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Früher wurden wir von Menschen mit Kindern ja immer um unsere Wohnung beneidet. Wir lebten vergleichsweise geschmackvoll, besaßen wenig Gegenstände auf viel Raum, die Dinge waren unversehrt, vor allem die schönen, geölten Dielenböden und die weißlackierten Küchendielen. Den weißen Boden fand ich immer so schön, dass ich manchmal körperliche Gefühle bei dem Anblick bekam. Seit die Hündin bei uns wohnt, habe ich aber das Gefühl, dass vier Kleinkinder bei uns wohnen. Vor allem riecht es wahrscheinlich immer nach nassem Hund. Wir riechen es nicht mehr. Das ist ja so. Den eigenen Wohnungsgeruch nimmt man nicht mehr wahr. Ich weiß aber, wie meine Hündin riecht, wenn ich meine Nase in ihr Fell stecke. Es ist ein fürchterlicher Gestank, den ich aber wirklich liebe. Es ist meine Hündin, das ist ganz schwer zu erklären, Menschen mit stinkenden Kindern kennen das Gefühl vielleicht. Und ich weiß erst recht, wie ihre beiden Bettchen riechen. Die kann man nur schwer waschen. Außerdem duscht sie ja nie, wie ein Teenager eben, bestimmt stinkt die ganze Wohnung nach ihr. Besucherinnen frage ich deswegen immer vorsichtig, ob die Wohnung nach Hund rieche. Die Frage wird immer verneint, natürlich, ich bin ja nur von freundlichen Menschen umgeben, die Wahrheit kriegt man nie ins Gesicht geklatscht.
Aber die Böden sind hin. Die geölten Dielen haben tiefe Furchen und der weiße Lack sieht von den vielen Kratzern mittlerweile grau aus. Die Aussage "Wie schön ihr wohnt!" habe ich schon lange nicht mehr gehört. Neulich kauften wir dickes Fettwachs für Holz, mit dem man Dielen pflegen kann. Haben wir heute alles in die tiefen Kratzer eingewichst.
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Zwei neue Rezensionen zur Novelle:
"Ich mochte besonders Sprache die ganz Nah am Menschen ist – dem Gesprochenen, Gelebten, vielleicht auch dem Verdrängten. Da sind keine großen Posen, kein Pathos, und doch steckt in vielem etwas Poetisches." - Jan Montag
"Zentral beim Lesen war für mich ein atmosphärisches Bild einer Lebensweise, die mich berührt hat: neugierig, unerschrocken, irgendwie schwerelos in ihrer Selbstverständlichkeit. Es ist weniger das, was erzählt wird, als wie – ein Lebensgefühl, das ich nicht in Worte einfachen kann und das trotzdem zwischen den Zeilen nachhallt." - Frau Novemberregen auf Goodreads.
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Übrigens, weil es oft heißt, die Novelle sei „lakonisch“: Das Wort kommt von den Spartanern. Habe ich gerade herausgefunden. Weil Sparta in Lakonien liegt, nennt man das lakonisch. Spartaner waren karg. Vermutlich waren die Spartaner auch spartanisch. Eine spartanische Novelle würde aber niemand lesen.
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By Markus PfeiferFrüher wurden wir von Menschen mit Kindern ja immer um unsere Wohnung beneidet. Wir lebten vergleichsweise geschmackvoll, besaßen wenig Gegenstände auf viel Raum, die Dinge waren unversehrt, vor allem die schönen, geölten Dielenböden und die weißlackierten Küchendielen. Den weißen Boden fand ich immer so schön, dass ich manchmal körperliche Gefühle bei dem Anblick bekam. Seit die Hündin bei uns wohnt, habe ich aber das Gefühl, dass vier Kleinkinder bei uns wohnen. Vor allem riecht es wahrscheinlich immer nach nassem Hund. Wir riechen es nicht mehr. Das ist ja so. Den eigenen Wohnungsgeruch nimmt man nicht mehr wahr. Ich weiß aber, wie meine Hündin riecht, wenn ich meine Nase in ihr Fell stecke. Es ist ein fürchterlicher Gestank, den ich aber wirklich liebe. Es ist meine Hündin, das ist ganz schwer zu erklären, Menschen mit stinkenden Kindern kennen das Gefühl vielleicht. Und ich weiß erst recht, wie ihre beiden Bettchen riechen. Die kann man nur schwer waschen. Außerdem duscht sie ja nie, wie ein Teenager eben, bestimmt stinkt die ganze Wohnung nach ihr. Besucherinnen frage ich deswegen immer vorsichtig, ob die Wohnung nach Hund rieche. Die Frage wird immer verneint, natürlich, ich bin ja nur von freundlichen Menschen umgeben, die Wahrheit kriegt man nie ins Gesicht geklatscht.
Aber die Böden sind hin. Die geölten Dielen haben tiefe Furchen und der weiße Lack sieht von den vielen Kratzern mittlerweile grau aus. Die Aussage "Wie schön ihr wohnt!" habe ich schon lange nicht mehr gehört. Neulich kauften wir dickes Fettwachs für Holz, mit dem man Dielen pflegen kann. Haben wir heute alles in die tiefen Kratzer eingewichst.
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Zwei neue Rezensionen zur Novelle:
"Ich mochte besonders Sprache die ganz Nah am Menschen ist – dem Gesprochenen, Gelebten, vielleicht auch dem Verdrängten. Da sind keine großen Posen, kein Pathos, und doch steckt in vielem etwas Poetisches." - Jan Montag
"Zentral beim Lesen war für mich ein atmosphärisches Bild einer Lebensweise, die mich berührt hat: neugierig, unerschrocken, irgendwie schwerelos in ihrer Selbstverständlichkeit. Es ist weniger das, was erzählt wird, als wie – ein Lebensgefühl, das ich nicht in Worte einfachen kann und das trotzdem zwischen den Zeilen nachhallt." - Frau Novemberregen auf Goodreads.
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Übrigens, weil es oft heißt, die Novelle sei „lakonisch“: Das Wort kommt von den Spartanern. Habe ich gerade herausgefunden. Weil Sparta in Lakonien liegt, nennt man das lakonisch. Spartaner waren karg. Vermutlich waren die Spartaner auch spartanisch. Eine spartanische Novelle würde aber niemand lesen.
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