Ein Standpunkt von Sean Henschel.
Viele Menschen echauffieren sich bis heute noch über die Passivität der deutschen Justiz im Hinblick auf den Umgang mit dem 43. Präsidenten der Vereinigten Staaten George Walker Bush, Sohn von George Herbert Walker Bush, ebenfalls Präsident der Vereinigten Staaten und zusätzlich CIA-Direktor. Der Dritte Golfkrieg im Jahre 2003 wurde von der amerikanischen und britischen Regierung in der internationalen Öffentlichkeit als Präventiv-Krieg verkauft, mit dem Ziel, den Irakern Frieden, Sicherheit und Demokratie zu bringen.
In der Realität war das Handeln der „Koalition der Willigen“ nichts anderes als ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg mit dem Ziel, imperiale Interessen erbarmungslos durchzusetzen. Die involvierten Staaten scheuten vor keiner Lüge zurück. Der damalige US-Außenminister Colin Powell log vor dem UN-Sicherheitsrat über die Existenz von Massenvernichtungswaffen und versuchte sich anschließend zu rechtfertigen, indem er auf den damaligen CIA-Direktor George Tenet verwies. Im Vorfeld hatte der BND Informationen über angebliche Massenvernichtungswaffen an die CIA weitergegeben, die von Rafid Ahmed Alwan (Curveball), einem deutschen Ingenieur mit irakischen Wurzeln stammten. Rafid Ahmed Alwan behauptete fälschlicherweise gegenüber dem BND bei der Entwicklung dieser Massenvernichtungswaffen unter Saddam Hussein beteiligt gewesen zu sein. Der BND hegte Zweifel am Wahrheitsgehalt seiner Aussagen und teilte dies der CIA auch mit. Diese ignorierte den Hinweis bewusst und stellte die Informationen als „todsicheres“ Beweismaterial dar. Die Folgen dieses Verbrechens waren über eine halbe Million tote Iraker, ein vom Einsatz von DU-Munition radioaktiv verseuchtes Land und eine destabilisierte Region.
Wenn der Dritte Golfkrieg kein Kriegsverbrechen war, was dann?
Warum laufen George W. Bush, Donald Rumsfeld, Dick Cheney, Tony Blair und co. noch frei herum?
Die Antwort ist diesmal ganz einfach. Die USA und das Vereinigte Königreich stehen, wenn es um Krieg geht, über dem Gesetz und das Völkerstrafrecht kennt keine wirksame und unabhängige Durchsetzungsinstanz. Es ist natürlich nicht von der Hand zu weisen, dass die Durchsetzung des Völkerstrafrechts hauptsächlich von realpolitischen Erwägungen beeinflusst wird. Die Sieger bestimmen die Geschichte.
Völkerstrafrecht ist ein kompliziertes Rechtsgebiet und kann hier nur im Groben behandelt werden. Vielleicht ist es zunächst hilfreich, die juristischen Schwierigkeiten, die schon im deutschen Strafrecht und Strafprozessrecht vorliegen, zu erläutern.
Kommen wir zum deutschen Strafrecht und Völkerstrafrecht. Wo liegen und lagen Schwierigkeiten? Vor dem Erlass des Völkerstrafgesetzbuches, das im Jahre 2002 als Bundesgesetz in Kraft trat, gab es Probleme bei der Anwendbarkeit des deutschen Strafrechts. Zum einen gilt das deutsche Strafrecht vordergründig nur bei Taten, die im Inland begangen werden oder auf deutschen Schiffen und Luftfahrzeugen, die berechtigt sind, die Bundesflagge oder das Staatszugehörigkeitszeichen der Bundesrepublik Deutschland zu führen (siehe §§ 3ff. StGB). Das deutsche Strafrecht gilt außerdem gemäß § 5 StGB bei Auslandstaten mit besonderem Inlandsbezug und gemäß § 6 StGB für Auslandstaten gegen international geschützte Rechtsgüter und gemäß § 7 StGB bei Auslandstaten in anderen Fällen, die gegen einen Deutschen (es kommt auf die deutsche Staatsangehörigkeit an) begangen werden oder unter zusätzlichen Umständen, wenn der Täter zur Zeit der Tat Deutscher war oder geworden ist und die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist oder der Tatort keiner Strafgewalt unterliegt. Hier wird schnell erkennbar, dass das deutsche Strafrecht in der Regel nur auf die eigenen Bürger Anwendung findet (Personalitätsprinzip) oder auf Taten, die sich auf das staatliche Territorium erstrecken oder einen Bezug zum Inland aufweisen (Territorialprinzip). Dies ist nichts Außergewöhnliches,