Ein Kommentar von Rainer Rupp.
Die krisenhafte Zuspitzung der Situation in und um Taiwan und die mögliche militärische Konfrontation zwischen den USA und China zeigt keine direkten Parallelen zu Europa und dem Krieg in der Ukraine. Aber die Reaktion der US-Strategen auf einen möglichen Sieg Chinas, und was sie mit Taiwan tun wollen, um zu verhindern, dass die Hochtechnologie des Inselstaates in die Hände der Volksrepublik fällt, lässt durchaus Rückschlüsse zu, wie die USA auf einen Sieg Russlands in der Ukraine reagieren könnten.
Was würden die Amerikaner mit ihren zig-Tausenden, überall in Europa noch stationierten Soldaten und Waffen tun, wenn nach einem russischen Sieg in der Ukraine in den Hauptstädten der EU neue Regierungen an die Macht kämen, die sich von dem völlig desaströsen Kurs der USA abkoppeln würden, um Verhandlungen mit Moskau zur Wiederherstellung friedlicher Beziehungen und wirtschaftlicher Zusammenarbeit mit Russland zu beginnen. Was uns Europäern dann eventuell blüht, davon zeugt die aktuelle Diskussion der US-Strategen über die Zukunft Taiwans.
Die US-Militärstrategie gegen China
Auf Grund eines militär-technologischen Quantensprungs Chinas liegt die bisherige Abschreckungsstrategie der USA zum Schutz Taiwans in Scherben. Deshalb planen US-Strategen, im Falle eines Konfliktes präventiv die Basis des wirtschaftlichen Wohlstands der chinesischen Inselprovinz zu zerstören, um so deren Übernahme für Peking weniger attraktiv zu machen.
Die US-Militärstrategie gegen China, die auf dem Einsatz von Flugzeugträger-Angriffsgruppen basiert, ist u.a. wegen der neuen, zuverlässigen chinesischen Flugzeugträger-Killerraketen vom Typ DF-ZF nicht länger haltbar, zumal die US-Navy kein Gegenmittel gegen diese neue Hyperschallwaffe hat. Aufgrund dieser neuen Lage kämen die US-Bomber und Jäger auf den US-Flugzeugträger-gar nicht erst in Reichweite ihren Einsatz-Ziele entweder auf dem chinesischen Festland oder in der See-Straße von Taiwan. Der Operationsradius dieser US-Flugzeuge liegt bei maximal 500 km, bei minimaler Bombenlast. Aber schon Hunderte Kilometer bevor sie diesen Operationsradius erreichen könnten, wären ihre Trägerschiffe bereits Opfer der weitreichenden chinesischen DF-ZF Flugzeugträger-Killerrakete geworden. Die ebenfalls neue DF-21D-Hyperschallwaffe kann die Reichweite der chinesischen Flugzeugträger sogar noch um mehrere Tausend Kilometer erhöhen, indem sie von einem chinesischen Langstrecken Bomber des Typs H-6N gestartet wird.
Vor diesem Hintergrund stellte der jüngste Bericht des Pentagon über die Militärmacht China „China Power Report 2022“ fest, dass China durch Verbesserung seiner Kriegsführungskonzepte und Dank seiner technologischen Entwicklungen seine militärischen Fähigkeiten gestärkt hätten, einen Krieg gegen die USA zu führen, falls Washington sich in einen Konflikt in der Straße von Taiwan einmischen würde.
Für das US-Militär und vor allen für die US-Kriegsmarine, die sich seit dem Ende des Zweiten Weltkrieg als alleiniger und unbesiegter Herrscher über die Weltmeere sah, ist das eine harte Erkenntnis, die einen Paradigmenwechsel in ihren eigenen Kriegsführungskonzepten erfordert. Im Fall Taiwan wirft diese dramatische Veränderung des Kräfteverhältnisses konkrete Fragen auf, nicht nur über die militärischen Fähigkeiten der USA weiterhin Taiwan zu verteidigen, sondern auch über die politische Bereitschaft in Washington, dies unter den neuen Bedingungen zu tun.
Da Computer-Simulationen des US-Militärs über einen heißen Konflikt zwischen China und den USA um Taiwan in best-Fall-Szenarien auf ein Unentschieden mit hohen Verlusten für die USA hinweisen, scheint in Washington die politische Abneigung gegen einen direkten militärischen Zusammenstoß mit China zu...