Noch ist die europäische Digitalwährung nichts weiter als ein Vorhaben. Aber die Weichen sind gestellt. Angesichts der Fortschritte, die die großen Konkurrenten China und Russland machen, wird es für Europa und den politischen Westen insgesamt kein Zurück geben. Was bedeutet das für den Alltag der Menschen?
Ein Standpunkt von Rüdiger Rauls.
Einstellungen
Diese Frage zu beantworten, ist insofern schwierig, als dass der digitale Euro noch nicht im Umlauf ist. Dass heißt, es gibt bisher keine praktischen Erfahrungen, wie sich ein solches Zahlungsmittel auswirkt. Bisher bewegen sich alle Äußerungen und Befürchtungen auf dem Feld der Vermutungen und Spekulationen. Diese spiegeln aber nicht die Wirklichkeit wider sondern in erster Linie die Einstellungen zu Realität und Zukunft von jenen, die sich zu dem Thema in dieser Form äußern.
Konkrete und praktische Erfahrungen mit digitaler Währung gibt es nur aus wenigen anderen Ländern, wobei China am weitesten vorangeschritten ist. Aber für die Volksrepublik gilt dasselbe wie für den digitalen Euro selbst: Es ist ein Thema, an dem sich die Geister scheiden und vorurteilsfreie Betrachtung oftmals die Ausnahme ist. Das gilt sowohl für den Mainstream als auch für viele Kommentatoren der alternativen Medien, wobei gerade ersterer wenig Interesse daran hat, über China Positives zu berichten.
Um aber jene Ängste zu behandeln, die mit dem Thema verbunden sind, kommt man um eine sachliche Auseinandersetzung nicht herum. Ängste führen zu nichts Gutem. Das Auftürmen von Vermutungen und Vergleichen, die sich nicht an der Wirklichkeit bewährt haben, sind ungeeignet für Erkenntnis. Aber nur Erkenntnis sorgt für Beruhigung. Ängste können leicht überwunden werden durch ihren Abgleich mit der Wirklichkeit. Das heißt, man kann die chinesischen Erfahrungen mit dem digitalen Yuan nicht außer Acht lassen, will man sich nicht alleine auf ängstigende Vermutungen und Phantasien beschränken.
Nun ist es natürlich schwierig, Vermutungen über den digitalen Euro auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen, solange der noch gar nicht als Realität vorliegt. Es besteht neben den dürftigen Informationen über die chinesischen Erfahrungen dann nur noch die Möglichkeit, die eigenen Vermutungen zu überprüfen an den Absichten, die von den Verantwortlichen in der Öffentlichkeit geäußert werden. Was sind die Pläne jener, die an der Digitalisierung des Euro arbeiten?
Ob man diesen Aussagen Glauben schenkt, ist eine andere Sache. Aber erst einmal müssen diese Erklärungen für bare Münze genommen werden, ehe man die bare Münze – ungeprüft - als Falschgeld abtut. Denn damit würde man dem Interesse des Lesers an einer sachgerechten Darstellung nicht gerecht werden.
Grundlegendes
Die Konstruktion digitaler Währungen scheint für den Nutzer überall weitgehend gleich zu sein, egal ob beim digitalen Yuan oder Euro. Diese ergibt sich mehr oder weniger zwangsläufig aus den Aufgaben als modernes Zahlungsmittel. Das ist bei Währungen genau so wie bei Melkmaschinen; die Aufgabe bestimmt die Gestaltung.
Wie im herkömmlichen Bankenwesen muss der Kunde ein Konto haben, auf dem sein digitales Geld liegt und von dem aus seine Transaktionen getätigt werden. Bei den digitalen Währungen nennt sich dieser Aufbewahrungsort Wallet (Brieftasche) und befindet sich als App auf dem Smartphone des Nutzers.
„Mit der Wallet kann man online oder kleine Beträge auch offline bezahlen. … . Das ginge auch direkt von Smartphone zu Smartphone“(1).
Demnach sollen kleinere Zahlungen im offline-Modus „weitgehend anonym erfolgen“(2) direkt zwischen Smartphone-Nutzern. Größere Beträge werden im Online-Modus übertragen. Dazu bedarf es einer Identifizierung bei einem Zahlungsdienst. „Der weiß dann, wer die Transaktion tätigt - die Notenbank nicht“(3). Der Zahlvorgang selbst „dürfte ähnlich privat sein wie bislang bei einem Bankkonto“(4).