philosophie. podcast. serie I. Traum.

#9. Das Unbewußte und der psychische Apparat.


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9.1. Der Traum ist Wunscherfüllung – diese Grundformel läßt sich mit Freud noch konkreter explizieren. Das Traummaterial besteht aus erinnerten Tagesresten, diese Tagesreste bilden den manifesten Trauminhalt. An diesen manifesten Elementen des Traums hängt aber weitere, verborgene Vergangenheit. Bestimmte latente Wünsche und – wie Freud es nennt – „Traumgedanken“. Diese lassen sich mithilfe des Assoziationsverfahrens Stück für Stück entziffern.
9.2. Zum Verständnis der Traumgedanken gelangt man nicht reibungslos, denn der Traum ist Resultat einer Kompromißbildung zwischen verborgenem Begehren und den Belangen einer rigiden Zensur, welche die Schwelle zum Bewußtsein bewacht.
9.3. Freud unterscheidet vier Mechanismen der „Traumarbeit“, also der inneren (kompromißbildenden) „Arbeit“, deren Resultat der Traum ist: Die Verschiebung von Bedeutung von brisanten auf weniger brisant erscheinende Elemente, die Verdichtung: das Überladen der wenigen Einzelbestandteile eines manifesten Traums mit vielfachen Bedeutung (auch: die „Überdetermination“ des einzelnen Elements); dann die symbolische Vertauschung, eine Form der Verschiebung, in der ein harmloseres Traumelement ein anderes (brisantes) regelrecht ersetzt; und schließlich die sekundäre Bearbeitung – also die unwillkürliche Ergänzung und nachträgliche Anreicherung des Traumes im Moment des Aufwachens und der Fixierung des Traums. In diesem letzten Fall handelt es sich um wachtraumartige Zusätze, die den Trauminhalt zusätzlich entstellen und ebenfalls der Zensur gehorchen.
9.4. Freud faßt die an der Traumbildung beteiligten Instanzen zu einem quasi-räumlichen Modell der Psyche zusammen, einem modellhaften psychischen Apparat. In dessen Zentrum steht das Unbewußte, das „System UbW“, das alle Eindrücke durchqueren – das aber auch unser Gedächtnis verwaltet – und zwar jenseits des bewußten Erinnerungsakts. Das „System VbW“ wird kontrolliert durch eine „Zensur“ (eine Instanz, die Freud später „Über-Ich“ nennen wird).
9.5. Denkt man die verschiedenen Funktionen des psychischen Apparates zusammen, so arbeitet das Bewußtsein (oder „Ich“) im Wachen wie im Schlaf gleichsam mit gefiltertem Material – was aber vor allem im Schlaf (in dem keine realitätsgebundenen Aktivitäten stattfinden und die psychische Energie in der Erinnerung regressiv zurückfließt) gleichsam zu „autonomen“ Wahrnehmungen unter massiver Beteiligung des System UbW (wie auch des Zensurdrucks) zu führen scheint. Eben dem Traum.
9.6. Der Traum wiederum ist „Wächter“ des Schlafs. Im Regelfall kann er verhindern, daß wir aufwachen – und so verhindert er auch, daß wir an den herandrängenden Eindrücken und dem Begehren einer (aus der Sicht des Unbewußten: stets unvergangenen) Vergangenheit krank werden. Sprich: die Selbstkontrolle und den Realitätsbezug verlieren.
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philosophie. podcast. serie I. Traum.By audioscience / TU Darmstadt.