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Angeschlagene Friedenstaube | Von Liane Kilinc


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Statt zu deeskalieren, wurde der Ukraine-Konflikt immer weiter angeheizt — nun sind für Europa katastrophale Folgen zu befürchten.


Hinweis zum Beitrag: Der vorliegende Text erschien zuerst im „Rubikon – Magazin für die kritische Masse“, in dessen Beirat unter anderem Daniele Ganser und Hans-Joachim Maaz aktiv sind. Da die Veröffentlichung unter freier Lizenz (Creative Commons) erfolgte, übernimmt apolut diesen Text in der Zweitverwertung und weist explizit darauf hin, dass auch der Rubikon auf Spenden angewiesen ist und Unterstützung braucht. Wir brauchen viele alternative Medien!

Ein Kommentar von Liane Kilinc.
Ja, Putins Armee ist in die Ukraine einmarschiert. Dabei haben westliche Medien, wie wir es von ihnen gewohnt sind, jedoch vieles bewusst aus dem Kontext gerissen. Weder wird der Beitrag der Ukraine zur Eskalationsspirale in Osteuropa angemessen beleuchtet, noch das globale Machtspiel der NATO-Staaten einer näheren, selbstkritischen Prüfung unterzogen. Friedenspolitik bedeutet immer die Auseinandersetzung mit einem „Anderen“, den man zunächst vielleicht nicht versteht. Mit Mächten, die wir ohnehin lieben, brauchen wir keinen Frieden zu schließen. Das Scheitern dieses Bemühens um Verständnis — ja schlimmer: das Versagen, das darin besteht, sich um Verständnis nicht einmal ernstlich bemüht zu haben — sollte für den Westen nun eigentlich Anlass sein, bescheidener aufzutreten. Noch schlimmer als das Zündeln der USA, die ihr ökonomisches Interesse vielleicht durch einen Krieg in Europa optimal gewahrt sehen, ist jedoch die Tatsache, dass die europäische Politik dabei mitmacht. Denn für ein Europa, das mit Russland in einer historischen Schicksalsgemeinschaft steht, stellt sich die Interessenlage ganz anders dar — erst recht gilt dies für die „einfachen“ Bürger des Kontinents.
Inzwischen schwindelt es mich schon, wenn ich nur die Zeitung aufschlage. „Waffen für die Ukraine!“ liest man da in allen denkbaren Tonlagen, und ohne Unterbrechung wird von einem russischen Einmarsch getönt. Dabei wird alles zum Thema Ukraine verdreht, bis es nicht mehr wiederzuerkennen ist. Hunderttausend russische Soldaten stünden an der ukrainischen Grenze, wird behauptet. Zum einen ist diese Grenze über 2.000 Kilometer lang; zum anderen werden auch Garnisonen mitgezählt, die dreihundert Kilometer davon entfernt liegen. Das ist die Bedrohung, vor der wir uns fürchten sollen.
An der Frontlinie im Donbass, der Front des ukrainischen Bürgerkriegs, stehen über hunderttausend ukrainische Soldaten. Diese Frontlinie ist etwas über 400 Kilometer lang, und die erwähnten 100.000 sind nur die ukrainischen Truppen, die unmittelbar an der Kontaktlinie stehen, nicht fünfzig, auch nicht hundert Kilometer davon entfernt. Dort finden wirkliche Angriffsvorbereitungen statt.
In den Krankenhäusern im Hinterland wurde Platz für Verwundete geschaffen, und mit altem sowjetischem Gerät wurden in den letzten Tagen Korridore durch die Minenfelder gezogen. Die ukrainische Luftwaffe hat eine Urlaubssperre verhängt.
Ihnen gegenüber stehen vielleicht 30.000 Mann der Republiken Donezk und Lugansk, vorbereitet auf einen Angriff, der jederzeit erfolgen kann.
Dahinter liegen die Orte, die wir die letzten Jahre mit humanitärer Hilfe versorgt haben. Orte, in denen nach wie vor Kinder aus dem Unterricht in den Keller flüchten, in denen die Häuser in der Nähe der Frontlinie nur noch aus Gewohnheit stehen, löchrige Dächer auf Mauerwerk, das durch den jahrelangen Beschuss von oben bis unten von Rissen durchzogen ist. Häuser, in denen immer noch oft Menschen leben, die keinen anderen Ort haben und weil es ihre Heimat ist.


Selbst die OSZE bestätigt, dass 80 Prozent der zivilen Toten auf der Seite der Donbass Republiken ums Leben kamen.

Hier, in den deutschen Medien, gibt es diesen Aufmarsch der ukrainischen Armee nicht, und es gibt keine Granaten,
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