Ein Kommentar von Uwe G. Kranz.
Man mag ihn mögen oder nicht, doch mit dem Zitat der Überschrift dieses Beitrages hat sich der ungarische Ministerpräsident Victor Orban jedenfalls glasklar zum Thema “Kailigate“ (auch „Qatargate“ genannt) positioniert und zugleich einen Punktgewinn im Kampf der EU-Kommission gegen Ungarn um Subventionen in Höhe von 7,5 Milliarden Euro eingefahren. Fast gleichzeitig nämlich, während die EU-Kommission Ungarn die Subventionen wegen „Verletzungen der Grundrechte und Rechtsunsicherheiten“, namentlich unzureichender Korruptionsbekämpfung mit qualifizierter Mehrheit strich, stiegen belgischen Ermittler in ein Korruptionsgefüge an der Spitze des Europäischen Parlaments ein, das in der Folge das Zeug zu einem wahren Politthriller entwickelte. Man sollte sich die Filmrechte sichern.
Während die hohen Hüter der politischen EU-Moral sich besorgt zeigten, dass nicht garantiert sei, dass ihre Fördermittel aus dem Kohäsionsfonds von Ungarn „rechtsstaatlich konform“ verwendet würden, trieb es die griechische Vizepräsidentin des EU-Parlaments (EP), die 44-jährige Politikerin Eva Kaili, derart doll mit der Annahme von Korruptionsmitteln, organisierter Geldwäsche und der damit einhergehenden politischen Einflussnahme zugunsten bestechender Nicht-EU-Staaten, dass die belgischen Strafverfolgungsbehörden einschreiten mussten. Gefestigten Gerüchten zufolge soll es sich um die MENA-Staaten (englische Abkürzung für „Middle East & North Africa”) Katar und Marokko handeln.
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Qatargate
Mehr doppelbödige EU-Moral geht kaum. Die inzwischen teilgeständige 14. Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments (wofür, zur Hölle, braucht man eigentlich 14 Stellvertreter?), wurde auf frischer Tat betroffen und konnte daher ohne Rücksicht auf ihre Immunität verhaftet werden. Sie soll gemeinsam mit dem ebenfalls inhaftierten Pier Antonio Panzeri, einem ehemaligen EP-Abgeordneten, ein veritables hochprofitables, organisiertes kriminelles Netzwerk angeführt haben, in dem auch diverse Personen ihres sozialen und vor allem beruflichen Umfeldes eingesponnen waren: Panzeris Ehefrau wurde in Italien verhaftet und inzwischen nach Belgien abgeschoben; Kailis Vater versuchte in ihrem Auftrag, Koffer voller Bargeld aus ihrer Wohnung zu holen und einem Brüsseler Hotel zu verstecken, ließ aber immer noch „Säcke mit Bargeld“ in Höhe von über 150.000 Euro in ihrer Wohnung zurück.
Insgesamt sollen die Ermittlungsbehörden fast 1,5 Millionen Euro eingefroren haben. Der Lebensgefährte des glamourösen Politstars, Francesco Georgi, Assistent eines bislang ungenannten EP-Parlamentariers und Spezialisten für Menschenrechts- und Korruptionsfragen (ein Treppenwitz dieser Geschichte!), gestand inzwischen seine Beteiligung in der kriminellen Organisation (er nannte sich selbst „Bargeldverwalter“; wer war der „Vermögensverwalter“?); auch Niccolò Figà-Talamanca, der Direktor der NGO „No Peace without Justice”, geriet in Untersuchungshaft; bei dem verdächtigen EP-Abgeordneten Marc Tabarella wurden Durchsuchungen durchgeführt (dieser ist, Ei der Daus!, stellvertretender Vorsitzender der EP-Delegation für die Beziehungen zur arabischen Halbinsel); das MEP Andrea Gazzolino wird verdächtigt, durch Geldannahme käuflich gewesen zu sein; der Chef des Internationalen Gewerkschaftsbundes (ITUC), Luca Visentini wurde wegen möglicher Verwicklungen vorläufig bis zum Frühjahr 2023 suspendiert, weil er eine 50.000 Euro-„Spende“ von der NGO „Kampf gegen Straffreiheit“ („Fight Impunity”) erhalten habe soll.
Lukrative Ehrenämter
Im Ehrenvorstand dieses von Panzeri gegründeten Nobelvereins sitzen hochrangige frühere Mitarbeit...