Lyrikschule

Folge 31 - Beglaubigung der Jungfer Poeterey (Susanna Elisabeth Zeidler)


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In dieser Folge geht es um ein emanzipatorisches Gedicht aus der Barock-Zeit. Über die Autorin gibt es fast keine Informationen, aber eins ist klar: Sie war ihrer Zeit weit voraus!


Kurzbiografie Susanna Elisabeth Zeidler:

http://www.wortblume.de/dichterinnen/zeidle_b.htm

Vorwort zu 'Jungferlicher Zeitvertreiber'

http://www.wortblume.de/dichterinnen/zeidl00v.htm

Beglaubigung der Jungfer Poeterey

Rhapsodius gläubt nicht das Jungfern Verse machen:

Wie solte man nu nicht der falschen Meynung lachen?
  Wie / wenn man sagte / das hochzeitliche Gedicht /
  Das Rhapsodus gemacht / ist seine Arbeit nicht.
Ist dieses müglich / so kan jenes auch geschehen.
Hat denn Herr Rhapsodus dergleichen nie gesehen?
  Ihr Musen Söhne denckt / ihr seyd es gar allein /
  Bey denen Phoebus zeucht mit seinen Künsten ein.
O nein / ihr irret euch: Die Pallas pflegt dergleichen
Künst / Weißheit und Verstand uns Nimphen darzureichen.
  Sind wir gleich nicht an Kunst und Gaben gar zu reich /
  Noch euch / ihr Phoebus Volck in allen Stücken gleich
(Denn dieses ist gewiß / das läßt man wol passiren /
Das euch die freye Kunst vortrefflich kan bezieren /
  Dazu euch euer Fürst Apollo Anlaß giebt /
  Wenn ihr von Jugend auf Parnassus Hügel liebt.)
So werdet ihr doch diß nicht gäntzlich leugnen können /
Das GOtt und die Natur uns ebenmäßig gönnen
  Was euch gegeben ist / und das uns offtmahls nicht
  Das Tichten / sondern nur die Zeit dazu gebricht.
Es fehlt uns nicht an Witz / und andern guten Gaben /
Nur das man nicht dazu Gelegenheit kan haben.
  Wenn man uns so wie euch / die Künste gösse ein /
  So wollten wir euch auch hierinnen gleicher seyn.

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LyrikschuleBy Johannes Thiele


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