Wenn der US-geführte Westen in der Ukraine gegen Russland verliert, ist die Rolle der USA als führende Weltmacht Geschichte. Für die USA geht es in der Ukraine ums Überleben ihres Systems, das auf der Beherrschung und Ausbeutung der Welt beruht.
Ein Kommentar von Thomas Röper.
In diesen Tagen gab es einige interessante Äußerungen, die man sich genauer anschauen sollte, denn sie erklären, warum der US-geführte Westen in der Ukraine aus seiner Sicht nicht verlieren darf.
Es geht um die (neue) Weltordnung
George Robertson, von 1999 bis 2003 NATO-Generalsekretär (1999-2003) und heute Mitglied des Oberhauses des britischen Parlaments, hat dem Daily Telegraph ein Interview gegeben, in dem er sagte, dass Moskau, Peking und Teheran die Weltordnung bestimmen, wenn der Westen im Konflikt mit Russland eine Niederlage der Ukraine zulässt:
„Wenn sie verlieren, verlieren wir, denn dann werden die Chinesen, die Russen, die Iraner und die Nordkoreaner die Weltordnung schreiben. Und für meine Enkel wird es äußerst unangenehm sein, in so einer Welt zu leben“
Aus Sicht eines Transatlantikers ist es eine schreckliche Vorstellung, dass andere Länder als die USA Einfluss auf die Weltordnung haben könnten. Allerdings zeigt das auch, warum der Westen international immer isolierter dasteht, denn der Rest der Welt hat es schon lange satt, nach den Regeln leben zu müssen, die der US-geführte Westen vorgibt.
Man mag Russland, China, den Iran und so weiter für böse Regime halten, aber sie alle haben eines gemeinsam: Sie schreiben anderen Ländern und Völkern nicht vor, wie sie zu leben haben, welche „Werte“ sie toll finden müssen, oder nach welchem politischen oder wirtschaftlichen System sie leben sollen. Daher ist die Perspektive, dass Russland, China und andere Gegner des Westens über die kommende Weltordnung bestimmen, für die meisten Länder der nicht-westlichen Welt eine durchaus erfreuliche Nachricht.
Robertson sagte in dem Interview auch, die derzeitige Situation sei „fast eine Konfrontation der Allianzen“, womit er de facto die russische These, Russland sei nicht im Krieg mit der Ukraine, sondern mit dem kollektiven Westen, bestätigte, und er fügte hinzu:
„Die Länder des globalen Südens entscheiden, auf welcher Seite sie stehen, aber sie scheinen nicht zu erkennen, dass das, was geschieht, auch ihre Interessen berührt“.
Doch, das haben diese Länder sehr wohl erkannt und ihre Sympathie liegt eindeutig bei Russland, auch wenn viele das aus Angst vor westlichen Strafmaßnahmen wie beispielsweise Sanktionen noch nicht öffentlich erklären. Aber man sieht es eindeutig, wenn man sich beispielsweise an den für den Westen grandios gescheiterten G20-Gipfel erinnert.
Lieber das Ende der Welt als das Ende der US-Dominanz?
Robertson äußerte sich besorgt über den mangelnden politischen Willen der derzeitigen westlichen Staats- und Regierungschefs, Russland, China und deren Verbündeten wirksam zu begegnen. Er sagte, Großbritannien, die EU und die USA sollten Pläne für eine mehrjährige Hilfe für die Ukraine verabschieden. Nur so eine Entschlossenheit könne Putin beeinflussen, meint er. Dazu müsse man die Angst vor einer Eskalation ablegen:
„Im Weißen Haus als auch in der Downing Street und in anderen europäischen Hauptstädten herrscht eine gewisse Zaghaftigkeit, sie wollen keine Eskalation. Man darf ihnen keine Langstreckenwaffen geben, denn sie könnten sie in russischem Hoheitsgebiet einsetzen, und dann hätten wir den Dritten Weltkrieg. Die Angst vor einer Eskalation reduziert also das Ziel, dass die Ukraine gewinnen muss.“