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Erdbebenhilfe für Syrien und die Türkei: Doppelte Standards der westlichen Wohltätigkeit | Von Ilona Pfeffer


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Während die EU, die USA und selbst Staaten wie Erzrivale Griechenland angesichts der Erdbebenkatastrophe ihre politischen Bedenken gegenüber der Türkei beiseite legen konnten und schnell in großem Umfang Hilfe schickten, sieht es bei dem ebenfalls schwer von dem Erdbeben getroffenen Nachbarland Syrien anders aus. Auch die Narrative, die von Politikern und Presse über die Katastrophe verbreitet werden, unterscheiden sich im Westen und Osten teilweise erheblich voneinander.
Ein Standpunkt von Ilona Pfeffer.
Seit vor über einer Woche ein Erdbeben der Stärke 7,7 und ein Nachbeben der Stärke 7,6 das türkisch-syrische Grenzgebiet erschüttert hatten, reißen die Schreckensmeldungen aus der Region nicht ab. Die Zahl der Todesopfer ist inzwischen auf über 40.000 gestiegen, die Vereinten Nationen befürchten, dass sie noch die 50.000 erreichen wird. Auf der anderen Seite werden Berichte über die wundersamen Rettungen von Verschütteten, die tagelang bei Eiseskälte unter den Trümmern ausgeharrt hatten, immer seltener. Mit jedem Tag, der vergeht, schwindet die Hoffnung, Überlebende zu finden. Diejenigen aber, die gerettet werden konnten, müssen nun bestmöglich versorgt werden. Tausende sind verletzt, Tausende ohne Dach über dem Kopf geblieben. Klar ist: Diese Menschen brauchen Hilfe, und zwar weit mehr, als ihre Heimatländer allein aufbringen können. Es ist eine der Situationen, in denen die Weltgemeinschaft zusammenrücken und helfen muss, ohne auf etwaige politischen Meinungsverschiedenheiten oder geostrategische Interessen zu achten, selbst wenn die betroffenen Länder Türkei und Syrien und ihre Staatschefs Erdogan und Assad heißen.
Im Fall der Türkei ist dieses Wunder geschehen. Am Tag des Erdbebens twitterte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): „Mit Bestürzung verfolgen wir die Nachrichten vom Erdbeben in der türkisch-syrischen Grenzregion. Die Zahl der Todesopfer steigt immer weiter. Wir trauern mit den Angehörigen und bangen mit den Verschütteten. Deutschland wird selbstverständlich Hilfe schicken.“ Die Hilfe an die Türkei erfolgte dann auch prompt und in großem Umfang. Wie der Seite der Bundesregierung zu entnehmen ist, sind bisher Güter im Wert von 6,9 Millionen Euro für die türkischen Erdbebengebiete zur Verfügung gestellt worden. Bis Sonntag waren deutsche Such- und Rettungsteams, unter anderem vom Technischen Hilfswerk (THW), der Duisburger Hilfsorganisation I.S.A.R. und der Bundespolizei in den türkischen Erdbebengebieten im Einsatz. Die bereits angelaufenen Hilfsleistungen seien nur der Anfang, heißt es auf der Internetseite der Bundesregierung. THW und Bundeswehr würden weiterhin Hilfsgüter in die betroffenen Gebiete transportieren. Verteidigungsminister Boris Pistorius betonte bei einem gemeinsamen Besuch mit der Bundesinnenministerin am Fliegerhorst Wunstorf:


„Wir fliegen so lange wie nötig und so lange Material geliefert werden kann.“ 1)

Die EU hatte bereits einen Tag nach dem Erdbeben mehr als 1200 Rettungskräfte und 80 Spürhunde in die Türkei entsandt. Insgesamt waren 30 Rettungsteams aus 21 Mitgliedsstaaten im Einsatz. Die USA wollen Syrien und die Türkei mit umgerechnet 79 Millionen Euro unterstützen. Zahlreiche andere Länder haben ebenfalls schnell und unbürokratisch geholfen, selbst Schweden, das wegen des NATO-Beitrittspokers mit der Türkei im Clinch liegt, hat rund 3,2 Millionen Euro locker gemacht.2) Auch Griechenland und Armenien, mit denen die Türkei äußerst schwierige Beziehungen hat, haben Hilfe entsandt.
Nach dem Motto „Tu Gutes und rede darüber“ prägten hierzulande Solidaritätsbekundungen, Aufrufe zur Hilfe in Zeiten der Not und Berichte über den unermüdlichen Einsatz der eigenen Rettungskräfte in der Türkei die politischen Einlassungen und Presseberichte der letzten Woche. Dass die Sachspenden teilweise in einem schlechten Zustand waren, konnte man hingegen nur ausländischen Berichten entnehmen. So ist beispielsweise in den vergangenen Tagen vers...
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