Ein Kommentar von Willy Wimmer.
In gewisser Weise ist die NATO "feinfühlig", was die Festlegung auf einen Sondergipfel anbelangt. Dieser wurde auf den 24. März 2022 für Brüssel terminiert.
Man erinnert sich. Am 24. März 1999 begann der völkerrechtswidrige Angriffskrieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien und damit die Rückkehr des Krieges nach Europa. Es ist aber nicht nur diese Zäsur. Mit dem Krieg gegen Jugoslawien hat sich die NATO von ihrem ursprünglichen Vertragszweck der Verteidigung der Mitgliedstaaten verabschiedet und sich über "neue strategische Konzepte" dem globalen Führungsanspruch der Vereinigten Staaten unterworfen. Nach dem gleichfalls völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Russischen Föderation seit dem 24. Februar 2022 gegen die Ukraine soll das strategische Konzept der NATO mittels des in dieser Woche anstehenden NATO-Gipfels fortgeschrieben werden.
Das alles ist losgelöst von der Charta der Vereinten Nationen und der eigenen innerstaatlichen Ordnung, denn die Bindung Deutschlands an die NATO ergibt sich aus dem vom Deutschen Bundestag beschlossenen Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum NATO-Vertrag und keinesfalls aus Konzepten, die wo auch immer beschlossen sein mögen und mit der Charta der Vereinten Nationen nicht das geringste mehr zu tun haben. Dabei leitet die NATO ihre rechtliche Existenzberechtigung aus der Charta der Vereinten Nationen ab. Für die früher bestehende "westliche Wertegemeinschaft" war es ein durchaus peinlicher und weitreichender Vorgang, als vor einigen Monaten China und die Russische Föderation von den Vereinigten Staaten ein eindeutiges Bekenntnis zur Charta der Vereinten Nationen verlangten.
Zum anstehenden NATO-Gipfel in dieser Woche fliegt der amerikanische Präsident Joe Biden höchstselbst ein. Er wird auch seine Aufwartung dem für diesen Tag einberufenen Sondergipfel der Europäischen Union machen. Das alles steht unter der Prämisse von Washington, die der deutsche Vizekanzler, Herr Habeck, formuliert hat.
Danach bemisst sich der deutsche Einfluss im Westen danach, in welchem Maß und Umfang Deutschland zu "dienen" bereit sei.
So meldeten es jedenfalls die deutschen Zeitungen. Diese deutsche Einordnung kommt gerade zur rechten Zeit. Am 1. März 2022 hat der ehemalige amerikanische Finanzminister und Ex-Präsident der Harvard-Universität, Larry Summers auf CNN den Anlass für den Sondergipfel der NATO wie folgt sinngemäß formuliert: In der Ukraine verteidige die USA ihre globale Vormachtstellung, die sie nach dem Zweiten Weltkrieg eingenommen habe.
Interessant dabei ist, dass auch der russische Präsident, Herr Putin, sich in seinen Reden derart vernehmen lässt. Damit ist nicht nur für Deutschland sondern für alle europäischen Mitgliedstaaten der NATO klar, was auf dem Sondergipfel von ihnen erwartet wird und wie die innerwestliche Hackordnung aussieht. Es fällt bei den schrecklichen Vorgängen in der Ukraine auf, in welcher Weise der Westen ganz allgemein auf die Vorgänge einzuwirken gedenkt. In keiner Zeile der zahlreichen Beschlüsse wird davon gesprochen oder geschrieben, dass mit aller Kraft daran gearbeitet werde, dem Blutvergießen ein Ende zu bereiten. Dann müsste man sich in Brüssel, Berlin und vor allem in Washington mit den diesem Krieg zugrundeliegenden Fragestellungen beschäftigen und Lösungsvorschläge entwickeln. Warum wird stets und ständig die europäische Völkerfamilie beschworen, wenn das für das russische Volk nicht gelten soll?
Dem mittelöstlichen Sender Al Jazeera ist es zu verdanken, in Zusammenhang mit dem Krieg gegen die Ukraine auf die Vorgeschichte von Pearl Harbour hingewiesen zu haben. Dazu zählten die amerikanischen Embargo-Maßnahmen gegen Japan und vor allem der Energie-Boykott. Im Sender Al Jazeera, vorgetragen von dem "Vater der Sanktionen" und Berater sowohl demokratischer als auch republikanischer amerikanischer Regierungen.