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Geopolitik der Underdogs | Von Jochen Mitschka


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Wenn man nicht der Nabel der Welt ist
Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.
Insbesondere seit ich in Afrika lebe, versuche ich Deutschen eine Sicht der Weltpolitik nahe zu bringen, welche nicht durch die Narrative der Kolonisten bestimmt wird, sondern die Sichtweise der seit Jahrhunderten unterdrückten Nationen. Durch die Überheblichkeit der herrschenden Mächte einerseits und einer klugen Politik der Führung Chinas andererseits entstand aus einem unterdrückten Land, eine neue Supermacht, welche die zukünftige Weltpolitik dominieren wird. Aber dennoch haben viele nicht begriffen, dass Entwicklungsländer einmal wichtiger sein könnten, als die einstigen Supermächte. Supermächte die glauben, alle Regeln des internationalen Zusammenlebens, notfalls mit Gewalt, bestimmen zu können. Natürlich dergestalt, dass sie den Interessen der eigenen Elite am besten entsprechen.
Großbritannien konnte einst China zwingen, Opium ins Land zu lassen, um aus den Erlösen wertvolle Keramik, Seide, Gewürze kaufen zu können. Sie konnten sich sogar Teile des Landes wie Hongkong zur exklusiven Nutzung abtreten lassen. Aber inzwischen hat sich die Gewichtung geändert. Hatte Großbritannien einst nach Belieben Ländergrenzen festlegen können, insbesondere um durch „teile und herrsche“ weiter Einfluss nehmen zu können, steht es heute vor der drohenden eigenen Zerteilung und Rückfall in die Bedeutungslosigkeit, wenn Schottland seine Unabhängigkeit durchsetzt, Nordirland endlich wieder mit Irland vereinigt wird und vielleicht sogar Wales unabhängig werden sollte.
Ähnliches gilt für die Vereinigten Staaten. Sie verlieren ihren Herrschaftsanspruch über den amerikanischen Kontinent in atemberaubender Geschwindigkeit. Das einst als „Hinterhof der USA“ betrachtete Mexiko will nun sogar Teil des ganz offensichtlich als Gegenkonzept zur Wirtschaftsmacht des Westens konzipierten BRICS werden. Dadurch würde BRICS deutlich mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung repräsentieren. Ein neues Zeitalter ist angebrochen, das man wie folgt beschreiben kann:


„Die bilateralen Beziehungen zwischen den BRICS-Staaten beruhen hauptsächlich auf Nichteinmischung, Gleichheit und gegenseitigem Nutzen.“ (1)

Die Beziehungen sollen also nicht mehr durch eine von einem Imperium nach Belieben definierten „regelbasierten Ordnung“ bestimmt werden. Wobei die Regeln als „Werte“ verkleidet werden. Dabei werden diese „Werte“ auch notfalls mit Gewalt durchgesetzt. Sondern die Beziehungen sollen zum gegenseitigen Nutzen und unter der Voraussetzung der Nichteinmischung und Respektierung aller Interessen organisiert werden.
Zeitenwende
Das Verhalten der eingangs beschriebenen unterdrückten Staaten der Welt im Ukraine-Konflikt zeigt auf, was längst zu erwarten gewesen war. Noch werden diese Staaten beherrscht durch ökonomische, finanzielle und militärische Dominanz eines kleinen Teils der Weltbevölkerung. Dabei spielen natürlich der Dollar und die damit verbundene Einflussnahme der USA auf die Finanzen der Welt immer noch eine wichtige Rolle. Aber diese Waffen wurden als zunehmend weniger toxisch erkannt, seit sich Russland sehr erfolgreich gegen die Sanktionen des Westens zur Wehr setzt. Und so hat sich kein einziges der afrikanischen Länder den Sanktionen gegen Russland angeschlossen.
Das letzte Gipfeltreffen der G7-Nationen war inszeniert worden wie eine von Gott ermächtigte Versammlung von Monarchen des vorigen Jahrtausends. Dabei vertreten diese Nationen einen immer kleineren Teil der Menschheit und haben längst nicht mehr die wirtschaftliche Bedeutung wie noch vor 30 oder 40 Jahren. Dies vor Augen hatten sie geglaubt, durch Einladung an einige der aufstrebenden neuen Länder, das Manko ausgleichen zu können. Nur um von diesen dann vorgeführt zu werden, indem diese ganz offen ablehnten, den Sanktionen gegen Russland zu folgen.
Mit dem Lostreten des offenen Wirtschaftskrieges gegen Russland hat der Westen den...
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