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Finanzbeben in Silicon Valley | Von Christian Kreiß


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Ein Standpunkt von Christian Kreiß.
Zwangsschließung der Silicon Valley Bank
Am 10.3.2023 wurde durch die US-Finanzaufsichtsbehörde Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) die Silicon Valley Bank, die 16.-größte US-Bank, geschlossen und alle Vermögenswerte unter sofortige Zwangsverwaltung gestellt. Es ist die zweitgrößte Bankeninsolvenz der US-Geschichte.(1)
Was war geschehen?
Die Tage zuvor hatte es einen klassischen bank-run gegeben. Immer mehr Einlage-Kunden bekamen Sorge, dass sie ihre Guthaben bei der Bank nicht zurückbekommen könnten und haben in wachsendem Umfang ihre Gelder abgezogen. Daraufhin drohte der Silicon Valley Bank tatsächlich, das Geld auszugehen und die US-Aufsichtsbehörde FDIC schritt ein, schloss innerhalb weniger Stunden alle Bankschalter und fror mit sofortiger Wirkung alle Bankbewegungen ein. Eine Bankzwangsschließung an einem normalen Werktag ist eine extrem ungewöhnliche Behördenmaßnahme.
Wie konnte es dazu kommen?
Die Silicon Valley Bank gilt als eine Art Finanz-Urgestein für die High-Tech-Szene in Silicon Valley. Sie übernimmt Finanztransaktionen, nimmt Einlagen und finanziert seit 40 Jahren in zuletzt 17 Filialen schwerpunktmäßig junge, dynamische high-tech-Unternehmen in Kalifornien.(2) Per 31.12.2022 betrug die Bilanzsumme 209 Milliarden, das Eigenkapital 16,3 Milliarden US-Dollar. Das Problem: Vor allem in 2021 hatte die Bank wegen der sehr guten wirtschaftlichen Entwicklung vieler Unternehmen im Silicon Valley sehr viele Kundeneinlagen bekommen, d.h. viele Unternehmen haben ihre üppig fließenden Gelder bei der Bank deponiert. Die Kundeneinlagen wuchsen 2021 um 86 Prozent. Einen großen Teil der Mittelzuflüsse legte die SVB in US-Staatsanleihen an, deren Zinsen 2021 recht niedrig waren. US-Staatsanleihen mit 10-jähriger Laufzeit hatten 2021 eine Verzinsung von etwa 1,5 Prozent pro Jahr.(3)
Als die US-Notenbank FED Mitte März 2022 wegen zunehmender Inflationssorgen begann, die Zinsen anzuheben und die Geldmenge nicht weiter über Anleihekäufe zu erhöhen(4), stiegen auch die Zinsen der 10-jährigen US-Staatsanleihen auf knapp vier Prozent Ende 2022 sowie Anfang März 2023. Dieser in historischer Perspektive ungewöhnlich starke Zinsanstieg in ungewöhnlich kurzer Zeit führte zu stark sinkenden Anleihepreisen. Beispielsweise sank eine US-Staatsanleihe mit einer Restlaufzeit von 21 Jahren zwischen März 2022 und März 2023 von 115 auf 85 Dollar.(5) Das heißt: Ein Anleger, der im März 2022 diese US-Staatsanleihe für 115 Dollar gekauft hat, sah innerhalb eines Jahres den Wert seines Depots um 24 Prozent schrumpfen. Genau so etwas passierte der Silicon Valley Bank.
Die Schieflage war seit langem abzusehen
Laut Wall Street Journal(6) beliefen sich die unrealisierten Verluste auf Anleihen, die die Silicon Valley Bank in der Bilanz per 31.12.2022 auswies, auf 17,6 Milliarden Dollar und waren damit höher als das gesamte Eigenkapital von 16,3 Milliarden Dollar. Rein rechnerisch wäre die Bank also bereits zum Jahresende 2022 bankrott gewesen, wenn sie damals alle Anleihen hätte verkaufen müssen.
Die Schieflage der Silicon Valley Bank war seit langem abzusehen. So schreibt das Wall Street Journal:


„Manchmal werden Investoren von Verlusten überrascht, auch wenn das Problem sich langsam aufgebaut hat und seit langem für jeden voll einsehbar war. Bei SVB hatten sich die unrealisierten Gewinne das ganze vergangene Jahr über aufgebaut und waren für jeden sichtbar,
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