Slow German

Die Olympischen Spiele und Deutschland – SG 310


Listen Later

Wie Du weißt, lebe ich in München. Und vor einer Woche durften die Menschen in München abstimmen. Die Frage war: Soll München sich für die Olympischen Sommerspiele bewerben? Ich persönlich war dagegen, aber die Mehrheit der Münchner stimmte dafür. Also bewirbt sich die bayerische Landeshauptstadt um dieses Spektakel. Mal sehen, ob es klappt. Mich hat es jedenfalls auf die Idee gebracht, eine Slow German-Episode über die Olympischen Spiele zu machen.

Die Olympischen Spiele sind eines der größten Sportereignisse der Welt. Alle vier Jahre treffen sich Sportlerinnen und Sportler aus fast allen Ländern, um gemeinsam zu zeigen, was sie können. Es soll dabei nicht nur um Medaillen gehen, sondern auch um Fairness, Respekt und Völkerverständigung. Das war schon die Idee der alten Griechen, die vor über 2700 Jahren die ersten Olympischen Spiele in Olympia veranstalteten. Vielleicht hast Du auch die Eröffnung der Olympischen Spiele in Paris gesehen? Wie die Boote mit den Sportlerinnen und Sportlern über die Seine fuhren? Das war ein fantastisches Spektakel, oder?

Aber hier bei Slow German geht es natürlich vor allem um Deutschland. Deutschland hat eine lange Geschichte mit den Olympischen Spielen. Schon 1896, bei den ersten Spielen der Neuzeit in Athen, nahmen deutsche Athleten teil. 1936 fanden die Spiele in Berlin statt. Diese Spiele sind heute besonders bekannt, weil sie von der nationalsozialistischen Regierung für Propaganda genutzt wurden. Trotzdem gab es dort auch sportliche Höhepunkte, wie zum Beispiel den Sieg des afroamerikanischen Läufers Jesse Owens.

Doch die wohl bekanntesten Olympischen Spiele in Deutschland sind die von 1972 in München. Sie sollten ganz anders sein als die von 1936. Die Bundesrepublik Deutschland wollte der Welt ein neues, modernes, friedliches Land zeigen. Ein Land, das nach dem Krieg wieder aufgebaut war, freundlich und offen. Deshalb war das Motto dieser Spiele: „Heitere Spiele“.

Die Spiele in München begannen am 26. August 1972. Sie dauerten zwei Wochen. Das Olympiastadion war damals extra dafür ganz neu gebaut worden – mit einem durchsichtigen Zeltdach. Heute wird es renoviert, ebenso wie das Stadion, in dem seither übrigens sehr viele Open Air-Konzerte stattgefunden haben. Auch das Maskottchen von Olympia 1972 war fröhlich: ein bunter Dackel mit dem Namen „Waldi“. Das war das erste Mal, dass es bei Olympischen Spielen überhaupt ein offizielles Maskottchen gab. „Waldi“ war also ein echter Pionier!

München wurde für die Olympischen Spiele komplett umgebaut. Es gab ein eigenes olympisches Dorf, in dem die Sportlerinnen und Sportler wohnten. Viele dieser Gebäude werden bis heute genutzt. Allerdings finde ich sie eher hässlich, das sind Betonklötze, die aber 1972 als modern empfunden wurden. Manche der Gebäude wurden zu normalen Wohnhäusern, andere zu Studentenheimen umgebaut. Dazu gab es neue Straßen, U-Bahn-Linien und Sportanlagen.

Mit 121 teilnehmenden Mannschaften und 7170 Athleten stellten die Spiele von München einen neuen Teilnehmerrekord auf. Sportlich lief es für Deutschland sehr gut. Also für die Bundesrepublik Deutschland muss man sagen, denn das war vor der Wiedervereinigung. Besonders bekannt wurde der Schwimmer Mark Spitz aus den USA, der sieben Goldmedaillen gewann. Das war damals ein Weltrekord. Aber auch deutsche Athleten waren erfolgreich. Heide Rosendahl gewann Gold im Weitsprung und zusammen mit ihren Teamkolleginnen auch in der 4×100-Meter-Staffel. Der Turner Klaus Köste gewann Gold am Reck.

Doch so fröhlich die Spiele begonnen hatten, so tragisch wurden sie in der zweiten Woche. Am 5. September 1972 drangen acht Terroristen in das olympische Dorf ein. Sie gehörten zur palästinensischen Gruppe „Schwarzer September“. Sie nahmen elf Mitglieder der israelischen Mannschaft als Geiseln. Ihr Ziel war es, palästinensische Gefangene freizupressen. Die Situation dauerte fast den ganzen Tag. Am Ende versuchte die Polizei, die Geiseln zu befreien. Doch die Aktion scheiterte. Alle elf Israelis, ein Polizist und fünf Terroristen kamen ums Leben. Dieses Ereignis erschütterte die ganze Welt.

Trotzdem beschlossen die Veranstalter, die Spiele fortzusetzen. Sie wollten damit zeigen, dass Terror nicht siegen darf. Zwei Tage nach dem Attentat wurde eine große Trauerfeier im Stadion abgehalten. Der IOC-Präsident sprach damals den berühmten Satz: „The Games must go on.“ – „Die Spiele müssen weitergehen.“

Heute erinnern noch viele Orte in München an die Olympischen Spiele von 1972: Wir haben den Olympiapark, in dem man wunderbar spazieren gehen kann, das Olympiastadion mit seinem berühmten Zeltdach, den hohen Olympiaturm, der mittlerweile eines der Wahrzeichen der Stadt ist und von dem aus man eine wunderbare Aussicht über die ganze Stadt hat, den Olympiasee und das Olympiadorf.

Deutschland hat sich seitdem sieben Mal um Olympische Spiele beworben, aber bisher hat es keine weiteren bekommen. Jetzt will es sich für die Sommerspiele in den Jahren 2036, 2040 oder 2044 bewerben. Vier Städte oder Regionen sind ausgewählt worden: Berlin, Hamburg, München und die Region Rhein-Ruhr. Ende 2026 soll die Entscheidung fallen. Ich bin gespannt. Die nächsten Olympischen Sommerspiele werden 2028 in Los Angeles stattfinden, dann 2032 in Brisbane. Bist Du ein Olympia-Fan?

Text der Episode als PDF: https://slowgerman.com/folgen/sg310kurz.pdf

...more
View all episodesView all episodes
Download on the App Store

Slow GermanBy Annik Rubens