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Die Brandmauern der CDU | Von Ralf Rosmiarek


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Ein Standpunkt von Ralf Rosmiarek.
Die Deutschen mauern wieder. Mehr als 30 Jahre nach dem Mauerfall werden allenthalben „Brandmauern“ aufgerichtet. Besonders von den Unionsparteien, die das Gespenst einer vielerorts naheliegenden Zusammenarbeit mit der erstarkten AfD durch eine Rhetorik des Ausschließens zu vertreiben suchen. Da niemand mehr weiß, wofür die CDU eigentlich steht, soll wenigstens klar sein, wogegen sie ist: gegen die AfD. Auch eine Zusammenarbeit mit der Linken kommt nicht infrage, denn man möchte ja nicht den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Vergessen wird dabei, dass diese Parteien viele Sorgen und Themen der Bürger aufgreifen, die sich durch die Politik von Merz & Co. geradezu im Stich gelassen fühlen. Anstatt sich zu ändern und den Bedürfnissen des Volkes entgegenzukommen, verschanzt sich die Unionsführung in einer Wagenburg der Wohlanständigkeit — zusammen mit den Ampelparteien. So könnte sie auch nicht ihren schmalen Vorsprung in den Wählerumfragen verspielen.
Nun war sie nie groß, die Freude —, außer vielleicht an diesem seltsamen Tag, als der Genosse Günther Schabowski, frisch ernannter Sekretär für Informationswesen beim Zentralkomitee der SED, ins Mikrofon stotterte:
„Äh, haben wir uns dazu entschlossen, heute, äh, eine Regelung zu treffen, die es jedem Bürger der DDR möglich macht, äh, über Grenzübergangspunkte der DDR auszureisen. Ministerrat hat beschlossen, dass bis zum Inkrafttreten einer entsprechenden gesetzlichen Regelung durch die Volkskammer diese Übergangsregelung in Kraft gesetzt wird. – Gilt das auch für Berlin-West? Doch, doch. Ständige Ausreise. Alle Grenzübergangsstellen der DDR zur BRD beziehungsweise Berlin-West erfolgen.“ — und die Mauer zusammenbrach.
Wenige Stunden brauchte es; noch am Abend dieses 9. November 1989 wurde die Mauermonstrosität zur deutschen Komödie: „Also Genossen, mir ist det hier also mitgeteilt worden (...) Das tritt — nach meiner Kenntnis — ist das sofort, unverzüglich.“ Doch: „Keine nationale Euphorie“, konstatierte Cora Stephan dann schon bald in der Nachbetrachtung, „kein entgrenzter Taumel, kein Gefühl der Beglücktheit“. Auch keine „deutsch-deutschen Aufmärsche, keine Demos an der Oder-Neiße-Linie“ waren verortbar. Etwas „klammes Kirchengeläut“ damals hie und da — „Deutschland einig Vaterland“ war keine Option in diesen Tagen. Zwei Wochen nur nach dem 9. November wird der Kanzlerkandidat der SPD, Oskar Lafontaine, bekennen:


„Die Frage der Wiedervereinigung ist für uns beantwortet (...) Der Nationalstaat alter Prägung verliert mehr und mehr an Bedeutung.“

Es sei überdies erinnert: Um der damaligen Ausreisewelle zu begegnen, diskutierten die Genossen sogar darüber, unter Umständen das Staatsbürgerschaftsrecht zu verändern, „um so den Zugriff der in die Bundesrepublik kommenden DDR-Bürger auf die westdeutschen Sozialleistungen zu verhindern“. Rund 200.000 Bürger des Arbeiter-und-Bauern-Staates zog es kurz vor dem Fall der Mauer in die andere deutsche Republik. Inzwischen werden die „Sozialleistungen“ millionenfach von „uns geschenkten Menschen“ in Anspruch genommen. Von Angst, „alten Ängsten“, war damals viel zu vernehmen aus Moskau und von den europäischen Nachbarn. Niemand solle „Emotionen und Leidenschaften anheizen“, signalisierte Michail Gorbatschow, könne aus ihnen sonst „eine chaotische Situation entstehen, deren Folgen unübersehbar wären“.
Unwirsch heißt es zudem aus dem Kreml: „Die Deutschen sollten sich daran erinnern, wohin in der Vergangenheit schon einmal eine Politik ohne Sinn und Verstand geführt hat.“ So wusste denn die Bundestagsabgeordnete der Grünen Antje Vollmer ohnehin, alle Rede von der Wiedervereinigung sei „historisch überholter denn je“. Allein die Unionsparteien hielten am Ziel der Wiedervereinigung fest, Uneinigkeit bestand nur zwischen den Milieus innerhalb der Partei, ob die Wiederherstellung der Grenzen von 1937 das Ziel sein sollte oder man sich m...
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