Ein Kommentar von Bernhard Loyen.
Millionen von Menschen, die sich nicht untypisch für hiesige Zeiten regelmäßig auf Social-Media-Portalen bewegen, werden bewusst und manipulierend auf Trends hingewiesen. Twitter grenzt bei Überforderung des schier endlosen Irrsinns praktisch über Algorithmen auf - Trends für Dich - ein. Daraus resultierend erfolgt der direkte Weg zu den Inhalten der vermeintlich angesagten Hashtags.
Wie entsteht ein Hashtag-Trend? U.a. durch entsprechende Werbeprofis, Agenturen mit wirksamen Tricks aus dem Marketing und der Psychologie. Sie bedienen entsprechende Kampagnen und liefern den dringend benötigten Slogan.
Unter Nudging versteht man ein Konglomerat an verschiedenen Techniken, ebenfalls aus der Psychologie und der Verhaltensökonomie, die Personen dazu bewegen, ein gewünschtes Verhalten mit höherer Wahrscheinlichkeit zu zeigen (1). In dieser Kombination finden sich dann Begrifflichkeiten, z.B. Hashtags, die wesentlichen Einfluss auf das Verhalten von Millionen Menschen bewirken sollen. Wie man die letzten Wochen beobachten konnte, mit Erfolg.
In Zeiten der Corona-Krise waren dies bis dato der Hashtag WirBleibenZuhause, gesponsert und gepusht durch das Bundesministerium für Gesundheit, unter freundlicher Mithilfe sogenannter Prominenter. Dieser zog schnell begeisterte Kreise und wechselte variabel in #StayAtHome, gipfelnd in der #stayhomechallenge. Dann gab es noch #flattenthecurve, die gemeinsame Vermeidung einer vermeintlich drohenden landesweiten Infektion eines Großteils der Bevölkerung mit dem Corona-Virus. Die tägliche Erinnerung an die Corona-Maßnahmen gipfelt im #Alltagsmaske.
Am Dienstag dieser Woche wurde die Corona-Warn-App landesweit zum freien Download beworben. Federführend durch den Auftraggeber, die Bundesregierung. Am 2. Juni 2020 versicherte der Regierungssprecher Steffen Seibert per Twitter nochmals, die finalen Ergebnisse beruhen auf rein freiwillige Nutzung der anvisierten unterstützenden Nutzer (2). Die Staatsministerin im Bundeskanzleramt für Digitalisierung Dorothee Bär, CSU jubilierte daraufhin am gestrigen Mittwoch, Zitat: Wohoo! Jens Spahn berichtet gerade im Kabinett, dass wir von unserer Corona Warn App schon über 6 Millionen Downloads haben. Danke Euch für Eure Unterstützung! BMG_Bund (3)
Gemeint ist damit das Bundesministerium für Gesundheit. Herr Spahn ließ gestern wissen, Zitat: "Dieser starke Start sollte noch mehr Bürger motivieren mitzumachen. Denn Corona eindämmen, das ist ein Teamspiel,“ (4). Dieser Aufruf bräuchte jetzt nur noch einen entsprechenden Hashtag und sieh da, bei dem Mit-Entwickler-Unternehmen Telekom fand sich ebenfalls gestern folgender Tweet, Zitat: In nur 50 Tagen haben wir gemeinsam mit SAP die Corona-Warn-App für Deutschland entwickelt. Die App entspricht den wichtigsten Wünschen der Deutschen: Sicher, transparent & freiwillig…#IchAppMit. (5)
Wer darf denn rein ins IchAppMit-Team, bzw. wer erhält überhaupt Zugang zur Corona-Warn-App? Da fängt das Problem schon an, welches sich für restdenkende Bürger als nützlicher Planfehler darstellt. Die App funktioniert nicht auf Modellen, die 2015 oder früher produziert wurden. Es zeigt sich, regierungsnahe Planungsgruppen konnten sich nicht vorstellen, dass es Menschen in diesem Land gibt, die a) nicht jährlich sich das neueste Modell zulegen, bzw. überhaupt erwerben können und b) sogar die älteren Modelle bewußt über Jahre behalten und nutzen. Simulationsstudien gehen davon aus, dass etwa 60 Prozent der Bevölkerung die App installieren und aktiv nutzen müssen, damit die Corona-Warn-App wirksam, also sinnbringend ist. Die Anzahl der Smartphone-Nutzer in Deutschland beläuft sich im Jahr 2019 auf rund 58 Millionen Bürger. Nicht überraschend, in der Altersgruppe der 14- bis 49-Jährigen sind Smartphones mit einem Nutzeranteil von über 95 Prozent führend.
Rund 20 Millionen Euro hat die Entwicklung der Corona-Warn-App des Robert Koch-Instituts gekostet.