Share Campusradio Dresden
Share to email
Share to Facebook
Share to X
Drab Majesty – An Object in Motion
Das Sci-Fi-Goth-Nostalgie-Duo wird ungekannt flächig und sphärisch mit namenhafter Begleitung durch Shoegaze-Ikone Rachel Goswell.
Girl Ray – Prestige
Mit ihrem neuen Album überrascht das Londoner Trio ihre bisherigen Fans. Statt wie dem bisher Bekannten, verträumten Indiesound ist Prestige eine Aufforderung, die nächste Tanzfläche zu strömen und in eine rosarote Disco-Pop-Welt einzutauchen. Die federleichten Lyrics handeln von Liebe, sexueller Identität sowie dem aufregenden Gefühl, das man verspürt, wenn man sich frisch in jemanden verliebt. Sie wirken wie eine Mischung aus intimen Gedankenströmen und spontaner Alltagspoesie.
Girl Ray besteht aus der Sängerin, Songwriterin und Gitarristin Poppy Hankin, der Schlagzeugerin Iris McConnell und der Bassistin Sophie Moss. Sie sind aktuell auf Tour und spielen am 13.11 in Hamburg und am 16.11. in Berlin.
TIEFBASSKOMMANDO – RETOX
TIEFBASSKOMMANDO ist, wenn man sich fragt, was tiefer ist: die Bässe oder das Niveau. Ein Album, das durch die Nase geht und in den Fäusten rauskommt.
Mit Laura Slapa, Hannes Recknagel und Philipp Mantze
Der Beitrag Episode 79: August 2023 erschien zuerst auf Campusradio Dresden.
King Krule – Space Heavy
Ich war diesen Monat bereit vieles zu tun um im Plattenbau dabei zu sein, denn King Krule ist wieder da. Nach einer dreijährigen Pause füllt der Musiker aus London mit seinem neuen Album Space Heavy die Farbpalette der Gefühlswelten der Hörenden mit melancholischem amaranth Lila und Dunkelblau. Wie schon im Namen Space Heavy angedeutet, schwingen im gesammten Projekt Motive von Alienierung, Fernheit und verlorener Verbindung mit. Ähnlich zu den vier Alben zuvor entsteht durch den größtenteils ruhigen und düsteren Klang seiner Musik ein für Archy Marshall charakteristischer Sound. King Krule rückte nun, wie ich finde, mehr denn je in eine obskure und experimentelle Richtung. So sind in nahezu jedem Lied interessante Entscheidungen in der Komposition und der Produktion getroffen worden, was das Album, für mich, zu einem “must-listen” für den Juni macht. Hört gerne rein!
Vulfmon – Vulfnik
Weiter geht’s mit Vulfmon – so heißt die kultige Solo-Persona von Jack Stratton, dem Gründer der Funk-Band Vulfpeck. In seinem zweiten Solo-Album Vulfnik geht es um verlorene Liebe, Musik und James Jamerson, der laut einem Song mit nur einem Finger Bass spielte. Der schräge und nerdige Humor der Band lässt sich definitiv auch in diesen groovigen Songs wiederfinden, wie zum Beispiel wenn Vulfmon im Lied „I Can’t Party“ seine Feier-Inkompetenz betrauert, während er im Musikvideo durchgängig in Krabbenstellung tanzt. Ähnlich wie bei Vulfpeck finden sich auch hier viele funkige und entspannte Instrumentaltracks wieder. Durchspickt ist das Ganze mit Remixes, einer Art Poetry Slam und Kollaborationen mit anderen Vulfpeck-Musikern. In „Nice to You“ wird Jack Strattons Keyboard zum Beispiel durch Jacob Jeffries‘ überspitzte Pop-Punk-Stimme ergänzt, was in einem amüsanten Stil resultiert, der wahrscheinlich am besten als Emo-Funk beschrieben werden kann. Insgesamt hat Vulfmon mit Vulfnik ein seltsam-sympathisches Potpourri geschaffen, das beim Zuhören in jedem Fall einen Grund zum Lachen gibt.
Christine and the Queens – Paranoia, Angels, True Love
Während andere KünsterInnen Jahre auf sich warten lassen, liefert der französische Singer Song Writer Christine and the Queens schon das zweite Album in den letzten acht Monaten. Vom Band ist es dennoch nicht. In seiner neuen Rockoper Paranoia, Angels, True Love greift er das Theaterstück Angels in America von Tony Kushner auf und damit die Geschichte einer Hauptfigur die an Aids stirbt, das Leben in Halluzinationen an sich vorbeiziehen sieht und schließlich von einem Engel zum Propheten ernannt wird. Das Album ist, genau wie das Theaterstück, in drei Akte aufgeteilt und behandelt den Tod der Mutter, dem Ende der Liebe und seiner Gender Transition.
Wer Lust hat in ein Album einzutauchen und sich von verträumten bis haltlosen und getriebenen Melodien mitnehmen zu lassen, sollte unbedingt in Paranoia, Angels, True Love reinhören. Aber Achtung: Nehmt Zeit mit, denn die 20 Songs, von denen viele über fünf Minuten lang sind, gehören definitiv nicht zur Kategorie eine-Minute-dreißig-Tracks nach dem Spotify-Algorithmus.
Der Beitrag Episode 78: Juni 2023 erschien zuerst auf Campusradio Dresden.
Blood Ceremony – The Old Ways Remain
Seit 2016 kein neues Album von Blood Ceremony. Nun ist die vierköpfige Heavy-Psych Band aus Kanada zurück und experimentierfreudiger denn je. Ihren alten Sound haben sie sie hinter sich gelassen und bringen uns mit “The Old Ways Remain” eine poppige Heavy-Psych, Progressive-Rock, Psychedelic-Folk Mixtur, die auch gewisse Doom-Metal-Einflüsse erkennen lässt.
Eines der wesentlichen Herausstellungsmerkmalen bleibt aber bestehen: Die Frontsängerin Alia O’Brien beschmückt weiterhin Lied für Lied das Klangbild mit ihrer Querflöte, laut eigener Aussage, eine Erweiterung ihrer Stimme. Sie bildet gemeinsam mit Sean Kennedy, Lucas Gadke und Michael Carrillo die Band, die häufig mit den großen Namen der Siebziger wie Jethro Tull, Black Sabbath und Pentangle verglichen wird. Ihre neue LP lässt allerdings eher an King Gizzard & the Lizard Wizard oder King Crimson denken. Textlich bleibt Blood Ceremony mit ihrem neuen Album irgendwo zwischen Okkultismus und klassischen Horrorfilmen.
“The Old Ways Remain” ist schon lange erwartet worden, für die Band aus Kanada ein voller Erfolg und in jedem Fall ein spannender Release.
SQÜRL – Silver Haze
Jim Jarmusch ist den meisten wohl eher als Großonkel des Independent Cinemas bekannt, mit vielfach zu Klassikern avancierten Filmen, die nicht nur über die musikergetränkten Casts von Tom Waits über John Lurie zu Iggy Pop, sondern auch über wohl kuratierte Soundtracks von Neil Young oder Mulatu Astatke schon immer eine latente Musikversessenheit erkennen ließen.
Seit einigen Jahren und Filmen spielt Jim Jarmusch seine Soundtracks gemeinsam mit Carter Logan und dem Namen SQÜRL gar selbst ein. Da wurde ein eigenes Album eigentlich fast überfällig. Mit Silver Haze ist nun also die vorsichtige (aber nicht gänzliche) Loslösung vom Film im Gange. Düstere Drone- und Doom-soundscapes, hypnotische, eingängige Drums und Spoken word-Beiträge von Jarmusch mit seiner unverwechselbaren, eindringlichen Barriton Stimme, aber auch überraschenden Gastperformances etwa von Anika oder Schauspiel-Musikerin Charlotte Gainsbourg, prägen das Album. Eine Platte, die also eher beim letzten Abendmahl, als in heiteren Stunden am See gespielt werden will.
Ob es über seine langsame Absage an die Filmindustrie hinwegtröstet, bleibt abzuwarten, bis dahin ergehen wir uns aber in der Post-(oder Prä-?)Apokalypse und herrlich deprimierenden Super-8-Momenten des späten West-Berlins.
Peter Fox – Love Songs
Peter Fox feiert nach 15 Jahren seine Rückkehr mit dem neuen Album Love Songs. Mit der ersten Single landete er bereits auf Platz eins der Charts, aber finden sich auf dem Album wieder Hymnen, auf die sich der gesamte deutschsprachige Raum einigt?
Es erwartet euch jedenfalls viel Abwechslung mit internationalen Beats. Aber ob Peter Fox sich beim ein oder anderen Song an sein bewährtes Erfolgsrezept hält, verraten wir in der neuen Folge Plattenbau.
Der Beitrag Episode 77: Mai 2023 erschien zuerst auf Campusradio Dresden.
<span data-mce-type="bookmark" style="display: inline-block; width: 0px; overflow: hidden; line-height: 0;" class="mce_SELRES_start"></span>
Feiern, tanzen, gemütlich am Lagerfeuer sitzen, auf dem Sofa eingekuschelt weinen oder in der Sonne am See chillen – wie auch immer man in den Sommer starten will, in dieser Folge vom Plattenbau ist für jede*n was dabei. Diesmal ging es bei uns um große Gefühle und kleine Momente, um süße Kaninchen, weite Wüsten und die perfekte Indie-Filmmusik. Also schnappt euch euren Reisepass und begleitet uns bei einem (betrunkenen) musikalischen Flug von Deutschland über Frankreich und England nach Griechenland.
Nach zwei erfolgreichen EPs hat die britisch-französische Künstlerin Eloise nun ihr bittersüßes Debut-Album Drunk On A Flight herausgebracht. Inspiriert von einem betrunkenen Flug auf dem Weg zu einer Tour direkt nach der Trennung von ihrem Ex erzählt das Album eine Geschichte von Abschied und Neuanfang, von Abflug und Landung. Eloise weicht hier musikalisch ein wenig von ihrem typischen jazzy R&B-Sound in Richtung entspannten Pop ab, schüttet aber in ihren Texten weiterhin hemmungslos ihr Herz aus. Mit ihrer butterweichen Stimme singt sie von Herzschmerz, Sex, Vergebung und Weiterentwicklung. Heraus kommt dabei ein sympathisches Gemisch aus chilligen, dramatischen, schnuckeligen und cheesy Songs, die einem ein Lächeln auf die Lippen zaubern.
Wenn du auf der Suche nach einem Album mit ganz viel Philosophie und Tiefgang bist, müsstest du jetzt gar nicht mehr weiter lesen. Wenn du aber trotzdem auf vielfältige Soundtracks und Beats gespannt bist, dann hör dir doch mal das neue Album TRÄUM $OHO von $OHO BANI an. Er und sein Produzent Ericson produzieren ein Soundbild, das nicht abwechslungsreicher sein könnte. Während es stellenweise ruhig wird, wie in “kein schönes Lied”, knallt es in anderen Liedern wie “Tanzbein”, “Olympia” oder “Mr. Meyer” mit schnellen Beats. Hauptsache es ist überspitzt, progressiv und catcht perfekt den vibe der Großstadt. Immer noch nicht überzeugt? Dann macht euch doch live ein Bild von der neuen Musik und kommt am 15.06 auf unser Campus Fest. Immerhin kommt niemand geringeres als $OHO BANI selbst!
Irgendwie wirkt alles ein bisschen aus der Zeit gefallen, aber gar nicht im negativen Sinne, im Gegenteil! Wie eine Traum, der zusammengesetzt aus längst vergangenen Erinnerungen, für wenige Minuten eine Parallelrealität schafft, in die man sich fallen und alles Schlechte hinter sich lassen kann. In ihrem Debutalbum Hydranism haben Lewis Lazar, Christopher Willatt und Julia Johansen, auch besser bekannt als Oracle Sisters, genau das geschafft. Bereits 2020 quartierten sich die drei auf der Insel Hydra vor Griechenland für mehrere Wochen in einer alten Teppichfabrik ein und schrieben dort fleißig neue Songs. Neben den wunderschönen vokalen Harmonien der Drei, schlängeln sich einem die melancholisch-verträumten Gitarrensolos ins Ohr und man spürt förmlich das Abdriften in Richtung anderswo.
Ein Beitrag von Michaela Haubner, Sara Booth und Philipp Hechtfisch.
Der Beitrag Episode 76: April 2023 erschien zuerst auf Campusradio Dresden.
Trettmann- Insomnia
2017, in einem Jahr, in dem BAUSA mit „Was du Liebe nennst“ groß wird und Capital Bra mit „Nur noch Gucci“ durch die Decke geht, treten Trettmann und das Produzententeam Kitschkrieg mit ihrem Album #DIY auf den Plan und schenken dem deutschen Rap ein notwendiges, neues und ernstzunehmendes Antlitz. Kitschkrieg, die aus dem Produzentenduo Fiji Kris und Fizzle und der Creative Directorin °awhodat° bestehen, setzen auf Minimalismus bis zum Maximum: Alles, was für den Sound nicht gebraucht wird, wird weggelassen und die Ästhetik, die an UK Grime und Post Punk angelehnt ist, wird komplett in schwarz-weiß gehalten. 7 Jahre später hat sich der Sound auserzählt, so sagen es Trettmann und Kitschkrieg selbst und werden von nun an getrennte Wege gehen. Man wolle aufhören, „bevor es Scheiße wird“. Mit „Insomnia“ liefern sie noch ein letztes abschließendes Album. Angelehnt an persönlichen Umwälzungen in Trettmanns eigenem Leben, wird die Geschichte einer Trennung erzählt. Es beginnt mit Desillusionierung, Fragen, die nur unbeantwortet bleiben können, Sehnsucht und Schmerz. Später kommen die neuen Anfänge, die fremden Menschen, die man groß für eine Nacht liebt und der Versuch, sich wieder zu finden. Es ist ein Album geworden, das noch einmal alles vereint, was Trettmann und Kitschkrieg großgemacht hat und doch spürt man, dass es Trettmann und Kitschkrieg künstlerisch in verschiedene Richtungen zieht.
Alexis Evans- Yours Truly
“Yours Truly” ist das dritte Studio-Album des Soul-Sextettes aus Bordeaux, Frankreich. Schon das 2019 erschienene Vorgängeralbum “I´ve Come a Long Way” wurde von Rolling Stone France zum Soul-Album des Jahres ernannt, die BBC bezeichnete es als eine der aufregendsten Newcomer der internationalen Soul-Szene. Auch in “Yours Truly” sind die klassischen Soul-Klänge á la Marvin Gaye, oder Same Cooke, welche die Band nach eigener Aussage sehr geprägt haben, gut zu vernehmen. Und dennoch fügen sie vielen der 12 Songs auch eine moderne, leichte und erfrischende Komponente hinzu, ohne dabei die Wurzeln des Genres gänzlich aus den Augen zu verlieren. Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist der Song “Do Something”. Alexis Evans zeigen, dass der manchmal etwas antiquiert und verstaubt wirkende Soul auch im 21. Jahrhundert noch eine Daseinsberechtigung hat und sie zeigen, dass all dies mit denselben Instrumenten und dergleichen Art des Recordings funktionieren kann, mit der auch Marvin Gaye und Co. ihre ikonischen Werke der 1960er und 1970er Jahre schufen, denn das Album kommt gänzlich ohne DAW-produzierte Klänge aus. Alles, was zu hören ist, ist der Klang der Instrumente und der Vocals. Eine schöne Entdeckung und ein kleiner Geheimtipp.
Mariybu – Slaybae
Hyperpop bis zum Anschlag – ganz nach diesem Motto ballert Mariybu in ihrem Debütalbum einen Track nach dem anderen. In neun Songs behandelt die Hamburger Künstlerin Tracks Themen wie Sex Positivity, Body Positivity und Queerness. Das Album macht Laune und lädt zum Tanzen oder zu selbstbewussten Walks durch das Viertel ein.
Der Beitrag Episode 75: März 2023 erschien zuerst auf Campusradio Dresden.
Lil Yachty – Let’s Start Here
Was ist denn jetzt plötzlich mit Lil Yachty los? Seit wann macht er Rockmusik? Und warum klingt es so gut?
Der 25-jährige Musiker aus Georgia hat mit dem Release von “Let’s Start Here” seinem bekannten Trap-Sound vorläufig den Rücken gekehrt. Stattdessen hat er sich auf eine Reise in die sonderbare Welt des Psychedelic Rock begeben. Das Ergebnis ist ein überraschend solides Album, das die Zuhörenden auch gerne mal leicht schweben oder lächelnd abzappeln lässt. Grund dafür mag auch die vielseitige Beteiligung seitens Musikern von Alex G und Jake Portrait, über Daniel Caesar bis hin zu Justin Raisen sein. Doch ganz grundsätzlich lässt sich sagen, dass Lil Yachty mit diesem Album einen sehr schönen Beitrag für diesen Januar geleistet hat, wobei zugleich ein interessanter Wendepunkt in seinem musikalischen Katalog entstand.
Wir werden seine Entwicklung gespannt verfolgen.
Gas Coombes – Turn The Car Around
Gas Coombes, seines Zeichens Songwriter und ehemalige Frontmann der Alternative Rock Band Supergrass, veröffentlicht sein viertes Soloalbum. Auf der neuen Platte singt der Brite über persönliche Schicksale, Familie und die Emanzipation des Individuums von gesellschaftlichen Erwartungen. Dabei ergibt sich ein vielschichtiger Klangteppich, der neben Coombes markanter Stimme und dem klassischen Arrangement von Gitarre, Bass und Schlagzeug auch Klavier, Streicher, Syntheziser und chorale backing vocals umfasst. Was Coombes hier über 9 Tracks zusammenbraut hat eine Menge Schwere, Tiefe und Pathos – genau das Richtige, wenn man nachts auf leeren Straßen in die Pedale tritt und in den endlosen Sternenhimmel schaut.
Samia – Honey
Diesen Monat erscheint “Honey”, das zweite Album der libanesisch-amerikanischen Künstlerin Samia.
Der Beitrag Episode 74: Januar 2023 erschien zuerst auf Campusradio Dresden.
Diesen Monat war es wirklich nicht leicht ein gutes Album zu finden, welches sich lohnte vorzustellen. Doch mit diesem Glückstreffer in meinem Release Radar hat es die Band Soft Blue Shimmer doch noch geschafft, den November musikalisch deutlich aufzuwerten. Das Album „Love Lives in the Body“ ist mit seiner einnehmend tröstlich und beruhigende Art genau richtig für die kommenden kalten Wintertage. Euch erwartet der wahr gewordene Shoegaze-Dream-Pop-Traum in klanglich glasklarer Verkleidung, produziert vom Profi Corey Coffman. Die Engelsgleiche Stimme der Sängerin Meredith fliegt dabei förmlich über dem stark verzerrten Gitarrensound und die wenigen aber gut platzierten Textfetzen vervollständigen das atmosphärisch und klanglich homogene Album zu einem Gesamtkonzept, welches sich hören lassen kann. Klare Empfehlung, um sich einzukuscheln, die Kopfhörer einzuschalten und dem Schneeregen-Treiben draußen vor dem Fenster etwas entfliehen zu können.
Ja, das Dalì’sche Cover lässts schon erahnen: Es wird mit den Nerven gespielt. Seiner Ursprungsidee für The Cool Greenhouse und als Epigonen von Bands wie The Fall oder Wire folgend, spielen die Songs im zweiten Album gerne über sechs Minuten ein Thema ab, was zwar arg repetitiv ist und unüberraschenderweise so manchen die Geduld abringt, aber auch ungemein ansteckend ist. Im Vergleich zum Debüt kriegen wir hier aber auch die ein oder anderen Bläser, Bongos und spaced out Synths um die Ohren gehauen, was man dann fast schon Abwechslung nennen könnte.
Doch gerade Tom Greenhouse’ nachhallende Vokalisierung seiner zumeist absurd-komischen, selbstironischen, nicht selten grotesken aber auch gegenwartskritischen Texte, getränkt in bestem britischem Humor à la Monty Python oder so (der vermutlich die beste britische Erfindung neben Baked Beans ist), sind noch elaborierter und offenbaren bei näherer Betrachtung (und allzu oft notwendiger Googlei) sehr feingeistige moderne Poesie. Vielleicht ist er nicht der neue Arthur Rimbaud wie einstmals angestrebt, aber er besingt ne flotte junge britische Rocktruppe und was anderes hätte Rimbaud heute vermutlich auch nicht gemacht. Bis im Februar in Leipzig!
Stormzy veröffentlicht sein drittes Album und es ist persönlicher denn je. Dabei hebt es sich ab von dem, was er vorher veröffentlicht hat. Zwischen Gospel-Akkorden und Afro-Beats rappt er über Herzschmerz, Spiritualität und Mental Health.
Der Beitrag Episode 72: November 2022 erschien zuerst auf Campusradio Dresden.
Ist es ein Vogel? Ist es ein Flugzeug? Nein, es ist der neue Plattenbau, der pünktlich zum Wintersemester einen neuen Start hinlegt! Das Warten hat ein Ende und wir fangen direkt wieder mit einer bunten Mischung an: von einer wahrhaftigen Kultfigur und melancholisch-poppiger Gesellschaftskritik bis zu einem rekordbrechenden Album, das Spotify lahmgelegt hat. Und was haben sie alle gemeinsam? Die Liebe, natürlich.
The 1975 und ihre Fans sehen jedes ihrer Alben als eine Ära, als eine Art Dokumentation der aktuellen Gesellschaft durch den Blick des Frontsängers Matt Healy an. So auch bei ihrem neuen Album Being Funny In A Foreign Language. Mit ihrer schwarz-weißen Albumästhetik und ihren fröhlichen Liedern mit überraschend deprimierenden Texten bleiben sie ihren Anfängen treu. Allerdings scheinen sie auch immer mehr den Mut zu fassen, nicht nur auf edgy Subversionen zu vertrauen und einfach mal darüber zu schreiben, wie gern man jemanden hat oder dass man sich auf Weihnachten mit der Familie freut.
Schon wieder ein Album über ein Thema, das in der Musik so inflationär behandelt wurde, wie kein anderes. Und doch ist dieses tiefe menschliche Bedürfnisse einfach nicht wegzudenken, wie auch. Auf Heartbreakerei widmet sich Fuffifufzich in 16 Liedern der Liebe in all ihren Facetten. Doch über Liebe kann ja jede*r singen. Aber niemand kann es so, wie Fuffifufzich. Ausgestattet mit einem Korsette aus Synth-Pop-Klängen verzaubert die Künstlerin mit ihrer Sprache, die nur so vor Anglizismen, Neologismen und sonstigen linguistischen -ismen strotz und auch nicht vor grammatikalischen Neustrukturierungen halt macht. Genitiv, Dativ – alles Nonsens, wie wäre es einfach mal mit einem neuen Kasus. Gefangen zwischen Herzensbrecher*innen, geliehenen Ferraris und Monica Bellucci hangelt sich Fuffifufzich durch den Dschungel der Amour. Dabei singt sie nicht nur auf Deutsch, sondern wagt auch Ausflüge ins Italienische, Französische und das innerhalb eines Satzes.
Zum ersten Mal tauchte Fuffifufzich mit dem Song „Life is scheise du bist nicht dummi“ in der Inszenierung „Don’t be evil“ der Volksbühne Berlin im Jahr 2019 auf. Doch die Schauspielerin Vanessa Loibl entwickelte schon vor dieser Inszenierung die Kunstfigur Fuffifufzich und lässt sie seitdem tiefer in musikalische Welten eintauchen. Dabei bricht sie nicht nur hier und da gängige Rollenklischees auf und nimmt romantische Liebelein auf die Schippe, sondern trifft auch sprachlich den Zahn der Zeit. Doch hinter der ganzen Ironie steckt dann doch irgendwo ein Fünkchen Ernsthaftigkeit, oder? Ciao Amore Mio!
Das dritte Album Midnights von Taylor Swift ist damit dann das wohl bekannteste unter den drein. Dieses Album ist sehr emotional, denn wie vielen bekannt sein sollte, wurden fast alle Songtexte von der Sängerin selbst geschrieben. Ebenso lässt es einen offenen Spielraum in Taylors Privatleben schauen. Es verschmelzen hier neben den ruhigen Pop Songs auch elektronische Beats, welches sich durch den Song “Vigilante Shit” erkennen lässt. Das perfekte Album für verschiedene Stimmungen und Eindrücke.
Ein Beitrag von Michaela Haubner, Sara Booth und Philipp Hechtfisch.
Der Beitrag Episode 71: Oktober 2022 erschien zuerst auf Campusradio Dresden.
Genau das, was der November gebraucht hat. Eine begnadete australische Frau, die mit ihrem Debutalbum zeigt, wie viel Power in ihr steckt. Lady Lash, bürgerlich Crystal Clyne, hat griechische und kokatha-indigene Wurzeln. Sowohl sozial, als auch musikalisch passt Lady Lash in keine Box.
Mit ihrer atemberaubenden Stimme stand sie bereits im Sydney Opera House auf der Bühne, sang für ihren Onkel in dessen indigenen Band und tourte als Rapperin durch Australien. Als Teil der weiblichen Hip-Hopgruppe OETHA eroberte Lady Lash bereits die australischen Charts. Nun begeht sie mit “Spiritual Misfit” ihre eigene Reise und wendet sie sich der Kraft und dem Feuer ihres Inneren zu. Wer Lust auf Synth-Pop, experimentellen Elektro und female Empowerment hat, ist bei Lady Lash genau richtig.
Knapp vor der allerersten Coronawelle im Frühjahr 2020 war “Buds”, der dritten LP der Band, fertig, warum Bandleader und Gitarrist Steve Hartlett das Album dann beinahe zwei Jahre unter Verschluss gehalten hat, ist nicht ganz klar. Bei einer bescheidenen Länge von nicht mal 25 Minuten schleicht sich der Verdacht ein, die meiste Zeit hat er mit kürzen und aussortieren verbracht, und mit kiffen.
Klar ist jedenfalls, dass sich Ovlov – kein russischer Auflauf, sondern “Volvo” rückwärts – so popaffin wie nie geben. Abgeklärte aber stets von melancholischen Grundtönen getragene Melodien, die an allerhand 90er-Jahre Alt-Rock-Bands wie Foo Fighters, Dinosaur Jr. oder Built to Spill denken lassen, gehen organisch in monströse Walls of Sound über, nicht selten in bombastischen Crescendi endend. Dennoch bleibt Hartletts milder Gesang immer ein sinnvoller Kontrapunkt, der sich wie es scheint gegen die Gitarrenausbrüche zu wehren weiß.
Wichtig bleibt wie auch in der bisherigen Ovlov-Geschichte der familiäre und freundschaftliche Aspekt der Band. Seine Brüder Morgan und Jon haben Bass und Schlagzeug übernommen, sein Vater ist mit einem Saxophon-Solo zu hören. Die Texte und Titel sind wieder sehr persönlich und chiffriert, und kreisen (vermutlich) um alte Freunde, Herkunft und all solcher Dinge, aber das soll nach Hartletts Aussage jeder selbst entscheiden.
Die australische Band Parcels meldet sich zurück, und zwar mit einem Doppelalbum: Day/Night. Soundtechnisch knüpft die Band dabei an ihrem Debütalbum an, dem Stil der 70er. Die beiden Teile sollen einen Kontrast darstellen, mit Day als den einladenden und extrovertierten und Night der auf die Seiten im Leben anspielen soll wo es mal keine Party zu feiern gibt. Dennoch ist es bei den Parcels wie gewohnt schwer einen Song zu hören und ruhig sitzen zu bleiben.
Ganze 18 Monate arbeitete die Band an dem Projekt, mit Corona bedingten Unterbrechungen, in einem kleinen Haus in der Pariser Vorstadt. Bei manchen Songs könnte man auch meinen, dass man eine Single von Daft Punk hört, was uns nach deren Abschied auch sehr recht ist da die beiden eine große Lücke in der Musiklandschaft hinterlassen haben. Dieser Vergleich rührt daher, dass die beiden bereits zusammen einen Song aufgenommen haben, nämlich die 2017 veröffentlichte Single “Overnight”. Wir hoffen, dass es im nächsten Jahr möglich sein wird die Parcels mit dem neuen Album in irgendeiner Form live besuchen zu können um dem ständigen Wippen auf dem Stuhl endlich freien Lauf zu lassen.
Der Beitrag Episode 70: November 2021 erschien zuerst auf Campusradio Dresden.
Mit ihrem Debütalbum „Projector“ hat sich die Newcomerband Geese geradewegs in unsere Herzen gerockt. Die New Yorker Cameron Winter (Gesang/Keys), Max Bassin (Schlagzeug), Gus Green (Gitarre), Dominic DiGesu (Bass) und Foster Hudson (Gitarre) kennen sich bereits seit der High School und begeisterten sofort mit ihren Indie-, Rock- und Post-Punk Songs. Keiner der fünf ist älter als 20 Jahre und die Aufnahmen für das Album fanden während ihres Schulabschlusses statt – unglaublich, wenn man den erwachsenen, verrauchten Klängen der Band lauscht.
Die Sprache der insgesamt 9 Songs ist etwas ganz besonderes. Die Strukturen der Tracks sind hochkomplex, die Rhythmen und Stimmungen ändern sich mehrmals. Meist fragt man sich, wie viele Songs in diesem einen Song versteckt sind; aber alles ist durchdacht. Es handelt sich um aufregende Klanglandschaften, die spannender nicht sein können. Auch die angesprochenen Themen sind tiefgründig und vielseitig. Die Unsicherheit der Welt, in der wir leben, das „Sich-An-Einen-Besseren-Ort-Wünschen“, und das Vergehen von Leben: Dies sind vor allem Themen, welche in unser aller Gedanken herumschwirren und welche zunehmend auch die jüngere Generation beschäftigen.
Vermutlich weit eher ein Kunstkollektiv als eine Band, das multigenerationale und -nationale Projekt Vanishing Twin geht ihren künstlerisch-ästhetischen Vorstellungen und Eingebungen auch in ihrem Drittling “Ookii Gekkou” nach, diesmal gar konsequenter und weniger poppig, mehr music library, weniger Stereolab und Broadcast, auch wenn Laetitia Sadier, ebenfalls Teil des Londoner Haha Sound Collectives, mit einem Gastauftritt aufwartet. Die wilden Synth-Eskapaden von Phil MFU (Ex-Stereolab), das punktgenaue Perkussionsgerüst der musikalisch auch sonst überaus produktiven Valentina Magaletti, Susumu Mukais 70er-getränktes Bassspiel und Cathy Lucas’ harmonisch-beseelter Gesang schaffen gemeinsam ein mal mystisch, mal chaotisches Corona-beeinflusstes Album, das lieber auf Labels verzichten möchte. Auch wenn einzelne Stücke hie und da drohen auszuufern, sind es Lucas und Magaletti, die Richtung und Orientierung reinbringen. Wenig verwunderlich spielt das Nun-Quartett abseits der reinen Musik mit einer stark Schwitter-Baargeldschen Ästhetik, die Vanishing Twin den Charakter eines Gesamtkunstwerks verleiht.
Von „Swabian Samba” und britischem Indie über kalifornischen Surfrock – die Band Rikas wurde schon in viele musikalische Schubladen gesteckt. In ihrer neuen EP „Short Stories“ liefern uns die vier sympathischen Schwaben-Knaben sommerliche Gute-Laune-Songs mit funkigem Bass, mit denen sich die dunkle Jahreszeit etwas aufheitern lässt. Ob beim Kochen oder beim Duschen, Rikas‘ poppige Retrosounds nehmen uns mit auf eine ihrer Reisen und sorgen für einen spritzigen Start in den Tag.
Der Beitrag Episode 69: Oktober 2021 erschien zuerst auf Campusradio Dresden.
The podcast currently has 79 episodes available.