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Gefangen im Macht-Diskurs | Von Susan Bonath


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Die Gegner der Waffenlieferungen in die Ukraine sollten die Klassenfrage nicht ausblenden.

Ein Kommentar von Susan Bonath.
Hinweis zum Beitrag: Der vorliegende Text erschien zuerst im „Rubikon – Magazin für die kritische Masse“, in dessen Beirat unter anderem Daniele Ganser und Hans-Joachim Maaz aktiv sind. Da die Veröffentlichung unter freier Lizenz (Creative Commons) erfolgte, übernimmt apolut diesen Text in der Zweitverwertung und weist explizit darauf hin, dass auch der Rubikon auf Spenden angewiesen ist und Unterstützung braucht. Wir brauchen viele alternative Medien!
Die einen sehen „die Ukraine“ als das von Putin angegriffene „unschuldige Opfer“, das der Westen militärisch unterstützen müsse. Die Gegner der Waffenlieferungen erwidern, das Vorrücken der NATO und der vom Westen unterstützte Putsch in der Ukraine hätten den Einmarsch der russischen Armee provoziert. Letzteres ist belegbar, klammert aber ebenfalls ein wichtiges Argument aus: die Klassenfrage. Staaten als kapitalistische Herrschaftsinstrumente verfolgen andere Interessen als die Mehrheit der Bevölkerung. Die Gleichsetzung von „Volk und Führer“ bedient den Diskurs der Macht.






Spielfiguren für Machtinteressen

Westliche Politiker, auch deutsche, werden nicht müde, „das ukrainische Volk“ zu heroisieren. „Heldenhaft“ verteidige es sein Land gegen die „russischen Invasoren“. Der „demokratische“ Westen müsse es dafür mit immer mehr und schwereren Waffen unterstützen. Problem: Dem lohnabhängigen ukrainischen Volk gehört das Land namens Ukraine gar nicht. Dieser Staat, für den die Ukrainer in den Krieg gezogen sind, ist wie jeder kapitalistische Staatsapparat ein Machtinstrument der Herrschenden.

Viele Westukrainer mögen sich ein besseres Leben durch EU- und NATO-Mitgliedschaft ihres Landes erhoffen. Nur warum wollen sie die Ostukrainer und Krim-Bewohner, die das mehrheitlich nicht unterstützen, ebenfalls dazu zwingen? Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Eine dauerhafte Abspaltung des Donbass´ und der Krim — völlig egal, ob in die totale Autonomie oder unter russische Führung — würde ihr Leben kein bisschen tangieren — der Krieg hingegen zerstört es, wahrscheinlich für immer.

Mit anderen Worten: Die westukrainischen Söldner kämpfen nicht für ihre eigenen, sondern die Interessen derjenigen, die sie beherrschen und unterdrücken. Ob sie im Auftrag der Macht den Osten zurückerobern oder nicht: Am Leben der Kämpfer und ihrer Familien ändert das nichts. Sie sind — man muss es so hart sagen — keine „Helden“, sondern Spielfiguren für Machtinteressen der Herrschenden.

Gleichsetzung von „Volk und Führer“

Die Gleichsetzung von „Volk und Führer“ ist seit jeher Bestandteil der herrschenden Propaganda. Die Mächtigen und ihre politischen Apparate heucheln stets, die Interessen der „einfachen“ Menschen zu vertreten. Sie geben sich als wohltätige Arbeitgeber oder Hüter von Recht und Ordnung aus. Das gemeine Volk möge sich dafür vor Dankbarkeit im Staub wälzen. Ihre Lüge untermauern sie mit viel Heuchelei von Demokratie, die mit Blick auf die Bevölkerung eben gar nicht so repräsentativ wie behauptet ist. Mit dieser Propaganda verfolgt die herrschende Klasse freilich ihr eigenes Interesse: Die ausgebeuteten Massen sollen sich ihr „freiwillig“ unterwerfen. Sie sollen mit ihren Unterdrückern sympathisieren und kollaborieren. Das erspart den Herrschenden viele Kosten, die eine rein gewaltsame Unterdrückung mit sich brächte.

Die Mächtigen forcieren mit ihrer Propaganda in der Bevölkerung seit jeher ein klassisches Stockholm-Syndrom.
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