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Die Kaltschnäuzigen | Von Susan Bonath


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Ein Kommentar von Susan Bonath.


Hinweis zum Beitrag: Der vorliegende Text erschien zuerst im „Rubikon – Magazin für die kritische Masse“, in dessen Beirat unter anderem Daniele Ganser und Hans-Joachim Maaz aktiv sind. Da die Veröffentlichung unter freier Lizenz (Creative Commons) erfolgte, übernimmt apolut diesen Text in der Zweitverwertung und weist explizit darauf hin, dass auch der Rubikon auf Spenden angewiesen ist und Unterstützung braucht. Wir brauchen viele alternative Medien!

Die Sozialbehörden lassen Bedürftige auf den hohen Heizkosten sitzen.




Keiner solle frieren: Mit diesem Versprechen sicherte die Bundesregierung Bedürftigen die Übernahme ihrer gestiegenen Heizkostenabschläge mittels Bürgergeld und Sozialhilfe zu. Manch ein Jobcenter sieht das anders und kürzt den Menschen munter die Hilfen. Die mit kommunaler Sparvorgabe erzeugte Existenznot sollen private Tafeln ausgleichen. Doch die sind selbst am Limit.





Die längst auf Vorkriegsniveau gesunkenen Gaspreise an der europäischen Börse und die „Energiepreisbremsen“ sind bei vielen Mietern in Deutschland noch nicht angekommen. Vor allem arme Menschen leiden weiter unter hohen Abschlägen für Heizung und Warmwasser. Wie viel sie abdrücken sollen, liegt am Versorgungsunternehmen, nicht an ihnen.
Laut politischem und medialem Tenor sollen Sozialämter und Jobcenter Bedürftige nicht auf diesen Kosten sitzen lassen. Doch vielerorts passiert das Gegenteil: Behörden verweigern unter Berufung auf undurchsichtige Berechnungen, schwammige Kann-Regelungen oder alte Richtlinien die Übernahme der Heizkostenabschläge ― und treiben Menschen in teils dramatische Existenznot.
Wucherabschläge
Das belegen zahlreiche Fälle aus ganz Deutschland, die der Autorin vorliegen, zum Beispiel aus Magdeburg. Dort erhöhte ein Fernwärmeversorger im vergangenen Herbst die Abschläge teils exorbitant um das Vier- bis Fünffache. In einem Fall zum Beispiel soll ein Alleinstehender, der seinen Namen nicht öffentlich lesen will, seit November 2022 statt wie bis dahin knapp 80 nunmehr gut 350 Euro pro Monat zahlen. Und das ist nicht der einzige Fall dieser Art aus Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt.
Allerdings: Für die Anhebung der Heizkostenabschläge können die Betroffenen freilich nichts. Die besonders drastische Teuerung in Magdeburg hat offenbar der Energieversorger Getec zu verantworten. Der Konzern betreibt in Magdeburg ein Biomasseheizkraftwerk und beliefert von dort Mietwohnungen innerhalb und außerhalb der Stadt mit „grüner“ Fernwärme <1>.
In Potsdam etwa sorgte Getec mit einer Vervielfachung der Abschläge im Herbst 2022 für Unmut <2>. Ähnliches praktizierte das europaweit agierende Unternehmen auch in Lübeck <3>. Dort wehrten sich jeweils Vermieter als direkte Kunden des Konzerns gegen dessen Preiswucher. In Magdeburg passierte dies jedenfalls nicht medienwirksam, und falls intern, dann offensichtlich erfolglos.
Kürzung nicht einmal angekündigt
Nach anfänglicher Übernahme der Teuerung geht das Magdeburger Jobcenter <4> ― wie bundesweit noch weitere Behörden ― seit Januar 2023 nun dazu über, die Übernahme dieser Abschläge nach Weiterbilligungsanträgen zu verweigern. Dem Alleinstehen gesteht es beispielsweise noch e...
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