Viele Opfer, keine Täter?

E2 – Kontext: Wie Taiwan zur Diktatur wurde


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Im Jahr 1949 herrschte in der Führungsriege der Partei Kuomintang (KMT) vermutlich Panik. Auf dem chinesischen Festland war die Partei unter ihrem Anführer Chiang Kai-shek im Begriff, den Bürgerkrieg gegen die Kommunistische Partei unter Mao Zedong zu verlieren. Scheinbar die letzte Rettung: Vielleicht könnte sich die Staatsführung der Republik China nach Taiwan absetzen, dort neue Kräfte sammeln und die Rückeroberung des Festlandes angehen.

Doch wer konnte garantieren, dass sich die KMT wenigstens auf Taiwan an der Macht halten würde? Auf der Insel hatte die KMT erst mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Herrschaft von der japanischen Kolonialmacht übernommen. Viele Inselbewohner schienen der Regierung verdächtig. Nicht zuletzt, weil es erst im Jahr 1947 auf Taiwan einen großen Volksaufstand gegeben hatte, der nur mit Gewalt niedergeschlagen werden konnte.

Auf Gewalt besann sich das Regime um Chiang Kai-shek auch nun. Es setzte die Verfassung aus und etablierte das Kriegsrecht. Parteigründungen wurden verboten, die Meinungsfreiheit unterdrückt. Erst vierzig Jahre später sollte sich Taiwan unter dem Druck der Straße von der Diktatur zur Demokratie wandeln.

In dieser Folge berichten Christina Sadeler und Tobias Sauer im Gespräch mit Carola Dorner:

- Warum Taiwan erst im 17. Jahrhundert erstmals von Chinesen regiert wurde und wer zuvor auf der Insel lebte

- Wie Taiwan zur japanischen Kolonie wurde und warum das die Insel weiterhin prägt

- Wie Chiang Kai-shek und die KMT die Herrschaft übernahmen und wie sie ihre jahrzehntelange Diktatur etablierten

- Wie die Demokratiebewegung erstarkte und sich Taiwan schrittweise zu einer stabilen Demokratie entwickelte 

- Warum die Vergangenheitsaufarbeitung nicht sofort mit der Demokratisierung Fahrt aufnahm

Die Interviewpartner dieser Folge:

- Cheng Chu-mei, Tochter des Journalisten Nylon Cheng, der für Meinungsfreiheit kämpfte und sich aus Protest gegen die Erstürmung der von ihm geleiteten Redaktion das Leben nahm; Leiterin der Nylon Cheng Liberty Foundation and Memorial Museum

- Hsueh Hua-Yuan, Historiker und Direktor der 228 Memorial Foundation

- Ondine Shiau, Vorsitzende der Tsai Jui-Yueh Culture Foundation und Expertin für die taiwanische Tänzerin Tsai, die ebenfalls Opfer der Diktatur wurde

- Fan Yun, Abgeordnete der DPP im Legislativ Yuan, die als Studentin massiv überwacht wurde

Weiterführende Informationen:

- Klaus Bardenhagen 2024: Die wichtigste Insel der Welt: Was Sie wissen müssen, um Taiwan zu verstehen. Freiburg: Herder.

- David Demes/Frédéric Krumbein 2024: Taiwan: Asiens erstaunliche Demokratie. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.

- Gunter Schubert 2024: Kleine Geschichte Taiwans. München: C.H.Beck.

- Stephan Thome 2024: Schmales Gewässer, gefährliche Strömung: über den Konflikt in der Taiwanstraße. Berlin: Suhrkamp.

- Dokumentarfilm des National Human Rights Museums in Taiwan “Menschenrechte: Ein beschwerlicher Weg”

Herzlichen Dank für die eigens komponierte Musik bei ⁠⁠Baldwin Giang⁠⁠ und für das Logo bei ⁠⁠2byWu&Chen⁠⁠! Die Recherchereise von Christina Sadeler nach Taiwan wurde unterstützt durch das ⁠⁠Taiwan Fellowship Programm⁠⁠ des taiwanischen Außenministeriums. Die Recherchereise von Tobias Sauer wurde ermöglicht durch das Deutsch-Asiatische Programm der ⁠⁠Internationalen Journalisten-Programme⁠⁠. “Viele Opfer, keine Täter” wurde finanziell unterstützt von der ⁠⁠Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur⁠⁠. Vielen Dank vor allem bei allen Gesprächspartnern vor Ort in Taiwan! Eine Produktion von ⁠⁠Über Geschichte⁠⁠.

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Viele Opfer, keine Täter?By Carola Dorner, Über Geschichte