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Der Tod der Freundschaft | Von Inga Sprünken


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Ein Standpunkt von Inga Sprünken.
Ein winziges Virus hat sich zwischen die Menschen gedrängt – und sie zu einem Leben auf Distanz verurteilt. Das halten nicht alle Beziehungen aus. Sie zerbrechen – egal ob es sich um Paar-, Freundschafts- oder Familienbeziehungen handelt. Denn der unterschiedliche Umgang mit der Corona-Krise und den in diesem Zusammenhang beschlossenen Maßnahmen spaltet alle.
Es gibt Vorsichtige und Ängstliche, Menschen, die auf die Corona-Maßnahmen entspannt oder auch aggressiv reagieren. Es gibt Corona-Leugner, Impfskeptiker, Maskenverweigerer oder Menschen, die auf die Einhaltung der Regeln pochen. Genau wie beim Autofahren halten die einen sich streng an die Regeln, weil sie sie für sinnvoll erachten und die anderen tun es nicht – oder testen sogar die Grenzen aus. So kam es auch zu Denunzierungen – selbst im eigenen Bonner Freundeskreis. 
Angst ist das Motiv der Freunde
Menschen, die Vertrauen in die Bundesregierung haben, halten die Maßnahmen zum Schutz der Bürger für gerechtfertigt. Andere sehen die Regeln kritisch und vertrauen auch nicht der öffentlich-rechtlichen Berichterstattung. Diese unterschiedlichen Sicht- und Umgehensweisen mit dem Virus und der Angst davor führt zu teilweise unüberbrückbaren Differenzen. Hinzu kommt der Streit um die Impfung.
Die einen wollen die Krise schnell bewältigen und sich und andere schützen. Sie ließen sich aus Solidarität und auch aus Bequemlichkeit impfen, als die Regierung dazu aufrief. Die, die sich nicht impfen ließen, wurden der Rücksichtslosigkeit beschuldigt. Dabei ist Angst vielfach auf beiden Seiten das Motiv: auf der einen Seite Angst vor dem Virus, auf anderen Seite Angst vor dem unerprobten Impfstoff und seinen Nebenwirkungen.


Eigene Entscheidung über seinen Körper.
Es ist eine Frage der Toleranz, ob Beziehungen solche Differenzen aushalten. Aber auch Loyalität spielt hier eine große Rolle. In seinem Buch über Freundschaften rät der Psychotherapeut Wolfgang Krüger, dass es sinnvoll ist, über Spannungen zu reden. Je nach Typ kann es aber auch Sinn machen, das Thema zu umgehen, um die Freundschaft nicht zu gefährden.
Missverständnisse, Unehrlichkeit, Konkurrenzdenken, Egoismus und mangelnde Unterstützung sind die Gifte, an denen Beziehungen zugrunde gehen. Vielfach bewirken Krisen zudem, dass Menschen die Ebene der Oberflächlichkeit und Leichtigkeit verlassen und ihr wahres Gesicht zeigen. Wenn man merkt, wie der andere wirklich tickt, ist man oftmals erschrocken. Denn Menschen suchen instinktiv die Nähe zu Gesinnungsgenossen. Eine Krise kann also eine Freundschaft sowohl stärken als auch zerstören. 
Vier enge Freunde 


Wer allein ist, lebt ungesünder. (Foto: Inga Sprünken)
Dem Heidelberger Sinus-Institut zufolge haben Menschen durchschnittlich etwa vier enge Freunde. Elf Menschen bilden den erweiterten Freundeskreis, 43 den Bekanntenkreis. Die österreichische Verhaltensbiologin Elisabeth Oberzaucher spricht sogar von einem „Zeitalter der Freunde“. Denn diese sind teilweise wichtiger, als die eigene Familie, die man sich bekanntlich nicht aussuchen kann.
Freundschaften indes geben sozialen Rückhalt. Gemeinsamkeiten stärken die Beziehungen. Menschen brauchen diese, denn sie sind soziale Wesen. Sie brauchen das Gefühl, vertrauen zu können und akzeptiert zu werden. Grundsätzlich ist, wer nicht allein ist, nachweislich seltener krank und seelisch gesünder. Das gilt für Partnerschaften wie für Freundschaften. 
Nach amerikanischen Studien hat man mit 25 Jahren die meisten Freunde. Ab diesem Alter verliert sich das langsam, weil es dann darum geht, eine Familie zu gründen und sich beruflich zu etablieren. Jedes neue Kapitel des Lebens bringt wiederum neue Bekanntschaften – im Schnitt alle sieben Jahre. Entwicklungsforscher fanden jedoch heraus, dass das soziale Gehirn nicht unbegrenzt viele Bindungen eingehen kann.
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