Transhumanisten sehen den Tod des menschlichen Körpers als technisch lösbares Problem an — spirituelle Lehrer halten Unsterblichkeit schon lange für möglich.
Ein Standpunkt von Roland Rottenfußer.
„Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe“, soll Jesus gesagt haben. Gemeint ist aber wohl ein Leben in einem neu erschaffenen Körper auf einer „neuen Erde“. Andere Religionen verkünden die „Seelenwanderung“, also die Unsterblichkeit unseres individuellen Bewusstseins, nicht des physischen Körpers. Was unsere reale physische Hülle betrifft, so sind deren Zukunftsaussichten durchweg düster — speziell, wenn man die Zeit erster jugendlicher Frische schon eine Zeit lang hinter sich hat. 80, 90 Jahre sind uns zugeteilt, wenn wir nicht gerade die Queen Mum oder Henry Kissinger sind. So manchem auch weniger. Die Folgen sind ein gewisser Zeitdruck, die Melancholie der Vergänglichkeit, hektische Betriebsamkeit zum Zweck der Verdrängung. Die Fantasie des Menschen hat viel geleistet beim Versuch, den Tod wenigstens in der Vorstellung auszutricksen. Vom Vampirroman bis zum Jenseits-Channeling gibt es genügend kurzweiligen Lesestoff. Hier sind wir assoziativ schon bei Ray Kurzweil und anderen Transhumanisten angelangt, die die Möglichkeit menschlicher Unsterblichkeit schon ab 2030 ansetzen. Da könnten die meisten von uns dem Tod noch mal von der Schippe springen. Aber wird dies eine Option für alle Menschen sein — oder doch nur wieder für die „Eliten“? Und ist es überhaupt wünschenswert, nicht zu sterben? So mancher Visionär scheint sich die Konsequenzen eines solchen Szenarios nicht sorgfältig überlegt zu haben.
„Ich lebe seit viereinhalb Jahrhunderten, und ich kann nicht sterben“, sagte Connor McLeod. „Naja, wir haben alle unsere Probleme“, erwiderte seine Gefährtin Brenda. Im Fantasy-Epos „Highlander“, einem Film von Russell Mulcahy aus dem Jahr 1986, kann der von Christopher Lambert dargestellte Protagonist nicht sterben. Nicht einmal, wenn er bei Schwertkämpfen auf eine Weise verwundet wird, die für jeden anderen tödlich wäre. Eine spannende und etwas rätselhafte Handlung. Was aber ist an diesem „Nicht-sterben-Können“ ein „Problem“? Wäre es nicht vielmehr eine Gnade — das, was sich alle Menschen wünschen: Unsterblichkeit? Ist nicht vielmehr unsere Sterblichkeit das Problem, der Terror des unausweichlichen Verfalls unseres Körpers, der Druck der begrenzten Zeit, die absehbaren, schmerzlichen Abschiede und die Ungewissheit des „Wohin”?
Lange bevor „Transhumanismus“ als Begriff bekannt geworden ist, beschäftigten sich Science-fiction-Autoren und Drehbuch-Schreiber visionär mit dem Thema. Den intelligentesten mir bekannten Beitrag zum Thema schrieb und inszenierte der deutsche Filmemacher Rainer Erler 1976 mit „Unsterblichkeit“ — einem Beitrag der Reihe „Das Blaue Palais“, in der ein Forscherteam an grenzwissenschaftlichen Themen arbeitet. Gut recherchierte wissenschaftliche Ansätze wurden visionär weitergedacht und mit einer Thrillerhandlung verknüpft. Man muss allerdings ein Alter erreicht haben, das der Unsterblichkeit schon ziemlich nahe kommt, um sich an die Erstausstrahlung dieser großartigen Sendereihe noch zu erinnern. Diese bestach nicht zuletzt auch durch ihre philosophische Tiefe. Im Anfangsmonolog skizziert der Leiter der Forschungseinrichtung die Ausgangslage:
Der vermeidbare Tod
„Uns Menschen erscheint der Tod unausweichlich. Schicksalhaft, aber auch unmenschlich. Denn jede Stunde, in der wir leben, bringt uns neue Erfahrungen und Erkenntnisse. Aber die letzte macht alles zunichte. Sterben ist etwas Absurdes. Altern und Sterben scheinen in unseren Lebensfaden einprogrammiert zu sein, um das Leben als Ganzes zu erhalten.
Die Lebensbedingungen auf unserem Planeten haben sich in Millionen Jahren laufend verändert.