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Geschichten aus Namibia | Von Jochen Mitschka


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Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.
Da ich soeben die Nachricht erhielt, dass unsere lebenslange Aufenthaltserlaubnis für Namibia bewilligt wurde, möchte ich dem vielfachen Wunsch nachkommen, und wieder einmal vom Leben im selbstgewählten Exil erzählen. Was folgt ist also eher Boulevard denn Politik.
Während ich diese Zeilen am 30. November schreibe, bin ich nicht in Namibia. Sondern ich fuhr gestern mit einem Campinganhänger nach Südafrika, weil mit Ende November mein Touristenvisum abläuft, das schon zweimal verlängert worden war. Die Gesetzgebung in Namibia sieht ausdrücklich vor, dass man durch das Warten auf eine Daueraufenthaltserlaubnis KEINE vorläufige Erlaubnis erhält, im Land zu sein. Deshalb war es ein Touristenvisum, mit dem wir in Namibia waren. Und dass die Entscheidung über einen Antrag vom Mai jetzt doch noch in diesem Jahr erfolgte, war nicht sicher, denn die Anträge stapeln sich derzeit in ungewohnter Höhe.
Jetzt sitze ich hier also 1200 km weiter südlich auf einem Campingplatz in Südafrika bei 40°C und habe die Badehose vergessen, weil es in Swakopmund eigentlich so kühl war, dass man kein Bedürfnis zum Baden verspürte. Die beste aller Ehefrauen war schon vor ein paar Wochen nach Thailand geflogen, um ihre Familie zu besuchen. Ich werde dann Anfang Januar wieder mit einem Touristenvisum nach Namibia fahren und sie in Windhuk am Flughafen abholen. Danach wird die Prozedur beginnen, die Daueraufenthaltserlaubnis zu formalisieren.
Zuletzt war bessere Hälfte unserer Familie etwas unruhig geworden und hatte zunehmend gefragt, ob das Aufgeben von so vielen Dingen in Deutschland richtig war, angesichts der bisherigen Unsicherheit. Aber die Bedenken werden jetzt wohl zerstreut sein.
Hier im südlichen Afrika ist jetzt noch Vorsaison. Die Hauptsaison beginnt mit den Schulferien in der nächsten und übernächsten Woche. Dann sind die Campingplätze voll bis zum 5. Januar. Im Moment bin ich noch der einzige Gast hier. Aber nun zu einem kleinen Rückblick auf die letzten acht Monate in Namibia, wobei ich versuche, nicht zu wiederholen, was ich schon in vorherigen Berichten erzählte.
Die deutsche Kolonie
Es ist eine allgemeine Erscheinung, dass Menschen in der Diaspora kulturell einige Jahre hinter dem ursprünglichen Herkunftsland hinterherhinken. Ich habe das in Bangkok erlebt, als massenweise Chinesen zu Besuch kamen, um in Bangkoks China-Town zu ihren kulturellen Wurzeln, oder was sie dafür hielten, zurück zu finden.
Ähnlich scheint es in Namibia zu sein. In der deutschsprachigen Gemeinschaft, zu der nicht nur „biodeutsche“ bzw. von ihnen Abstammende gehören, gilt noch Toleranz, Stolz auf Familie, kritisches Denken, Offenheit für andere Meinungen, und dass es in der Regel nur zwei Geschlechter gibt. Eigentlich hatte ich gar nicht ausdrücklich nach der „deutschen Kolonie“ gesucht, aber es ergibt sich einfach, dass man immer mehr deutschsprachige Namibier und Residenten kennenlernt.
Auch die Musik scheint in der Zeit stehen geblieben zu sein. Allerdings, das muss man einschränken, bewegt sich der älteste deutschsprachige Radiosender, Hitradio Namibia, politisch innerhalb des deutschen Regierungsnarratives. Vermutlich ist es die einfachste Lösung, wenn man Nachrichten von DPA oder anderen Agenturen übernimmt. Glücklicherweise findet ansonsten keine 24-stündige Indoktrination statt, wie sie zuletzt in Deutschland unerträglich wurde.
Interessant ist, dass Namibia dem moralisch ach so überlegenen Westen vormacht, wie man mit seiner Geschichte umgeht. So werden Denkmäler von deutschen Kolonisten, auch wenn sie gelogen, betrogen und ermordet hatten, erst nach mehrjährigen Diskussionen vorsichtig von ihren Plätzen entfernt und ins Museum gebracht, wo dann Plaketten die Geschichte erklären. Während auf ihre Plätze Freiheitskämpfer kommen. Und, man mag es kaum glauben, die chronisch unterfinanzierten staatlichen Medien haben sogar einen deutschsprachigen Sender....
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