Warum gibt es so wenige schwule Fußballer? Die Antwort: Es gibt viele – nur sie schweigen. Aber warum ist das so? Über das Versteckspiel und was das Outing im Profifußball bis heute so schwer macht
Schwer vorstellbar, aber wahr: Nach aktuellen Schätzungen sind von weltweit
500.000 aktiven männlichen Fußballprofis weniger als zehn offen homosexuell.
Während in anderen Lebensbereichen Homosexualität heute kaum noch eine Rolle
spielt, scheint das Thema im Profifußball komplett tabu zu sein.
Der Dokumentarfilm DAS LETZTE TABU lässt neben Thomas
Hitzlsperger diejenigen ihre ganz persönliche Geschichte erzählen, die genau
dieses Tabu gebrochen haben. Wie der britische Fußball-Profi Justin Fashanu
(*1961 in London; † 1998 in London), der diesen Tabubruch 1990 erstmals
begangen und mit seinem Leben bezahlt hat. Seine Geschichte erzählt seine
Nichte Amal. Marcus Urban wiederum stand als Jugendlicher vor dem Sprung in
die Bundesliga und traf mit der Entscheidung für sein Coming Out auch eine
gegen seinen großen Traum. Die Erzählungen des US-Profis Collin Martin und
des britischen Spielertrainers Matt Morton dagegen lassen erahnen, dass eine
gelebte Normalität gar nicht weit entfernt ist.
Ihre Biografien könnten nicht unterschiedlicher sein, ihre persönlichen
Erfahrungen und Konflikte zwischen Selbstverleugnung und Befreiung aber
klingen alle sehr ähnlich. Sie hinterlassen Fragezeichen und fordern Respekt
für den Mut der Fußballprofis ab. Wenn Per Mertesacker, Schiedsrichter Barak
Rafati und Rolf Töpperwien zudem vom großen Druck im „Business Fußball“
berichten oder Tatjana Eggeling Einblicke in ihre Gespräche mit ungeouteten
Spielern gibt, stellt sich mit dem Film auch zunehmend die Frage, warum das
Thema gerade im Fußball so totgeschwiegen wird? Entspricht Homosexualität
einfach nicht dem hyper-männlichen Bild des Fußball-Helden? Gibt es eine
Angst, dass Sand ins Getriebe der Hochleistungsvermarktungsmaschine Fußball
kommen könnte? Oder ist es vielleicht so, dass Spieler und Fans heute schon
viel weiter sind als die, die an den Hebeln dieser Maschine sitzen? DAS
LETZTE TABU geht diesen Fragen präzise auf den Grund und erzählt dabei nicht
nur die Geschichte der Fußballer, sondern wirft auch ein Licht auf eine
Gesellschaft im Wandel. Eine Gesellschaft, die vielleicht doch nicht immer
so tolerant war, wie sie selbst von sich glaubte.