Erzählkünstler

"Das Fliegenpapier" (Robert Musil)


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Wir haben hier bislang Werke vieler bedeutender Autorinnen und Autoren veröffentlicht, und es werden noch einige folgen. Welcher Name fehlte – und das fällt dann ja doch auf –, ist Robert Musil. Natürlich können wir sein zentrales Werk „Der Mann ohne Eigenschaften“ nicht aufführen, jenen Roman, der mehr als 1000 Seiten umfasst, jedoch eine kleine Erzählung, die eine erstaunliche Karriere in Deutsch-Kursen an Gymnasien und Gesamtschulen hierzulande machte. Musil gestaltete einen Text, der wie aus der Werbe-Industrie stammend wirkt, und doch gibt es da unentwegt eine andere Ebene in „Das Fliegenpapier“: Die Darstellung der Fliegen-Schicksale wird hier immer wieder mit metaphorischen Vergleichen mit Lebenssituationen von Menschen verknüpft. Und so waren denn auch viele Interpreten sicher, hier einen Text vor sich zu haben, der auf literarische Weise Kriegsleiden und die Ohnmacht der Menschen und so etwas auf allegorische Art darstellt. Musil selbst nannte das, was er geschrieben hatte, jedoch einen „Vorausblick“. „Das Fliegenpapier“ war bereits im Jahr 1913 unter dem Titel „Komischer Sommer“ in einer Zeitschrift erschienen; „und auch die ,Affeninsel‘ stammt aus dieser Zeit, was ich erwähne, weil man diese beiden sonst leicht für erfundene Umschreibungen späterer Zustände halten könnte. In Wahrheit sind sie eher ein Vorausblick gewesen.“

So oder so ist dies ein erstaunlicher Text aus dem frühen 20. Jahrhundert, und wir präsentieren ihn in einer äußerst professionellen Aufnahme. Sarah Giese, Schauspielerin und Sprecherin aus Münster, liest Robert Musils Werk wunderbar klar. So schön in ästhetischem Sinne kann Grauenhaftes sein. Dazu ist nur die Kunst fähig.

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ErzählkünstlerBy Volker Drüke