Ein Standpunkt von Mathias Bröckers.
Nach dem offiziellen Besuch des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi in Moskau vergangene Woche und dem anstehenden Treffen von Wladimir Putin mit Chinas Präsident Xi bei den Olympischen Winterspielen hat Pepe Escobar, Senior Korrespondent der “Asia Times” und exzellenter Kenner aller eurasischen Regionen, die aktuelle Lage auf dem geopolitischen Schachbrett zusammengefasst:
“Eine neue, Eurasien-geführte Ordnung, die die große Mehrheit der Weltbevölkerung umfasst, ist in vollem Gange. Die Tatsache, dass China Eurasien als größere Bühne nutzt, um seine globale Rolle parallel zu den sich rasch entwickelnden sino-russisch-iranischen Beziehungen auszubauen, hat für die westlichen Hüter der imperialen “regelbasierten Ordnung” überlebenswichtige Auswirkungen. Die Entwestlichung der Globalisierung beinhaltet aus chinesischer Sicht eine völlig neue Terminologie (“Schicksalsgemeinschaft”). Und es gibt kaum krassere Beispiele für eine “Schicksalsgemeinschaft” als die engere Verflechtung mit Russland und dem Iran. Eine der entscheidenden geopolitischen Fragen unserer Zeit ist, wie sich eine entstehende, vermeintlich chinesische Hegemonie artikulieren wird. Wenn Taten mehr sagen als Worte, dann sieht die chinesische Hegemonie locker, formbar und umfassend aus und unterscheidet sich deutlich von der US-amerikanischen Variante. Zum einen betrifft sie die absolute Mehrheit des globalen Südens, die sich einbringen und ihre Stimme erheben wird. Der Iran ist einer der Anführer des globalen Südens. Russland, das tief in die Entwestlichung der Global Governance verwickelt ist, hat eine einzigartige Position – diplomatisch, militärisch, als Energielieferant – als besondere Verbindung zwischen Ost und West: die unersetzliche eurasische Brücke und der Garant für die Stabilität des globalen Südens. All das ist jetzt auf dem Spiel. Es ist kein Wunder, dass sich die Staats- und Regierungschefs der drei wichtigsten eurasischen Mächte innerhalb weniger Tage persönlich treffen und Gespräche führen. Während die atlantische Achse in Hybris, Arroganz und Inkompetenz ertrinkt, heißen wir die eurasische, post-westliche Welt willkommen.”
Ein Beispiel für dieses Ertrinken lieferte die “freiwillige” Entlassung des Marine-Admirals Schönbach, weil der es gewagt hatte, realpolitischen Klartext zu sprechen und die angeblich drohende Invasion der Ukraine als “Nonsens” bezeichnet hat. Was den Tatsachen entspricht. Wie auch eine weitere Feststellung des Marinechefs: “Die Halbinsel Krim ist weg, sie wird nicht zurückkommen.” Dann noch hinzuzufügen, man müsse dem Kremlmonster Putin mit “Respekt auf Augenhöhe” begegnen, das war dann endgültig zuviel an Entspannungspolitik. Schließlich war der Admiral mit der Fregatte “Bayern” ja in Südostasien unterwegs um China zu zeigen, dass auch die Ururenkel Kaiser Wilhelms dafür sorgen werden, “daß es niemals wieder ein Chinese wagt, einen Deutschen scheel anzusehen“.
Dass im Reich der Mitte nicht mal ein Sack Reis zittert, wenn die Deutschen mit einem Kriegsschiff vorfahren – geschenkt; es gilt Gesicht zu zeigen im Kielwasser des US-Imperiums. Und das allemal an der europäischen Front, wo die Ukraine zum Aufmarschgebiet für die Nato gemacht werden soll – gegen den ausdrücklichen Willen Russlands und gegen das Versprechen nach dem Ende des Warschauer Pakts 1990, nicht weiter vorzurücken. Dass die Russen der Nato nicht freiwillig den strategisch wichtigen Marinestützpunkt Sewastopol auf der Krim überlassen, nachdem die vom Westen installierte Maidan-Regierung nichts Besseres zu tun hatte, als den von der Regierung Janukowitisch noch geschlossenen 30-jährigen Pachtvertrag mit Russland zu kündigen – dies vorherzusagen bedurfte es keiner prophetischen Begabung. Genausowenig wie für die Aussage des Admiral Schönbach, dass es diesen Stützpunkt nicht kampflos wieder hergeben wird.
Nachdem Washington die russische Forderung einer militärischen Neutralität der U...