Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.
Noch ist der Kolonialismus nicht überwunden. Wie ich in vergangenen Beiträgen oft genug aufzeigte, versuchen die Kolonialländer immer noch, ehemalige Kolonien mit scheinbarer Hilfe in Abhängigkeit zu halten, zu dominieren und ihre Entwicklung zu verhindern. Dass diese Phase aber durch die Entwicklung der Multipolarität überwunden werden wird, deutet die Tatsache an, dass die OPEC+ Länder sich einstimmig defacto als Verbündete Russlands positionierten, gegen Sanktionspolitik und Wirtschaftskrieg. Darüber kann auch die Abstimmung in der UNO, in der die Militäraktion Russlands verurteilt wird, nicht hinwegtäuschen (geheime Abstimmung verhinderten die USA). Deshalb sind die Chancen groß, dass nach dem zu erwartenden Zusammenbruch des vom Westen dominierten Finanzsystems, wie er durch die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) indirekt vorausgesagt wird, nicht das von westlichen Oligarchen gewünschte Ergebnis bringen wird.
Nahen Osten gespalten, Afrika unten halten
Auf die erfolgreiche Bekämpfung des arabischen Nationalismus durch die Kolonialländer, der sich möglicherweise auch bald dem Ende zuneigt, will ich an dieser Stelle nicht eingehen, sondern auf das bisherige Verhindern eines sich entwickelnden Kontinents, Afrika.
Die meisten dürften eine Ahnung davon haben, was das Buch „Bekenntnisse eines Economic Hitman“ nachweist, nämlich die Art und Weise, wie die westlichen Großmächte, allen voran die USA sich entwickelnde Staaten in Schulden stürzen, die sie in fast unendliche Abhängigkeit bringen, und effektvoll verhindern, dass sich Wertschöpfung aus den eigenen Rohstoffressoucen aufbauen lässt.
Im Gegensatz dazu hatte bisher China und auch die Entwicklungsbank der BRICS+ Staaten im Fall von schief gegangenen Verschuldungen weder Bedingungen an eine Umschuldung gebunden, noch die Konditionen verschlechtert, sondern eher verbessert. Aber dazu hatte ich auch schon genug geschrieben. Die UNCTAD bestätigt nun mit diplomatischen Umschreibungen und Auflistungen, was die „Verschwörungstheoretiker“ seit langer Zeit erklären. Die tolle Analystin Dagmar Henn hat in Artikeln den Bericht einmal so erklärt, dass ihn auch Otto Normalverbraucher versteht. Daher möchte ich mich nun auf ihren Artikel (1) stützen.
Sie zeigt auf, dass der Bericht festhält, wie die Maßnahmen der Industrieländer während der Corona-Krise, welche auch auf die sich entwickelnden Länder aufgezwungen wurde, schlimmere Auswirkungen hatte als die Bankenkrise im September 2008, als nach einigen Bankenzusammenbrüchen der globale Handel für fast drei Monate zu Erliegen gekommen war. Nun war, wie Pepe Escobar einmal vermutete, der Versuch zwar misslungen, durch die Verschuldung zum Kauf von Impfstoffen, die Länder des globalen Südens und Ostens gefügig zu halten. Aber die Auswirkungen der Maßnahmen hatten diese Länder trotzdem wesentlich stärker getroffen als die Industrieländer. Der UNCTAD-Bericht konstatiert demnach:
„Wie im letztjährigen Bericht beschrieben, verursachte die Pandemie in den Entwicklungsländern größere wirtschaftliche Schäden als die Finanzmarktkrise.“
Gemeint ist wohl nicht die „Pandemie“, sondern die staatlichen Maßnahmen während der Corona-Krise. Dagmar Henn weist darauf hin, dass die Schuldenlast so angewachsen war, weil durch die Etablierung des Petrodollar-Systems und durch die Hochzinsphase in den USA, die dort die Inflation bekämpfen sollte, der Dollar einen Höhenflug machte und dagegen die lokalen Währungen keine Chance hatten.
Die Autorin erklärt, dass schon die Banken-Krise eine erfolgreiche Abwälzung eines US-Problems auf Lateinamerika war. Wodurch die Länder für Jahrzehnte abhängig wurden von Weltbank und IWF, und damit auch deren Bedingungen und Auflagen. (5)
Was also damals passierte, so Dagmar Henn weiter, wird nun durch eine Kombination aus Pandemie-Maßnahmen und steigenden Rohstoffpreisen erzeugt.