Christian Koke vom MSV Duisburg im Interview
Übersetzung Interview Fred Armstrong
Wir heißen unseren neuen Offensive Coordinator Fred Armstrong ganz herzlich willkommen. Wie geht’s dir?
Mir geht’s großartig. Und dir, Eiko ?
Mir geht’s auch super, nach einem perfekten Wochenende. Coach, du bist jetzt seit 72 Stunden beim Team. Du bist aus Wien eingeflogen, hast das Team zurück nach Wien geführt, die Vikings geschlagen – und jetzt beginnt deine erste Game Week. Wie großartig waren die letzten Tage für dich?
Oh, es war stark. Die Möglichkeit, mit Coach Kent zu arbeiten, ist fantastisch.
Wir sind Freunde, wir haben schon zusammen gecoacht, als ich in Leipzig war. Dass ich jetzt die Gelegenheit bekomme, mich ihm hier beim Champion anzuschließen, ist einfach unglaublich. Es war eine interessante Woche – Max hat sich bei mir gemeldet – und was ich wirklich zu schätzen weiß, ist, dass sie sich auch mit den Dragons und dem Präsidenten in Wien abgesprochen haben. Es lief alles sehr professionell, und das hat mir viel bedeutet
So war der Übergang reibungslos, und du kannst bei deinem alten Team den Dragons in Wien vorbeischauen.
Das freut uns zu hören. Was ist dein erster Eindruck vom Team, von der Organisation hier und von den Trainingsanlagen in Duisburg?
Zuerst einmal – die Anlage ist unglaublich. Einfach perfekt.
Genau das sollte ein Europameister haben. Das Personal und die Leute, die hier alles organisieren und sich kümmern, machen einen großartigen Job. Die Spieler – das sind Champions. Und ich weiß, dass es etwas holprig war, aber ich komme selbst von einem Champion-Team. Und ich habe ihnen gleich gesagt: Jeder will uns schlagen. Jeder.
Das ist also dein Ansatz: Ins Team hineinkommen, die Spieler kennenlernen, ihnen ein gutes Gefühl geben und ihr Selbstvertrauen stärken?
Ja, als ihr Offensivchef ist es mein Job, das Ganze zu koordinieren.
Ich arbeite super mit Rohat und Timur zusammen, sie helfen mir sehr bei der Spielvorbereitung und bringen mich auf den aktuellen Stand. Mit der Trainerlegende Erol Seval, unserem O-Line-Coach, und auch mit Thorsten Estermann zu arbeiten, ist toll. Ich bin wirklich gesegnet, in dieser Position zu sein.
Du übernimmst also die Arbeit von Mario, Erol und Rohat aus den letzten Wochen und sagst nicht einfach: „Jetzt kommt das Armstrong-Playbook, das machen wir jetzt so.“?
Nein, ich habe ein paar eigene Sachen eingebaut, zum Beispiel beim letzten Spiel.
Ein paar Formationen, die ich mag – gut genug, um die Gegner etwas zu überraschen. Und ich glaube, das hat in der ersten Halbzeit gut funktioniert. Man muss Zeit haben, um Dinge zu lernen, aber auch verstehen, wo man ist, und sich anpassen. Ich glaube, das kann ich gut. Das Team hat ein festes System, und ich streue hier und da ein bisschen Zauberstaub ein.
Der Sieg in Wien war ein echtes Ausrufezeichen in der Liga. Wie war die Stimmung nach dem Spiel – beim Training, auf der Rückfahrt?
Ich kam ja am Donnerstag zum Training dazu.
Meine Botschaft an die Offense war klar: Ihr seid Champions, bis euch jemand den Titel abnimmt. Also müsst ihr auch so trainieren, euch so vorbereiten und so spielen. Es war anfangs holprig, ja – aber ich sagte: „Das Hier und Jetzt zählt. Wenn wir dieses Spiel gewinnen, sind wir wieder voll im Rennen.“ Sven und Arnaud haben die O-Line super getragen, Patrick Pötsch kenne ich schon lange, er war großartig. Und natürlich Chad – unser Quarterback, ein Ex-Dragon – den kenne ich auch. Es war ein gutes Gefühl. Und sie kennen meine Regel: Wir sind zuerst Männer. Behandelt man sie wie Männer, spielen sie auch wie Männer. Wenn nicht, bekommt man Probleme. Das ist unsere Regel Nummer eins: Wir sind Männer – und wir behandeln uns mit Respekt und Wertschätzung.
Also, du hast Team, Staff und Umfeld kennengelernt. Was weißt du über unseren nächsten Gegner Berlin?
Ein sehr physisches Team in der Defense.
Jakeb Sullivan war MVP dieser Liga – sie werfen viel. Ihre Defense ist körperlich stark. Man muss sich gut vorbereiten, nichts auf die leichte Schulter nehmen. Wir sind nicht in der Position, irgendetwas zu unterschätzen. Und ich sage: Seht euch Wien an – was wir mit ihnen gemacht haben, kann auch uns passieren. Also müssen wir auswärts vorbereitet und fokussiert auftreten. Coach Kent wird das Team bereit haben.
Und wenn wir über dich persönlich sprechen: Du coachst seit den frühen 90ern in Europa, mit zwei kurzen Stationen bei den New York Jets und den New York Giants. Was hat dich immer wieder zurückkommen lassen? Was ist für dich das Besondere am Football in Europa?
Die Zeit bei Giants und Jets war als Praktikant während der Camps – drei Monate mit Preseason-Spielen. Das war eine intensive Lernzeit, fast wie fünf Jahre Erfahrung in wenigen Monaten. Es gibt nur wenige solcher Praktika. In Europa bin ich über 30 Jahre Coach, ich liebe es, mein eigenes Programm zu führen. Die Leidenschaft der Europäer – sie arbeiten, gehen zur Schule, kommen trotzdem zum Training – das beeindruckt mich. Auch die Trainer vor Ort – sie sind wissbegierig, sie wollen lernen. Genau so etwas liebe ich. Wenn du coachen willst, dann komm nach Europa, sage ich. Zeig mir, wie du wirklich coachen kannst.
Eiko
Wie würdest du die Entwicklung des Spielniveaus vom Anfang der 90er – damals in Schweden – bis heute beschreiben?
Es ist eine völlig andere Welt heute.
Früher gab es schon große Spieler, aber heute sind sie groß und schnell. Die Athletik hat sich enorm entwickelt. Besonders die nationalen Quarterbacks faszinieren mich – ich bin ja auch Nationaltrainer der Niederlande. Wer in Europa QB sein will, muss ein besonderer Typ sein – man bekommt die ganze Kritik ab. Auch das Coaching hat sich verändert – früher brauchte man mehr amerikanischen Input. Heute sind die Coaches sehr gut ausgebildet. Es gibt so viele Ressourcen. Und wenn man sieht, wie die Fans bei den NFL-Spielen in Europa abgehen – Trikots tragen, Stimmung machen – dann ist Football wirklich ein globaler Sport geworden.
Und wie sieht’s mit deinen Deutschkenntnissen aus? Du hast ja die letzten Jahre in Österreich gelebt – hast du einen Wiener Akzent drauf?