Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/06

Analyse struktureller Determinanten der toxischen Wirkung amyloider Proteine


Listen Later

Ein lebender Organismus ist unter anderem durch seine Fähigkeit zum präzisen Auf- und Zusammenbau höherer molekularer Strukturen charakterisiert, wobei die Faltung und Assemblierung von Proteinen eine bedeutende Rolle spielt. Die Proteinfaltung wird durch molekulare Chaperone unterstützt und optimiert, bis ein Protein seine native, biologisch funktionelle Struktur eingenommen hat. Durch exogene Einflüsse oder endogene Veränderungen eines Proteins, z.B. bei neurodegenerativen Erkrankungen wie M. Alzheimer, M. Parkinson oder Chorea Huntington, oder des gesamten Proteinnetzwerkes, kann Proteinfehlfaltung, Aggregation und die Ausbildung amyloider Strukturen, verbunden mit Zytotoxizität, auftreten.
Die zur Fehlfaltung und Bildung ähnlicher amyloider Aggregate führenden strukturellen Determinanten der Zytotoxizität, verursacht durch Proteine unterschiedlicher Primärstruktur und Länge, sind nur unzureichend erforscht. Eine Hypothese besagt, dass lösliche intermediäre Oligomere der aggregierenden Proteine die toxische Spezies in einem wahrscheinlich multifunktionellen pathogenen Geschehen darstellen. Es gibt Hinweise, dass eine zusammenbrechende Proteostase verbunden mit einer zu geringeren Kapazität molekularer Chaperone zu den deletären Effekten führt. Auch ist nicht abschließend geklärt, ob und zu welchem Anteil die Toxizität durch Aggregation des Proteins und damit verbundener erhöhter Pathogenität bedingt ist, oder inwieweit durch einen Funktionsverlust des fehlgefalteten Proteins selbst.
Um zytotoxische Effekte in humanen Zellen zu analysieren, wurden de novo generierte beta-Faltblattproteine untersucht, welche durch Aggregation in der Zelle keine Autofunktionsstörung auslösen sollten. Es wurde gezeigt, dass diese artifiziellen Proteine in HEK293T-Zellen amyloide Aggregate bildeten und zytotoxisch wirkten, im Vergleich zu de novo generierten alpha-helikalen Proteinen, welche löslich und homogen in der Zelle verteilt vorlagen und nahezu keine Zytotoxizität aufwiesen. Drei aus einer kombinatorischen Bibliothek ausgewählte de novo amyloide Proteine, beta4, beta17 und beta23, waren zytotoxisch mit der Gradierung beta4 < beta17 < beta23, sie induzierten Apoptose und veränderten die Zellmorphologie. Die Zytotoxizität korrelierte mit vorhandenen präfibrillären, intermediären Oligomeren. Die Proteine beeinträchtigten die Rückfaltung von GFP-Luciferase in gleicher Abstufung, ebenso eine Induktion der Stressantwort und die Proteinbiogenese. Die Aggregate colokalisierten mit GFP-Luciferase, jedoch nicht mit GFP. Eine massenspektrometrische Untersuchung der Interaktionspartner der drei de novo amyloiden Proteine in Kombination mit SILAC und Co-IP wies Interaktionen mit metastabilen Proteinen essentieller zellulärer Funktionen nach, dabei wurde Hsp110 als stark angereichertes Chaperon unter den Interaktoren identifiziert. Eine Überexpression von Hsp110 verminderte die Zytotoxizität der de novo Proteine beta4 und beta17, jedoch nicht beta23. Hsp110 war ebenfalls in der Lage, Aggregate teilweise zu solubilisieren und eine normalisierte Zellmorphologie wieder herzustellen. Um einen beta-Strang verkürzte oder verlängerte Mutanten der semitoxischen beta-Faltblattproteine beta4 und beta17 wiesen eine erhöhte Zytotoxizität auf, so dass wahrscheinlich generell beta-Faltblattproteine mit einer ungeraden Anzahl an beta-Strängen toxischer sind als ihre Derivate mit gerader Anzahl an beta-Strängen, da ungepaarte reaktive beta-Stränge vorliegen dürften. Zusammenfassend stellen die de novo beta-Faltblattproteine ein attraktives Modell dar, um aggregierende, amyloide Proteine ohne biologische Funktion in vivo zu untersuchen.
Inkubation humaner Zellen mit dem Prolin-Analogon Azetidin-2-carbonsäure führte in Anwesenheit eines proteasomalen Inhibitors zur Verstärkung der Zytotoxizität, es entstanden amyloide Aggregate und präfibrilläre Intermediate, so dass die Hypothese der Verstärkung von Funktion und Pathogenität durch Aggregation in diesem System wei
...more
View all episodesView all episodes
Download on the App Store

Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/06By Ludwig-Maximilians-Universität München


More shows like Fakultät für Chemie und Pharmazie - Digitale Hochschulschriften der LMU - Teil 03/06

View all
Einführung in die Ethnologie by Prof. Dr. Frank Heidemann

Einführung in die Ethnologie

0 Listeners

Theoretical Physics Schools (ASC) by The Arnold Sommerfeld Center for Theoretical Physics (ASC)

Theoretical Physics Schools (ASC)

2 Listeners

MCMP – Mathematical Philosophy (Archive 2011/12) by MCMP Team

MCMP – Mathematical Philosophy (Archive 2011/12)

6 Listeners

Hegel lectures by Robert Brandom, LMU Munich by Robert Brandom, Axel Hutter

Hegel lectures by Robert Brandom, LMU Munich

6 Listeners

MCMP – Metaphysics and Philosophy of Language by MCMP Team

MCMP – Metaphysics and Philosophy of Language

2 Listeners

MCMP – Philosophy of Science by MCMP Team

MCMP – Philosophy of Science

1 Listeners

MCMP – Philosophy of Physics by MCMP Team

MCMP – Philosophy of Physics

3 Listeners

Sommerfeld Lecture Series (ASC) by The Arnold Sommerfeld Center for Theoretical Physics (ASC)

Sommerfeld Lecture Series (ASC)

0 Listeners

Medizin - Open Access LMU - Teil 12/22 by Ludwig-Maximilians-Universität München

Medizin - Open Access LMU - Teil 12/22

0 Listeners

Women Thinkers in Antiquity and the Middle Ages - SD by Peter Adamson

Women Thinkers in Antiquity and the Middle Ages - SD

0 Listeners