Missbrauchsskandale, Vertuschungsversuche: Schon länger leidet die römisch-katholische Kirche unter einem Glaubwürdigkeitsproblem. Was läuft falsch im «System Kirche», was begünstigt den Missbrauch und welche Prävention braucht es? Ein Gespräch.
In den vergangenen Monaten haben sich Menschen erneut von ihrer religiösen Heimat abgewandt und sind vor allem in Deutschland massenhaft aus der römisch-katholischen Kirche ausgetreten. Ein Grund dafür: Das Münchner Missbrauchsgutachten. Es belegt, dass der emeritierte Papst Benedikt XVI., damals noch als Erzbischof Joseph Ratzinger, einen Missbrauchstäter geschützt hat. Wie kann es sein, dass sich eine Institution, die sich die Moral als Alleinstellungsmerkmal auswählt, dermassen verirrt?
Der sexuelle Missbrauch im religiösen Umfeld gehe praktisch immer Hand in Hand mit spirituellem Missbrauch. Das sagt die Theologin, Philosophin und ehemalige Ordensfrau Doris Reisinger. Doch wodurch werden spirituelle und sexuelle Gewalt begünstigt? Welche Strukturen und Denkmuster in der römisch-katholischen Kirche ermöglichen solche Missstände? Wie kann man geistlichem Missbrauch vorbeugen und wie finden Opfer zu Autonomie und die Kirche zu Glaubwürdigkeit zurück?
Olivia Röllin im Gespräch mit dem evangelischen Theologen Mathias Wirth, der Philosophin Doris Reisinger und Nicolas Betticher, Kirchenrechtler und katholischer Pfarrer der Pfarrei Bruder Klaus in Bern.