... aber nicht mit einem lauten Knall sondern als schleichender Prozess.
Ein Standpunkt von Peter Frey.
Man kann den Faschismus gut von einem systemischen Ansatz aus erklären. Die Fasces, das Rutenbündel symbolisiert die Zusammenballung von Macht in immer weniger Händen, was logischerweise einhergeht mit der Auflösung von Balancen. Am Gipfel des Prozesses der Faschisierung angekommen, fällt selbiger wieder auseinander, einfach weil seine Methoden — ungeachtet aller Rücksichtslosigkeit und Brutalität mit denen diese betrieben werden — letztlich selbst das System zerstören, das sie aufbauten. Was bei solch einer Betrachtung aber untergeht, ist die Sicht auf den latenten Faschismus in uns selbst, einen Wesenszug der unter passenden Umständen geweckt werden kann, und der unabdingbar für den zeitweiligen Siegeszug des systemischen Faschismus ist. Sind wir uns dessen bewusst?
Dem Schriftsteller Ignazio Silone wird das folgende Zitat zugeschrieben:
"Der neue Faschismus wird nicht sagen: Ich bin der Faschismus. Er wird sagen: Ich bin der Antifaschismus." (1)
Dieses Zitat kam mir in den Sinn, als ich Kenntnis von einer beklemmenden Episode erhielt.
Eine sympathisierende Bekannte in der hiesigen Friedensbewegung hatte die Dreistigkeit besessen, ihr Tuch nicht vollständig über Mund und Nase zu ziehen, als sie sich entschloss, einen Dresdner IKEA-Laden zu besuchen. Dies führte zur Bekanntschaft mit dem Angestellten eines privaten Sicherheitsdienstes. Der Mann hatte ironischerweise Statur und Frisur, wie sie als bedrohliches Motiv gern von öffentlich-rechtlichen Medien genutzt wird, wenn diese die Gefahr des Rechtsextremismus beschwören (2).
Im Stile eines militärischen Vorgesetzten befahl er der Dame, die Maske vollständig hochzuziehen. Die Umsetzung empfand er als mangelhaft und kurzerhand führte er die zunehmend eingeschüchterte Frau vor die Ladentür. Das wirklich Erschütternde aber war dann dies; zum Abschluss belehrte er die Unbotmäßige:
"Nur Nazis setzen keine Maske auf."
So etwas, Aufruf zum Mord an den "Schmutzigen", an den "Faschisten" wird in "Sozialen Netzwerken" nicht so schnell gelöscht (b1):
Sehen Sie, liebe Leser, da ist er, der Faschismus des Alltags, der Faschismus im Kopf, aktiv ausgelebt, aber sprachlich als "guter", als verpflichtender Antifaschismus deklariert. Machen wir uns nichts vor: Wir sind bereits mittendrin in der Faschisierung des alltäglichen Lebens, und es ist völlig klar, dass dies die unbedingte Voraussetzung für die schleichende Einführung der systemischen Strukturen des Faschismus ist. Wir können das spüren, jeder von uns. Wir führen Befehle aus, weil wir unsere Ruhe haben wollen, und zunehmend treffen wir auf Menschen, die übergriffig werden, die Befehle erteilen, sich anmaßen, die sich machtbewusst verhalten.
Das Motto "Wehret den Anfängen", es greift nicht mehr. Dafür ist es bereits zu spät.
Meine inzwischen hochbetagte Mutter hat noch das Grauen des Zweiten Weltkrieges erlebt. Sie bezieht all ihre politischen Informationen aus den Massenmedien. Der regelmäßige Besuch bei ihr ist von politischen Themen lediglich dann geprägt, wenn sie dazu meine Meinung sucht — oder auch einfach nur ein Ventil, um das eigene Unbehagen loszuwerden. Sie überraschte mich vor Tagen mit der Preisgabe bestimmter Ängste; aber nicht etwa vor dem Coronavirus — wie man vielleicht vorschnell annehmen könnte — sondern der Wiederkehr eines totalitären, faschistisch geprägten Staatswesens.
Das hat mich tief beeindruckt. Umso mehr, als sie mir sagte, dass es die Art und Weise der politischen Berichterstattung in den Medien wäre, was ihre Ängste begründete. Das kann uns zwei Dinge lehren: Zum Einen ist die Berichterstattung der Massenmedien mittlerweile auf einen Grad von offensichtlicher Desinformation und Manipulation angestiegen, dass dies selbst dem "normalen" Medienkonsumenten auff...