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Das Brandzeichen des Totalitarismus | Von Tom-Oliver Regenauer


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Scheinbar harmlose Formen technischer Normierung, etwa der QR-Code, sind Bausteine, mit deren Hilfe die technokratische Dystopie errichtet wird.


Hinweis zum Beitrag: Der vorliegende Text erschien zuerst im „Rubikon – Magazin für die kritische Masse“, in dessen Beirat unter anderem Daniele Ganser und Hans-Joachim Maaz aktiv sind. Da die Veröffentlichung unter freier Lizenz (Creative Commons) erfolgte, übernimmt apolut diesen Text in der Zweitverwertung und weist explizit darauf hin, dass auch der Rubikon auf Spenden angewiesen ist und Unterstützung braucht. Wir brauchen viele alternative Medien!

Ein Kommentar von Tom-Oliver Regenauer.
Der QR-Code: Spätestens seit der Coronakrise ist er jedem bekannt. Auch den Senioren. Viele assoziieren das omnipräsente schwarz-weiße Quadrat auf Dokumenten, Objekten und Displays mit einem unguten Gefühl. Mit Kontrolle und Überwachung, mit „Track & Trace“. Denn als im Zuge der vermeintlichen Pandemie in vielen Ländern 2G- und 3G-Zugangsreglements galten, entschied besagter Code über Teilnahme oder Nichtteilnahme am sozialen Leben. Restaurant, Fitness-Studio, Einzelhandel, Flugzeug, Hotel — Zugang nur noch nach Vorlage beziehungsweise nach Einscannen des QR-Codes. In der No-COVID-Hochburg China bestimmt die zweifarbige Digitalfußfessel seither den Alltag eines ganzen Volkes. Nicht einmal Nahrungsmittel erhält man im technokratischen „Reich der Mitte“ ohne das grafisch an ein Labyrinth erinnernde Mal der Unterdrückung. Mittlerweile scheint aber auch die chinesische Bevölkerung die Gängelei der allmächtigen Partei leid zu sein. Seit einigen Tagen eskalieren im ganzen Land Proteste. Die Regierung stampft unterdessen unbeirrt ein riesiges COVID-Isolationscamp nach dem anderen aus dem Boden.


Die Chinesen rebellieren gegen ein System und dessen Herrschaftsinstrument. Gegen das digitale Brandzeichen, das die Herde verwaltbar macht. Rinder tragen es zumeist auf dem Allerwertesten, der Homo sapiens auf dem Smartphone.

Schon in dem 1949 von den US-Erfindern Norman Woodland und Bernard Silver entwickelten Vorgänger — dem Barcode (Strichcode) — sahen nicht wenige Menschen das „Malzeichen des Tieres“, ein Symbol jener dunklen, endzeitlichen Macht, die gen Ende der Zeit allen Erdbewohnern ihren von bösen Mächten getriebenen Willen aufzuzwingen sucht.
Mystisch aufgeladene Verschwörungstheorien ranken sich seit jeher um das Thema. Auch wenn relativ einfach nachvollziehbar ist, dass die im Okkultismus bedeutsame Zahlenfolge „666“ nicht wie häufig postuliert Teil eines jeden Strichcode-Etiketts sein kann. Das Gerücht hält sich dennoch hartnäckig. Selbst die Nachrichtenagentur Reuters berichtete noch im Jahr 2007 darüber, wie Hunderte gottesfürchtige Menschen in Russland neue Ausweise ablehnten, weil diese mutmaßlich die satanischen Ziffern enthielten. Doch auch ohne in Mystik, Numerologie und okkulte Sphären vorzudringen, zeigt ein genauerer Blick auf die optoelektronische Registrationsmaschinerie unserer Zeit, dass die damit einhergehende Effizienzsteigerung, dass der Zugewinn an Bequemlichkeit durchaus seinen Preis hat.
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