wir brauchen auch gute Zahlen, um Werbung zu schalten.
Mae Becker:
Und da Werbetreibende sich nun mal gern da tummeln, wo ihre Anzeige von den meisten gesehen wird – das heißt, wo man potenziell die meisten Kunden akquirieren kann – sind Anzeigenplätze auf beliebten Portalen und Netzwerken teuer. Es ist also gut, wenn man möglichst viele Leute auf seinem Portal oder seiner Seite erreicht. Schon klingelt die Kasse. So kann unsere Aufmerksamkeit leicht in harte Währung übersetzt werden.
Wolfgang Kerler:
Mae Becker:
Wolfgang Kerler:
Mae Becker:
Wolfgang Kerler:
Mae Becker:
Mae Becker:
Aber das ist nicht das einzige Problem hier. Denn wir Menschen folgen auch ganz bestimmten Anreizen im Netz, ohne es zu merken. Dabei schränken diese Anreize unsere Wahlmöglichkeiten eigentlich ein, denn ich klicke ja innerhalb einer Seite nur auf die Dinge, die mir als “artverwandt” angezeigt werden und mich vermeintlich interessieren sollen. Oft ist uns diese Vorauswahl, diese Beschneidung unserer Möglichkeiten nicht bewusst. Sie führt aber dazu, dass wir möglichst lange auf einer bestimmten Seite bleiben, also möglichst viel Zeit mit den Seiteninhalten verbringen.
Wenn uns etwas gefällt, dann schauen wir es uns mehrfach an und lange. Wir streuen zum Beispiel Videos und Clips freiwillig im Netz, teilen sie mit unseren Freunden und werden so – gemäß dem Schneeballprinzip – zu Multiplikatoren von Inhalten. Damit helfen wir mit, die Aufmerksamkeit auf einer bestimmten Plattform zu bündeln.
Sogar wir bei ze.tt sind Teil des Ganzen, weil wir auf Hashtags und virale Hits hinweisen und uns über Internetkunst beömmeln. Und wir stellen witzige Instagram Accounts vor, die unsere Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben.
All das ist natürlich vollkommen in Ordnung. Wir sollten ja mit unserer Zeit machen können, was wir wollen. Und wir sollten auch die Inhalte mit den Menschen in unserer Umgebung teilen können, von denen wir sicher sind, dass sie ihnen auch gefallen. Allerdings ist es nun einmal wichtig, zu wissen, dass vieles, was du dir im Internet gern anschaust, dich zugleich mit Werbetreibenden verbindet.
Douglas Rushkoff:
Mae Becker:
Douglas Rushkoff:
Mae Becker:
Das knappe Gut in dieser Gleichung ist unsere Aufmerksamkeit. Sie ist unfassbar viel wert! Sie ist eine wertvolle Ressource in dieser digitalen Welt. Mit ihr lässt sich viel Geld machen. Je mehr Aufmerksamkeit man hat, desto mehr Geld lässt sich verdienen.
Das Gerangel um unsere Aufmerksamkeit hat einige neue Phänomene zum Vorschein gebracht: die Influencer zum Beispiel. Sie schaffen es, mit ihren Inhalten, die Aufmerksamkeit einer großen Gruppe an Menschen auf sich zu ziehen. So können sie mit ihren Empfehlungen – auch für Produkte – Einfluss ausüben. Was sie sagen, erreicht viele, was sie cool finden, finden möglicherweise viele Leute cool.
Ich treffe mich mit Sandra Drolshagen und Andre Padecken. Sie sind Influencer. Oder sagen wir, Influencer-Manager. Oder nee, noch besser: Manager von einem Petfluencer! Täglich posten sie Bilder ihrer süßen Hunde auf ihrem Instagram Kanal missyminzi.
Angefangen hat alles vor etwa drei Jahren, als sich das Paar den süßen Zwergspitz Minzi zulegte. Minzi brach sich leider als Welpe ein Vorderbeinchen. Nach einigen medizinischen Komplikationen musste das Bein abgenommen werden. Die Suche nach Prothesen für einen so kleinen Hund gestaltete sich schwierig. Sandra musste selbst aktiv werden und sich mit einem Prothesenhersteller in Verbindung setzen. Die Idee zum Instagram Account kam dann aber eigentlich von einer Freundin. Sie schlug ihnen vor, ihre Geschichte und das Leben mit dem dreibeinigen Wuschel mit der Welt zu teilen und nebenbei Menschen über Hundeprothesen aufzuklären. Seither zeigen die beiden, wie es ist, mit dem süßen Dreibeiner zu leben. Dass der Account so erfolgreich werden würde, damit haben sie nicht gerechnet.
Andre Padecken:
Mae Becker:
Andre Padecken:
Sandra Drolshagen:
Mae Becker:
Sandra Drolshagen
Mae Becker:
Sandra Drolshagen
Andre Padecken:
Mae Becker:
Sandra Drolshagen:
Selbst wenn wir irgendwelche Werbedeals haben, ist das Wohl der Hunde deutlich wichtiger als wenn wir da jetzt irgendwelche inhaltlichen Sachen durchprügeln müssten, ohne davon voll überzeugt zu sein.
Mae Becker:
Wie immer ist unsere Welt aber nicht nur so rosa-rot. Denn die Sache mit der Aufmerksamkeitsökonomomie hat auch ihre Haken. Das dachtet ihr euch schon. Zum einen werden wir und unsere Daten zum Produkt. Und zum anderen entsteht in diesem Aufmerksamkeitskreislauf auch schnell eine Abhängigkeit. Nämlich dann, wenn sich die Akteure, die im Internet agieren, abhängig von den Werbetreibenden machen. Abhängigkeit gegenüber also von denen, die das Geld haben.
Und das passiert gar nicht so selten. Denn während viele Teile des Internets für uns kostenlos sind – wir können die Inhalte ohne finanzielle Gegenleistung ansehen – haben ja die Personen, die Content kreieren, durchaus Kosten bei deren Erstellung. Kreative, wie Autoren oder Videographen, müssen für ihre freiverfügbaren Inhalte auf irgendeine Art und Weise müssen entlohnt werden. IT-ler, die die Seiten programmieren auch. Und ein Unternehmen, beispielsweise ein Verlagshaus, muss seine Mitarbeiter ebenfalls bezahlen oder will ja auch ein bisschen Profit machen.
Wie sich das rechnet? Ganz einfach: indem möglichst Werbe-Anzeigen verkauft werden. Douglas Rushkoff erklärt noch einmal genauer, wieso das alles problematisch sein kann:
Douglas Rushkoff:
Mae Becker:
Es geht also inzwischen vielmals eher darum, die Werbetreibenden zufrieden zu stellen und ihnen die Aufmerksamkeit der Internet-User zu bieten, als den Nutzern gute Inhalte zu bieten. Quantität der Nutzerzahlen vor Qualität der Inhalte. Und dieser Umstand zieht gleich noch eine ganze Reihe anderer Geschäftszweige nach sich:
Douglas Rushkoff:
Mae Becker:
Je mehr Follower eine Seite akquirieren kann, desto mehr Geld kann sie potenziell mit Werbung machen. Und je mehr eine Seite über ihre Nutzer weiß, umso attraktiver ist diese Seite für Werbetreibende, da sie ihre Anzeigen dann sehr spezifisch, relevant und punktgenau ausspielen können. Es ist also gut, die Nutzer zu kennen. Zu wissen, worauf sie anspringen, um so die Inhalte anpassen und die Aufmerksamkeit noch besser lenken und damit vermarkten zu können.
Machen wir uns nichts vor. Es gibt Feelgood-Content, ja. Aber es gibt auch Aufreg-Content, der im Netz mindestens so gut funktioniert. Auch wer eine rassistische, eine sexistische, eine Fake News- oder Verschwörungs-Seite im Netz erstellt, wird Follower finden, die diese Inhalte liken und mit anderen Gleichgesinnten teilen. Auch diese Seiten erhalten Aufmerksamkeit und auch diese Seitenbetreiber machen mit ihren Werbeflächen Geld.
Viele Seiten werden genau dafür erstellt: Um Aufreg-Content zu kreieren und Klicks von Menschen zu bekommen, die zu extremen Meinungen neigen. Reißerische Themen, nackte Haut, Sex, Gewalt, … all das sind Mittel, um im Netz um Aufmerksamkeit zu kämpfen. Denn wo die Aufmerksamkeit der Leute ist, da ist für die, die Werbung machen, ein guter Platz ihre Anzeigen zu platzieren – und schwupps klingelt die Kasse desjenigen, der die Webseite betreibt. Dabei werden die ohnehin schon eher radikalen User durch die Seiteninhalte noch weiter radikalisiert. Den Machern solcher Seiten sind diese Auswirkungen meist egal. Sie sind eben nur darauf aus, einen schnellen Taler zu machen.
Auch Sachar Klein von Hypr ist von einigen Akteuren ganz besonders genervt:
Sachar Klein:
Mae Becker:
Douglas Rushkoff:
Mae Becker:
Douglas Rushkoff:
Wir sollten uns bewusst machen, wem wir unsere Aufmerksamkeit schenken und welche Strategien es im Netz gibt, um unsere Aufmerksamkeit zu fesseln. Und wir müssen uns fragen, wo wir mit unserem Nutzungsverhalten wiederum welche Informationen über uns hinterlassen, die zu gezielter personalisierter Werbung führen können.
Kurzum: Wir sollten uns alle Abwehrstrategien gegen das aggressive Werben um unsere Aufmerksamkeit im Netz aneignen. Denn nur, wenn wir wissen, dass einige Akteure im Internet uns nicht nur zerstreuen oder informieren, sondern uns bewusst locken wollen, überlegen wir uns den einen oder anderen Klick auf bestimmte Inhalte vielleicht zweimal.
Auch diese News sollten viral gehen: Erzählt es euren Freunden und lasst uns alle gemeinsam das Internet viel bewusster nutzen. Gemeinsam können wir die Richtung ändern. Denn wenn unsere Aufmerksamkeit nicht mehr so leicht zu kriegen ist, haben wir eine gute Chance, wieder mehr wertvolle Inhalte zu sehen zu bekommen.
Es geht nicht mehr ohne Online und die digitale Welt ist komplex. Wir bewegen uns täglich darin, aber durchschauen wir sie auch? Mit Organisationen wie Mozilla könnt ihr mehr darüber lernen, welche Mechanismen im Netz greifen. Mozilla ist eine Organisation, die du aus zweierlei Gründen lieben solltest: Erstens machen sie den Browser Firefox und zweitens werden sie von einer gemeinnützigen Organisation, der Mozilla Foundation, unterstützt.
Wenn euch dieser Podcast gefallen hat und ihr mehr darüber erfahren wollt, wie sich unsere Welt durch Technik wandelt, dann hört mal rein in den amerikanischen Podcast IRL - in real life. Unte .irlpodcast.org. Und hört natürlich beim nächsten Mal wieder rein, wenn es darum geht, wie das Internet unsere Kommunikation verändert hat!
By mozilla und ze.ttabout:web – der brandneue Podcast von Mozilla und ze.tt
Episode 2 – Was das Internet über dich denkt
Protagonisten:
Skript:
Mae Becker:
Jetzt sind sie auf 80er. Auch nicht schlecht. Hmmm hmmm hmmm … Oh Mann, das wird mein Ohrwurm. Das wird mein Ohrwurm der nächsten Wochen. Das weiß ich jetzt schon. Um den zu übertünchen brauch ich jetzt dringend etwas Anderes.
Ach, guck, der „Supergeil“-Typ von Edeka… ach, ja… Liechtenstein. Der war echt super. Supergeil, quasi.
Jaja, ihr kennt das alle. Zu viel Zeit und einen Computer zur Hand und schon ist man in den Weiten des Netzes abgetaucht und macht sich eine gute Zeit. Oft auch, wenn man eigentlich gar keine Zeit hat. Das Internet ist ein Traum für alle, die prokrastinieren wollen. Das heißt, so richtig schön bummeln, und die eigene Zeit etwas anderem widmen, als dem, das man gerade wirklich zu tun hat.
Also: Woher kommen all diese Dinge, die uns im Web begegnen und warum sind sie da? Wer hat da was von - und wer nicht? Ist es etwa gewollt, dass wir wie Anne aus der letzten Folge unsere Hände nicht mehr von unseren Handys und Tastaturen lassen können? Und wenn ja, von wem? Und warum? Ist Aufmerksamkeit die neue Währung geworden?
[Jingle]
Ich klicke mal hier mal da, wie Hans Guck in die Luft und mache mir eigentlich über gar nichts Gedanken, wenn ich mit viel Zeit mal im Netz unterwegs bin. Denn das Internet ist ja schließlich dafür da, mich zu belustigen. Oder? Und für mich ist ein einzelner Klick auf eine Sachen eben wirklich nur das: ein bedenkenloser Klick. Und die Zeit, die ich auf einzelnen Portalen verbringe ist für mich auch nur das: eine Minute meiner Lebenszeit.
So wie ich klicken sich viele ganz bedenkenlos durch das Internet. Dabei werden wir aber von unsichtbaren Kräften gelenkt. Das zeigt schon mein kurzer Stroll auf Youtube. Wie von Geisterhand zieht es mich von einem Video zum nächsten. Immer dem guten Beat und dem skurrilen Inhalt nach. Dass ich bei genau diesen Videos lande, ist dabei sicher kein Zufall.
Für die Akteure auf der anderen Seite sieht mein kleiner Ausflug durch die Weiten des Netzes ganz anders aus. Sie nehmen das ernst. Und sie haben sich beim Design der verschiedenen Webseiten etwas gedacht. Und bei ihren Social Media Posts. Und auch bei den Inhalten, die sie für uns ausspielen. Denn es gibt ganz verschiedene Techniken, wie man sich im Netz unsere Aufmerksamkeit aneignet.
Sachar Klein:
Mae Becker:
Sachar Klein:
Mae Becker:
Sachar Klein:
Leute, die sich Gehör verschaffen möchten und müssen, müssen zuerst wahnsinnig viel zuhören. Ich persönlich bin ein Freund dessen, dass ich lieber selber höre, lese, beobachte, analysiere und auf Basis dessen eine Entscheidung treffe, was die Leute wirklich interessiert, worüber sie nachdenken, worüber sie weniger gerne nachdenken. Und dann muss ich das Ganze natürlich als Schablone über das legen, was unsere Auftraggeber interessiert und was sie gerne kommuniziert sehen wollen. Damit das dann auch wirklich gut funktioniert.
Ganz ähnlich verfährt auch Journalist Wolfgang Kerler. Auch wenn er eigentlich keine Werbeziele mit seiner Arbeit verfolgt. Die guten Geschichten will er dennoch an den richtigen Mann und die richtige Frau bringen. Wolfgang leitet seit ein paar Monaten die Redaktion von Wired in Deutschland.
Wolfgang Kerler:
Mae Becker:
Wolfgang Kerler:
Mae Becker:
Aber ist es wirklich nur das? Oder gibt es da noch eine andere Seite, wenn wir über Aufmerksamkeit sprechen? Gibt es da nicht noch diese Sache namens Aufmerksamkeitsökonomie? Kurz: Ist da nicht noch jemand anderes zufriedenzustellen, wenn man als digitales Medium überleben will?
Wolfgang Kerler:
Wir müssen, wir brauchen auch gute Zahlen, um Werbung zu schalten.
Mae Becker:
Und da Werbetreibende sich nun mal gern da tummeln, wo ihre Anzeige von den meisten gesehen wird – das heißt, wo man potenziell die meisten Kunden akquirieren kann – sind Anzeigenplätze auf beliebten Portalen und Netzwerken teuer. Es ist also gut, wenn man möglichst viele Leute auf seinem Portal oder seiner Seite erreicht. Schon klingelt die Kasse. So kann unsere Aufmerksamkeit leicht in harte Währung übersetzt werden.
Wolfgang Kerler:
Mae Becker:
Wolfgang Kerler:
Mae Becker:
Wolfgang Kerler:
Mae Becker:
Mae Becker:
Aber das ist nicht das einzige Problem hier. Denn wir Menschen folgen auch ganz bestimmten Anreizen im Netz, ohne es zu merken. Dabei schränken diese Anreize unsere Wahlmöglichkeiten eigentlich ein, denn ich klicke ja innerhalb einer Seite nur auf die Dinge, die mir als “artverwandt” angezeigt werden und mich vermeintlich interessieren sollen. Oft ist uns diese Vorauswahl, diese Beschneidung unserer Möglichkeiten nicht bewusst. Sie führt aber dazu, dass wir möglichst lange auf einer bestimmten Seite bleiben, also möglichst viel Zeit mit den Seiteninhalten verbringen.
Wenn uns etwas gefällt, dann schauen wir es uns mehrfach an und lange. Wir streuen zum Beispiel Videos und Clips freiwillig im Netz, teilen sie mit unseren Freunden und werden so – gemäß dem Schneeballprinzip – zu Multiplikatoren von Inhalten. Damit helfen wir mit, die Aufmerksamkeit auf einer bestimmten Plattform zu bündeln.
Sogar wir bei ze.tt sind Teil des Ganzen, weil wir auf Hashtags und virale Hits hinweisen und uns über Internetkunst beömmeln. Und wir stellen witzige Instagram Accounts vor, die unsere Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben.
All das ist natürlich vollkommen in Ordnung. Wir sollten ja mit unserer Zeit machen können, was wir wollen. Und wir sollten auch die Inhalte mit den Menschen in unserer Umgebung teilen können, von denen wir sicher sind, dass sie ihnen auch gefallen. Allerdings ist es nun einmal wichtig, zu wissen, dass vieles, was du dir im Internet gern anschaust, dich zugleich mit Werbetreibenden verbindet.
Douglas Rushkoff:
Mae Becker:
Douglas Rushkoff:
Mae Becker:
Das knappe Gut in dieser Gleichung ist unsere Aufmerksamkeit. Sie ist unfassbar viel wert! Sie ist eine wertvolle Ressource in dieser digitalen Welt. Mit ihr lässt sich viel Geld machen. Je mehr Aufmerksamkeit man hat, desto mehr Geld lässt sich verdienen.
Das Gerangel um unsere Aufmerksamkeit hat einige neue Phänomene zum Vorschein gebracht: die Influencer zum Beispiel. Sie schaffen es, mit ihren Inhalten, die Aufmerksamkeit einer großen Gruppe an Menschen auf sich zu ziehen. So können sie mit ihren Empfehlungen – auch für Produkte – Einfluss ausüben. Was sie sagen, erreicht viele, was sie cool finden, finden möglicherweise viele Leute cool.
Ich treffe mich mit Sandra Drolshagen und Andre Padecken. Sie sind Influencer. Oder sagen wir, Influencer-Manager. Oder nee, noch besser: Manager von einem Petfluencer! Täglich posten sie Bilder ihrer süßen Hunde auf ihrem Instagram Kanal missyminzi.
Angefangen hat alles vor etwa drei Jahren, als sich das Paar den süßen Zwergspitz Minzi zulegte. Minzi brach sich leider als Welpe ein Vorderbeinchen. Nach einigen medizinischen Komplikationen musste das Bein abgenommen werden. Die Suche nach Prothesen für einen so kleinen Hund gestaltete sich schwierig. Sandra musste selbst aktiv werden und sich mit einem Prothesenhersteller in Verbindung setzen. Die Idee zum Instagram Account kam dann aber eigentlich von einer Freundin. Sie schlug ihnen vor, ihre Geschichte und das Leben mit dem dreibeinigen Wuschel mit der Welt zu teilen und nebenbei Menschen über Hundeprothesen aufzuklären. Seither zeigen die beiden, wie es ist, mit dem süßen Dreibeiner zu leben. Dass der Account so erfolgreich werden würde, damit haben sie nicht gerechnet.
Andre Padecken:
Mae Becker:
Andre Padecken:
Sandra Drolshagen:
Mae Becker:
Sandra Drolshagen
Mae Becker:
Sandra Drolshagen
Andre Padecken:
Mae Becker:
Sandra Drolshagen:
Selbst wenn wir irgendwelche Werbedeals haben, ist das Wohl der Hunde deutlich wichtiger als wenn wir da jetzt irgendwelche inhaltlichen Sachen durchprügeln müssten, ohne davon voll überzeugt zu sein.
Mae Becker:
Wie immer ist unsere Welt aber nicht nur so rosa-rot. Denn die Sache mit der Aufmerksamkeitsökonomomie hat auch ihre Haken. Das dachtet ihr euch schon. Zum einen werden wir und unsere Daten zum Produkt. Und zum anderen entsteht in diesem Aufmerksamkeitskreislauf auch schnell eine Abhängigkeit. Nämlich dann, wenn sich die Akteure, die im Internet agieren, abhängig von den Werbetreibenden machen. Abhängigkeit gegenüber also von denen, die das Geld haben.
Und das passiert gar nicht so selten. Denn während viele Teile des Internets für uns kostenlos sind – wir können die Inhalte ohne finanzielle Gegenleistung ansehen – haben ja die Personen, die Content kreieren, durchaus Kosten bei deren Erstellung. Kreative, wie Autoren oder Videographen, müssen für ihre freiverfügbaren Inhalte auf irgendeine Art und Weise müssen entlohnt werden. IT-ler, die die Seiten programmieren auch. Und ein Unternehmen, beispielsweise ein Verlagshaus, muss seine Mitarbeiter ebenfalls bezahlen oder will ja auch ein bisschen Profit machen.
Wie sich das rechnet? Ganz einfach: indem möglichst Werbe-Anzeigen verkauft werden. Douglas Rushkoff erklärt noch einmal genauer, wieso das alles problematisch sein kann:
Douglas Rushkoff:
Mae Becker:
Es geht also inzwischen vielmals eher darum, die Werbetreibenden zufrieden zu stellen und ihnen die Aufmerksamkeit der Internet-User zu bieten, als den Nutzern gute Inhalte zu bieten. Quantität der Nutzerzahlen vor Qualität der Inhalte. Und dieser Umstand zieht gleich noch eine ganze Reihe anderer Geschäftszweige nach sich:
Douglas Rushkoff:
Mae Becker:
Je mehr Follower eine Seite akquirieren kann, desto mehr Geld kann sie potenziell mit Werbung machen. Und je mehr eine Seite über ihre Nutzer weiß, umso attraktiver ist diese Seite für Werbetreibende, da sie ihre Anzeigen dann sehr spezifisch, relevant und punktgenau ausspielen können. Es ist also gut, die Nutzer zu kennen. Zu wissen, worauf sie anspringen, um so die Inhalte anpassen und die Aufmerksamkeit noch besser lenken und damit vermarkten zu können.
Machen wir uns nichts vor. Es gibt Feelgood-Content, ja. Aber es gibt auch Aufreg-Content, der im Netz mindestens so gut funktioniert. Auch wer eine rassistische, eine sexistische, eine Fake News- oder Verschwörungs-Seite im Netz erstellt, wird Follower finden, die diese Inhalte liken und mit anderen Gleichgesinnten teilen. Auch diese Seiten erhalten Aufmerksamkeit und auch diese Seitenbetreiber machen mit ihren Werbeflächen Geld.
Viele Seiten werden genau dafür erstellt: Um Aufreg-Content zu kreieren und Klicks von Menschen zu bekommen, die zu extremen Meinungen neigen. Reißerische Themen, nackte Haut, Sex, Gewalt, … all das sind Mittel, um im Netz um Aufmerksamkeit zu kämpfen. Denn wo die Aufmerksamkeit der Leute ist, da ist für die, die Werbung machen, ein guter Platz ihre Anzeigen zu platzieren – und schwupps klingelt die Kasse desjenigen, der die Webseite betreibt. Dabei werden die ohnehin schon eher radikalen User durch die Seiteninhalte noch weiter radikalisiert. Den Machern solcher Seiten sind diese Auswirkungen meist egal. Sie sind eben nur darauf aus, einen schnellen Taler zu machen.
Auch Sachar Klein von Hypr ist von einigen Akteuren ganz besonders genervt:
Sachar Klein:
Mae Becker:
Douglas Rushkoff:
Mae Becker:
Douglas Rushkoff:
Wir sollten uns bewusst machen, wem wir unsere Aufmerksamkeit schenken und welche Strategien es im Netz gibt, um unsere Aufmerksamkeit zu fesseln. Und wir müssen uns fragen, wo wir mit unserem Nutzungsverhalten wiederum welche Informationen über uns hinterlassen, die zu gezielter personalisierter Werbung führen können.
Kurzum: Wir sollten uns alle Abwehrstrategien gegen das aggressive Werben um unsere Aufmerksamkeit im Netz aneignen. Denn nur, wenn wir wissen, dass einige Akteure im Internet uns nicht nur zerstreuen oder informieren, sondern uns bewusst locken wollen, überlegen wir uns den einen oder anderen Klick auf bestimmte Inhalte vielleicht zweimal.
Auch diese News sollten viral gehen: Erzählt es euren Freunden und lasst uns alle gemeinsam das Internet viel bewusster nutzen. Gemeinsam können wir die Richtung ändern. Denn wenn unsere Aufmerksamkeit nicht mehr so leicht zu kriegen ist, haben wir eine gute Chance, wieder mehr wertvolle Inhalte zu sehen zu bekommen.
Es geht nicht mehr ohne Online und die digitale Welt ist komplex. Wir bewegen uns täglich darin, aber durchschauen wir sie auch? Mit Organisationen wie Mozilla könnt ihr mehr darüber lernen, welche Mechanismen im Netz greifen. Mozilla ist eine Organisation, die du aus zweierlei Gründen lieben solltest: Erstens machen sie den Browser Firefox und zweitens werden sie von einer gemeinnützigen Organisation, der Mozilla Foundation, unterstützt.
Wenn euch dieser Podcast gefallen hat und ihr mehr darüber erfahren wollt, wie sich unsere Welt durch Technik wandelt, dann hört mal rein in den amerikanischen Podcast IRL - in real life. Unte .irlpodcast.org. Und hört natürlich beim nächsten Mal wieder rein, wenn es darum geht, wie das Internet unsere Kommunikation verändert hat!