Das humanpathogene Bakterium H. pylori persistiert im Gastroduodenaltrakt für Jahre oder
sogar Jahrzehnte und löst durch die Kolonisation der Magenmukosa eine chronische
Entzündungsreaktion aus. In den meisten Fällen bleibt diese symptomlos, es können jedoch
auch schwerwiegende Erkrankungen wie ein Magen- oder Zwölffingerdarm-Geschwür oder
Magenkrebs daraus hervorgehen. Obwohl die Infektion eine starke zelluläre und humorale
Immunantwort hervorruft, kann H. pylori durch das Immunsystem nicht eliminiert werden. In
dieser Arbeit wurde der Einfluss von H. pylori auf die Proliferation und Aktivierung von CD4+
T-Zellen untersucht. Dabei zeigte sich, dass H. pylori zwei Faktoren besitzt, um die
Expansion der T-Zellen zu hemmen. Der eine, nicht näher charakterisierte Faktor scheint mit
der Oberfläche der Bakterien assoziiert zu sein und inhibiert die Proliferation der T-Zellen bei
direktem Kontakt der Bakterien mit den Zellen. Der zweite Faktor wurde als vakuolisierendes
Zytotoxin VacA identifiziert, das, wie bisher bekannt war, in Epithelzellen die Bildung saurer
Vakuolen auslöst. T-Zellen produzieren, wenn sie aktiviert werden, den Wachstumsfaktor IL-
2, beginnen sich zu vermehren und setzen eine Immunreaktion gegen das Pathogen in
Gang. Das VacA-Toxin hemmt jedoch die Bildung von IL-2 und bewirkt eine Hemmung des
Zellzyklus bei T-Zellen, indem es die Expression der Cycline D3 und E reprimiert. Diese sind
essentiell für die Aktivierung des Retinoblastom-Proteins, das den Übergang des Zellzyklus
von der G1- in die S-Phase vermittelt. Durch die Hemmung der IL-2-Produktion und die
Erniedrigung der Oberflächenlokalisation von CD25, der -Kette des IL-2-Rezeptors,
unterbricht VacA die Signaltransduktion, die normalerweise über den IL-2-Rezeptor zur
Expression der Cycline führt. Die Hemmung der IL-2-Produktion durch VacA erfolgt auf
transkriptioneller Ebene, indem die Aktivierung des Transkriptionsfaktors NFAT (Nuclear
Factor of Activated T cells) verhindert wird. Die anderen für die Transkription des IL-2-Gens
essentiellen Transkriptionsfaktoren AP-1 und NF-B werden durch VacA nicht beeinflusst.
Die Stimulation der T-Zellen aktiviert zwei Haupt-Signalwege: einer führt über den MAPKinase
/ ERK-Kinase Weg zur Aktivierung von AP-1 und NF-B, der andere löst eine
Erhöhung der Calcium-Konzentration im Zytoplasma aus, was die Ca2+-abhängige
Phosphatase Calcineurin aktiviert. Calcineurin dephosphoryliert daraufhin den
Transkriptionsfaktor NFAT und NFAT wird in den Zellkern transportiert, wo es zusammen mit
AP-1 und NF-B die Transkription des IL-2-Gens initiiert. Es konnte gezeigt werden, dass
VacA die Translokation von NFAT in den Kern durch Hemmung der Phosphatase-Aktivität
von Calcineurin verhindert. Dies hat zur Folge, dass NFAT-abhängige Gene, wie das IL-2-
Gen oder das für CD25 codierende Gen, nicht abgelesen werden können. Dass Calcineurin
ein geeignetes Zielmolekül ist, um eine Immunantwort zu unterdrücken, zeigen auch die
medizinisch bedeutsamen Substanzen FK506 (Tacrolimus) und Cyclosporin A. Beide
V Zusammenfassung
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Substanzen verursachen durch Hemmung von Calcineurin eine starke Immunsuppression. In
DNA-Microarray-Analysen wurde untersucht, ob VacA einen ähnlich drastischen Effekt auf
die Funktion der T-Zellen hat wie FK506. Dabei zeigte der Vergleich der Genexpression von
VacA- und FK506-behandelten T-Zellen, dass VacA eine Untergruppe der Gene, die auch
von FK506 reprimiert werden, herunterreguliert, wie z.B. die Gene für die Zytokine
Macrophage Inflammatory Protein (MIP)-1, MIP-1, Single C Motif-1 (SCM-1) und SCM-
1. VacA scheint also die Genaktivität von T-Zellen ähnlich wie FK506 zu modulieren, was
auf einen ähnlichen Mechanismus, nämlich die Calcineurin-Hemmung schließen lässt. Da
das VacA-Toxin ein sekretiertes Protein ist, das auch in den tieferen Schichten des
Magengewebes nachgewiesen werden kann, erreicht H. pylori nicht nur die vereinzelt im
Magenepithel vorkommenden T-Zellen, sondern auch die T-Zellen, die bei der Infek