Ein Kommentar von Hermann Ploppa.
Wer Grund und Boden hat, kommt jetzt ins Schwitzen. Denn alle Daten zu Haus und Heim müssen akribisch aufgelistet werden. Fortschritt oder Schikane?
Grundbesitzer raufen sich das noch verbliebene Haupthaar. Besonders ältere, wenig computer-affine Mitbürger bekommen Nervenzusammenbrüche. Denn das Finanzamt will bis zum 31. Oktober dieses Jahres genau wissen, was der Bundesbürger so an Immobilienbesitz vorzuweisen hat. Und weil wir ja alle in die schöne neue digitale Welt überführt werden sollen, können wir unser Wissen dem Finanzamt nur über das drolligerweise „Elster“ getaufte Online-Portal mitteilen. Papier ist nicht nur sehr geduldig und absolut out, sondern bis auf das Bundesland Bayern sogar als Mitteilungsmedium vollkommen unzulässig. Warum heißt jenes digitale Folterinstrument eigentlich: „Elster“? Ist besagter Vogel namens Elster nicht dafür bekannt und berüchtigt, dass er unser Tafelsilber entwendet? Pflegt man etwa in der als dröge bekannten Finanzbürokratie eine Art von hintergründigem Humor?
Wie auch immer. Es gilt, 36 Millionen Grundstücke in Deutschland zu erfassen und sodann neu zu besteuern. Mit dem jetzt gesammelten Detailwissen sollen alle Grundstücke dann ab dem 1. Januar 2025 besteuert werden. Neuerungen mit ungewissem Ausgang sind nicht immer willkommen. Manche Mitbürger haben schon einmal hochgerechnet, dass sie nach den neuen Besteuerungsregeln bis zu zehnmal mehr Grundsteuer berappen müssten als jetzt! Dass heuer alles neu berechnet werden muss, verdanken wir im Prinzip dem ehrenwerten Grundsatz der Gewaltenteilung. Ein Bundesbürger hat gegen die alte Grundsteuer geklagt. Und das Bundesverfassungsgericht hat sodann im Jahre 2018 geurteilt, dass das bisher gültige Steuerrecht für Immobilien gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen würde. Tatsächlich hatte es nach der deutschen Wiedervereinigung keine Neufassung der Grundsteuer-Regelungen für das gesamte Bundesgebiet gegeben. Gültig waren nach wie vor im Westen Deutschlands die Regeln von 1964, und im Osten Regeln von 1935. Die Politik wurde zu einer Neufassung des Grundsteuergesetzes bis zum Jahr 2020 verdonnert. Und, das knoteten die Richter den Politikern noch ins Taschentuch, sollte ein neues Grundsteuerrecht auf keinen Fall für eine heimliche Erhöhung der Steuereinnahmen irgendeinen Vorwand abgeben. Die bisherige Einnahme-Höhe von 15 Milliarden Euro dürfe auf keinen Fall bei der neuen Steuer überschritten werden.
Es wurde lange gerungen. Die Sozialdemokraten wollten, dass die Reichen unter den Immobilienbesitzern in Zukunft durch ein wertabhängiges Steuermodell mehr zahlen sollten. Die Interessenvertreter der Reichen in der Politikerkaste wollten allerdings, dass in einem wertunabhängigen Steuermodell nur die reine Bodenfläche besteuert wird. Herauskam eine Mischung aus beiden. Neun Bundesländer übernehmen jenes Steuermodell, das der damalige sozialdemokratische Finanzminister Scholz ausarbeiten ließ. Sieben Bundesländer haben ihren Finanzämtern jeweils eigene Steuermodelle verordnet. In Bayern wird die Grundsteuer allein nach der Flächengröße berechnet, in Hamburg spielt auch die Lage des Objekts eine Rolle. Für Baden-Württemberg wiederum ist der Wert des Grundstücks entscheidend.
Viele Köche, viele Rezepte für den Brei. Die Verwirrung ist groß. So haben die befragten Immobilienbesitzer ihre Hausaufgaben bislang nur zu einem geringen Teil erfüllt: in Mecklenburg-Vorpommern sind gerade erst 4,2 Prozent aller Steuererklärungen beim Finanzamt abgeliefert worden, während schon 13,9 Prozent aller Hessen damit durch sind. Nun ja, es sind ja noch Ferien. Wer will sich schon die schönen Tage am Strand mit so einem trockenen Brei verderben?
Politik und Behörden waren sich schon im klaren, dass sie mit der Ausfragung nicht gerade Begeisterung auslösen würden. Und es war auch klar, dass beachtliche Mehraufwendungen durch den Spruch des...