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Gnade mit euch und Friede von Gott, dem Vater, und von Jesus Christus, unserem Herrn.
Hört, ihr, die Gott liebt: Worte aus dem Jakobusbrief, aus dem 2. Kapitel:
Was hilft es, wenn jemand sagt: „Ich glaube an Gott“, aber nichts tut? Kann dieser Glaube sie retten?
Liebe Schwestern und Brüder, stellt euch vor: Jemand sagt: »Ich glaube an Gott.« Aber diese Person tut nichts Gutes. Dann frage ich euch: Was bringt dieser Glaube? Kann ein solcher Glaube retten?Stellt euch vor: An eurem Ort lebt jemand, dem es sehr schlecht geht. Diese Person hat keine warmen Kleider und nicht genug zu essen. Dann sagt jemand aus eurer Kirchengemeinde: »Geh in Frieden. Ich wünsche dir, dass dir warm ist und du satt wirst.« Aber er hilft nicht. Er gibt nichts von dem, was gebraucht wird. Was nützt das?So ist es auch mit dem Glauben: Wenn der Glaube nichts tut, ist er tot. Ein Glaube ohne Handeln lebt nicht wirklich.Aber jemand könnte sagen: »Du glaubst an Gott. Und ich tue gute Dinge. Zeig mir deinen Glauben – ganz ohne gute Taten! Ich zeige dir meinen Glauben durch das, was ich tue.«Du sagst: »Ich glaube an den einen Gott.« Das ist nett. Aber sogar die bösen Geister glauben das – und es macht ihnen Angst. Du verstehst es immer noch nicht! Ein Glaube, der nichts tut, ist wertlos.Denk an Abraham, unseren Vorfahren. Gott hat ihn gerecht genannt, weil er Gott gehorchte. Er war bereit, seinen Sohn Isaak auf den Altar zu legen. Daran kannst du sehen: Abrahams Glaube und sein Handeln gehörten zusammen. Erst durch das, was er tat, wurde sein Glaube ganz und stark. So ist das wahr geworden, was in der Bibel steht: Abraham glaubte Gott, und Gott fand ihn gut und richtig. Darum nennt die Bibel ihn einen Freund Gottes. Daran könnt ihr sehen: Ein Mensch wird bei Gott gut und richtig, wenn er handelt – und nicht nur glaubt.So war es auch bei Rahab. Sie war eine Frau, über die man schlecht redete. Sie nahm die Boten auf und half ihnen, heimlich auf einem anderen Weg zu fliehen. Weil sie das tat, fand Gott sie gut und richtig.Ein Körper ohne Atem ist tot. So ist es auch mit dem Glauben: Wenn er nichts tut, ist er tot.(Jakobus 2,14-26; von mir in leichte Sprache übertragen)Bip. Bip. Bip. Bip.
Er liegt im Bett, umgeben von Schläuchen. Maschinen und Bildschirme um ihn herum. Man erkennt ihn kaum noch.
Bip. Bip bip. ... Bip ... Bip ... Biiiiiiiiiiiiiiiiiiiiep.
Ein Alarm. Pfleger:innen kommen gerannt. Eine Ärztin. Es wird hektisch.
Biiiiiiiiiiiiiiiiiiiiep.
Irgendwann ist da nur noch dieser Ton. Bis jemand auf dem Schalter drückt. Dann: Stille.
Die Brust hebt und senkt sich nicht mehr.
"Todeszeitpunkt...". Die Ärztin notiert.
Schweigend verlassen sie den Raum. Einer nach dem anderen.
Das Leben hat ihn zuerst verlassen.
Tot.
Drei Buchstaben.
Gar nichts mehr.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Irgendwo in der Levante. Ein heißer Tag. Der alte Patriarch sitzt vor dem Zelt. Er genießt die Kühle des Morgens. Er freut sich an seiner Umgebung. An dem Segen Gottes. An der Familie. Unglaubliches hat er erlebt. Den Auszug aus der Heimat. Das versprochene Land. Der langerwartete Sohn, endlich, als niemand mehr damit rechnen konnte. Gott meint es gut mit ihm.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Sein Glaube ist stark und fest. Wie sollte er auch nicht?
Bip. Bip. ... Bip bip. Bip. Bip.
Einen Moment lang hat sein Herzschlag ausgesetzt. Er hört von Gott, wie schon so oft. Aber er denkt, er hört nicht recht. "Isaak? Mein Sohn?"
Der Rest ist Geschichte. Wie er sich aufmacht, mit seinem Sohn. Obwohl es ihm schier das Herz zerreißt. Wie er den Altar baut. Das Feuerholz bereit legt. Wie Gott ihn stoppt, im letzten Moment -- er, bereit, den Sohn zu opfern für einen Gott, den er nicht versteht in diesem Moment. Was bleibt ihm denn noch, wen er Isaak hergibt?
Bip. Bip. ... Bip bip. Bip bip. Bip. Bip.
Zitternd. Flatternd. Aber er ist da: Der Herzschlag seines Glaubens. Das Vertrauen auf Gott, gestärkt durch die vielen Jahre des Wanderns mit Gott.
Und er wird nicht enttäuscht an diesem Tag. Alles wird gut. Gott ist doch der, den er kennt. Auf den er sich verlassen kann.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Jahre später. Jericho. Die Festungsstadt, an der Grenze. Im Schutz der mächtigen Mauern brummt das Leben. Auch bei ihr, im Haus an der Mauer. Rahab heißt sie. Als unverheiratete Frau ist sie etwas Ungewöhnliches in ihrer Kultur und ihrer Zeit. Die Erzählung legt nahe, dass es wohl eine Herberge gab bei ihr. Fremde Männer, eine alleinstehende Frau. Da gibt es schnell Gerüchte. Vielleicht sind sie ja auch wahr. Ohne den Mann, der Geld verdient, ist das damals oft das Einzige, was Frauen wie ihr bleibt.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Das hätte niemand zu hören geglaubt. An diesem Ort. Glaube? An den einen Gott, unbekannt bei ihren Leuten? An den Schöpfer des Himmels und der Erde?
Gehört hat man von ihnen, von dem Volk in der Wüste, das umherzieht, in der Hoffnung, Gott selbst ginge ihnen voran. Der ihnen ein Land versprochen hat. Jericho auch? Noch fühlt man sich sicher hinter den dicken Mauern. Lass sie doch kommen mit ihrem Wüstengott! Aber manche haben schon ein flaues Gefühl im Magen.
Die Männer, die jetzt bei Rahab einkehren, gehören wohl zu ihnen. Hätte man sie erwischt, dann ginge es ihnen an den Kragen.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Da vertraut jemand auf Gott, hier, an unerwarteter Stelle. Für die Kundschafter der israelitischen Armee wird sie zur Rettung. Für Generationen nach ihr wird sie zum Beispiel des Glaubens: Rahab. Die Frau aus Jericho.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Ihr Glaube lebt.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Ein grauer Vormittag in Nebringen. Die Sonne kämpft sich mühsam durch den Nebel. An der Mauer vor dem Gemeindehaus lehnt jemand. Eine alte Jacke, abgewetzt. Die Hände rot vor Kälte. Eine Plastiktüte mit ein paar Sachen.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Leute kommen vorbei. Manche nicken kurz. Andere schauen weg. Drinnen im Saal läuft die Vorbereitung für den Mittagstisch. Eine Ehrenamtliche sieht die Person draußen. Sie lächelt, winkt kurz. „Grüß Gott! Bleiben Sie warm, gell?“ Dann eilt sie weiter, in der Hand den großen Topf mit Suppe.
Bip. Bip. Bip.
Ein anderer bleibt stehen. Kirchengemeinderat. „Wir beten für Menschen, die in Not sind.“, sagt er freundlich. Dann klingelt sein Handy. Er hebt ab. „Ich bin gleich da.“
Bip. ... Bip ...
Niemand fragt, ob die Person draußen etwas zu essen braucht. Niemand sagt: „Kommen Sie doch rein.“
Bip ...
Die Suppe duftet drinnen. Draußen sitzt jemand und friert.
Biiiiiiiiiiiiiiiiiiiiep.
Der Herzschlag des Glaubens – steht still.
Es ist alles da: Gemeindehaus, warme Suppe, gute Worte.
Aber das Leben – fehlt.
"Stellt euch vor:", schreibt Jakobus. "Ein Mensch bei euch hat keine warmen Kleider und nicht genug zu essen. Und jemand von euch sagt zu dieser Person: „Geh in Frieden, halt dich warm und iss genug!“ – aber ihr helft nicht, ihr gebt nichts von dem, was sie braucht. Was hilft das? So ist es auch mit dem Glauben: Wenn er nichts tut, ist er tot."
Martin Luther hat sich furchtbar aufgeregt. So ein blöder Text! Eine "stroherne Epistel", heißt das in gutem Lutherdeutsch, "weil sie doch keine evangelische Art an sich hat." Am liebsten hätte er diese Worte ganz aus der Bibel geworfen. Ersatzweise reihte er sie deutlich weiter hinten in die Abfolge der Bücher ein. Vielleicht hat er gehofft, dass keiner so weit liest?
Der Glaube, ohne Handeln -- tot?
"Sola fide", allein durch den Glauben, ist doch das Grundmotiv der reformatorischen Einsichten. Ist nicht das das Evangelium, dass Gott uns allein um Jesu Christi willen, "sola gratia", aus lauter [unverdienter] Gnade -- denn nichts anderes heißt Gnade ja, als "unverdient" -- seine Gerechtigkeit zuspricht. Dass Gott uns für "gut und richtig" befindet, obwohl wir das gar nicht sind--einfach weil er aus Liebe auf Christus schaut, statt auf uns? Dass wir, die wir nichts tun können, um bei Gott gut dazustehen, auch nichts tun müssen, weil Christus schon alles dafür getan hat? Dass wir also -- Achtung! Passt auf! Haltet euch fest! Da kommt's! -- nur auf Christus vertrauen müssen (in anderen Worten: "glauben") und unser Leben als von Gott Beschenkte leben?
Der Glaube, ohne Handeln -- tot?
Hat Jakobus denn nicht bei Paulus nachgelesen, wie es sich mit dem Glauben verhält?
"Wir sind sicher:", Römer 3,28, "Ein Mensch steht gut und richtig vor Gott, wenn er glaubt – nicht, weil er nach irgendwelchen Regeln handelt."
Der Glaube, ohne Handeln -- tot?
Puh. Durchatmen. Erst mal runterkommen.
Ich glaube, das widerspricht sich gar nicht.
Auch ein Jakobus wird nicht behaupten, dass man sich Gottes Zuwendung verdienen muss.
Nein: Umgekehrt wird ein Schuh draus. Versuchen wir's mal Schritt für Schritt.
Was ist denn "Glaube" noch mal ganz genau?
"Zeig mir deinen Glauben!", lässt Jakobus einen fiktiven Gesprächspartner sagen. Und dann, ohne vorzeigbare Handlungen, wird es leicht ironisch: "Du sagst: »Ich glaube an den einen Gott.« Das ist nett. Aber sogar die bösen Geister glauben das – und es macht ihnen Angst."
Viel zu viele halten Glauben für eine Zustimmung, ein Für-Wahr-Halten von irgendwelchen theologischen Lehrsätzen. "Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen", heißt doch nicht, "Ich halte es für richtig, dass es Gott gibt, den Vater, den Allmächtigen." Schaut, selbst wer Gott ablehnt, meint Jakobus, muss ja erst einmal davon ausgehen, dass es einen Gott gibt, den man ablehnen kann. Soll das Glaube sein?
Glaube--das kann man nicht genug betonen--ist zuallererst ganz anders: Ein Vertrauen auf Gott. Auf ihn kann ich mich verlassen. Immer und überall. Was er mir versprochen hat, gilt. Aus dieser Gewissheit zu leben--das ist Glaube.
"Zeig mir deinen Glauben!", fordert der fiktive Gesprächspartner und Jakobus fragt zurecht: Was bringt denn meine Gewissheit, mein Vertrauen auf Gott, wenn es nicht im Leben irgendwo konkret wird?
Nein, ich muss mir Gottes Zuwendung nicht verdienen. Kann ich nicht. Muss ich nicht. Die hängt allein an Jesus Christus. Gott schenkt sie mir. Aus Gnade. Darauf kann ich mich verlassen.
Aber was heißt denn, "darauf verlasse ich mich", ganz konkret, da, wo ich lebe.
Jakobus--und da ist er nicht allein--sagt: Das prägt dein Handeln. Das formt, was du tust und was nicht.
Dass Gott an deiner Seite ist, gibt dir Freiheit und Mut, wenn es drauf ankommt.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Schau, Glaube ist nämlich mehr als ein warmes Gefühl tief in dir drin. Glaube ist mehr als irgendwie ein bisschen Zuversicht.
Glaube beweist und bewährt sich genau, wenn es ernst wird. "Where the rubber meets the road", sagt man auf Englisch. Wo das Gummi vom Reifen den Boden berührt.
Wenn die Kundschafter an die Tür klopfen. Wenn du vor Unmöglichem stehst. Wenn du Menschen begegnest, denen fehlt, was du hast.
"Das ist gefährlich", denkt Rahab, als sie die Türe einen Spalt weit öffnet.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Ihr Gottvertrauen lebt. Und sie macht die Tür weit auf.
"Das kann doch nicht sein", denkt Abraham, als er Gottes Stimme hört.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Sein Glaube ist stark und fest. Er zögert. Er atmet. Und er macht sich auf den Weg.
"Man kann ja nicht jedem helfen", denkt die Ehrenamtliche am Gemeindehaus. "Und außerdem wird die Suppe kalt."
Bip. Bip. Bip. Bip.
Zum Glück habe ich die nur erfunden--nach einer Vorlage von Jakobus. Denn auch in Nebringen findet sich ja lebendiger Glaube. Worin wird deiner sich zeigen?
Bip. Bip. ... Bip Bip. ... Bip Bip.
Nicht immer ist Glaube nur stark und fest. Manchmal gerät er ins Schleudern. Manchmal fühlt man seinen Puls fast nicht mehr.
Was dann?
Glaube ist ein Geschenk. Bitte Gott, ihn dir neu zu schenken.
"Glaube kommt aus dem Hören des Evangeliums", sagt Paulus. Hör neu hin, was Gott dir verspricht.
Und dann...
Bip Bip. Bip Bip. Bip. Bip. Bip. Bip.
... kann dein Glaube wieder aufleben. Und Leben verschenken. Mit vollen Händen. Im Vertrauen auf Gott, der dir gerne immer wieder gibt.
Das "Bip. Bip. Bip. Bip." hört man in ganz Nebringen.
Amen.
By Christoph FischerGnade mit euch und Friede von Gott, dem Vater, und von Jesus Christus, unserem Herrn.
Hört, ihr, die Gott liebt: Worte aus dem Jakobusbrief, aus dem 2. Kapitel:
Was hilft es, wenn jemand sagt: „Ich glaube an Gott“, aber nichts tut? Kann dieser Glaube sie retten?
Liebe Schwestern und Brüder, stellt euch vor: Jemand sagt: »Ich glaube an Gott.« Aber diese Person tut nichts Gutes. Dann frage ich euch: Was bringt dieser Glaube? Kann ein solcher Glaube retten?Stellt euch vor: An eurem Ort lebt jemand, dem es sehr schlecht geht. Diese Person hat keine warmen Kleider und nicht genug zu essen. Dann sagt jemand aus eurer Kirchengemeinde: »Geh in Frieden. Ich wünsche dir, dass dir warm ist und du satt wirst.« Aber er hilft nicht. Er gibt nichts von dem, was gebraucht wird. Was nützt das?So ist es auch mit dem Glauben: Wenn der Glaube nichts tut, ist er tot. Ein Glaube ohne Handeln lebt nicht wirklich.Aber jemand könnte sagen: »Du glaubst an Gott. Und ich tue gute Dinge. Zeig mir deinen Glauben – ganz ohne gute Taten! Ich zeige dir meinen Glauben durch das, was ich tue.«Du sagst: »Ich glaube an den einen Gott.« Das ist nett. Aber sogar die bösen Geister glauben das – und es macht ihnen Angst. Du verstehst es immer noch nicht! Ein Glaube, der nichts tut, ist wertlos.Denk an Abraham, unseren Vorfahren. Gott hat ihn gerecht genannt, weil er Gott gehorchte. Er war bereit, seinen Sohn Isaak auf den Altar zu legen. Daran kannst du sehen: Abrahams Glaube und sein Handeln gehörten zusammen. Erst durch das, was er tat, wurde sein Glaube ganz und stark. So ist das wahr geworden, was in der Bibel steht: Abraham glaubte Gott, und Gott fand ihn gut und richtig. Darum nennt die Bibel ihn einen Freund Gottes. Daran könnt ihr sehen: Ein Mensch wird bei Gott gut und richtig, wenn er handelt – und nicht nur glaubt.So war es auch bei Rahab. Sie war eine Frau, über die man schlecht redete. Sie nahm die Boten auf und half ihnen, heimlich auf einem anderen Weg zu fliehen. Weil sie das tat, fand Gott sie gut und richtig.Ein Körper ohne Atem ist tot. So ist es auch mit dem Glauben: Wenn er nichts tut, ist er tot.(Jakobus 2,14-26; von mir in leichte Sprache übertragen)Bip. Bip. Bip. Bip.
Er liegt im Bett, umgeben von Schläuchen. Maschinen und Bildschirme um ihn herum. Man erkennt ihn kaum noch.
Bip. Bip bip. ... Bip ... Bip ... Biiiiiiiiiiiiiiiiiiiiep.
Ein Alarm. Pfleger:innen kommen gerannt. Eine Ärztin. Es wird hektisch.
Biiiiiiiiiiiiiiiiiiiiep.
Irgendwann ist da nur noch dieser Ton. Bis jemand auf dem Schalter drückt. Dann: Stille.
Die Brust hebt und senkt sich nicht mehr.
"Todeszeitpunkt...". Die Ärztin notiert.
Schweigend verlassen sie den Raum. Einer nach dem anderen.
Das Leben hat ihn zuerst verlassen.
Tot.
Drei Buchstaben.
Gar nichts mehr.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Irgendwo in der Levante. Ein heißer Tag. Der alte Patriarch sitzt vor dem Zelt. Er genießt die Kühle des Morgens. Er freut sich an seiner Umgebung. An dem Segen Gottes. An der Familie. Unglaubliches hat er erlebt. Den Auszug aus der Heimat. Das versprochene Land. Der langerwartete Sohn, endlich, als niemand mehr damit rechnen konnte. Gott meint es gut mit ihm.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Sein Glaube ist stark und fest. Wie sollte er auch nicht?
Bip. Bip. ... Bip bip. Bip. Bip.
Einen Moment lang hat sein Herzschlag ausgesetzt. Er hört von Gott, wie schon so oft. Aber er denkt, er hört nicht recht. "Isaak? Mein Sohn?"
Der Rest ist Geschichte. Wie er sich aufmacht, mit seinem Sohn. Obwohl es ihm schier das Herz zerreißt. Wie er den Altar baut. Das Feuerholz bereit legt. Wie Gott ihn stoppt, im letzten Moment -- er, bereit, den Sohn zu opfern für einen Gott, den er nicht versteht in diesem Moment. Was bleibt ihm denn noch, wen er Isaak hergibt?
Bip. Bip. ... Bip bip. Bip bip. Bip. Bip.
Zitternd. Flatternd. Aber er ist da: Der Herzschlag seines Glaubens. Das Vertrauen auf Gott, gestärkt durch die vielen Jahre des Wanderns mit Gott.
Und er wird nicht enttäuscht an diesem Tag. Alles wird gut. Gott ist doch der, den er kennt. Auf den er sich verlassen kann.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Jahre später. Jericho. Die Festungsstadt, an der Grenze. Im Schutz der mächtigen Mauern brummt das Leben. Auch bei ihr, im Haus an der Mauer. Rahab heißt sie. Als unverheiratete Frau ist sie etwas Ungewöhnliches in ihrer Kultur und ihrer Zeit. Die Erzählung legt nahe, dass es wohl eine Herberge gab bei ihr. Fremde Männer, eine alleinstehende Frau. Da gibt es schnell Gerüchte. Vielleicht sind sie ja auch wahr. Ohne den Mann, der Geld verdient, ist das damals oft das Einzige, was Frauen wie ihr bleibt.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Das hätte niemand zu hören geglaubt. An diesem Ort. Glaube? An den einen Gott, unbekannt bei ihren Leuten? An den Schöpfer des Himmels und der Erde?
Gehört hat man von ihnen, von dem Volk in der Wüste, das umherzieht, in der Hoffnung, Gott selbst ginge ihnen voran. Der ihnen ein Land versprochen hat. Jericho auch? Noch fühlt man sich sicher hinter den dicken Mauern. Lass sie doch kommen mit ihrem Wüstengott! Aber manche haben schon ein flaues Gefühl im Magen.
Die Männer, die jetzt bei Rahab einkehren, gehören wohl zu ihnen. Hätte man sie erwischt, dann ginge es ihnen an den Kragen.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Da vertraut jemand auf Gott, hier, an unerwarteter Stelle. Für die Kundschafter der israelitischen Armee wird sie zur Rettung. Für Generationen nach ihr wird sie zum Beispiel des Glaubens: Rahab. Die Frau aus Jericho.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Ihr Glaube lebt.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Ein grauer Vormittag in Nebringen. Die Sonne kämpft sich mühsam durch den Nebel. An der Mauer vor dem Gemeindehaus lehnt jemand. Eine alte Jacke, abgewetzt. Die Hände rot vor Kälte. Eine Plastiktüte mit ein paar Sachen.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Leute kommen vorbei. Manche nicken kurz. Andere schauen weg. Drinnen im Saal läuft die Vorbereitung für den Mittagstisch. Eine Ehrenamtliche sieht die Person draußen. Sie lächelt, winkt kurz. „Grüß Gott! Bleiben Sie warm, gell?“ Dann eilt sie weiter, in der Hand den großen Topf mit Suppe.
Bip. Bip. Bip.
Ein anderer bleibt stehen. Kirchengemeinderat. „Wir beten für Menschen, die in Not sind.“, sagt er freundlich. Dann klingelt sein Handy. Er hebt ab. „Ich bin gleich da.“
Bip. ... Bip ...
Niemand fragt, ob die Person draußen etwas zu essen braucht. Niemand sagt: „Kommen Sie doch rein.“
Bip ...
Die Suppe duftet drinnen. Draußen sitzt jemand und friert.
Biiiiiiiiiiiiiiiiiiiiep.
Der Herzschlag des Glaubens – steht still.
Es ist alles da: Gemeindehaus, warme Suppe, gute Worte.
Aber das Leben – fehlt.
"Stellt euch vor:", schreibt Jakobus. "Ein Mensch bei euch hat keine warmen Kleider und nicht genug zu essen. Und jemand von euch sagt zu dieser Person: „Geh in Frieden, halt dich warm und iss genug!“ – aber ihr helft nicht, ihr gebt nichts von dem, was sie braucht. Was hilft das? So ist es auch mit dem Glauben: Wenn er nichts tut, ist er tot."
Martin Luther hat sich furchtbar aufgeregt. So ein blöder Text! Eine "stroherne Epistel", heißt das in gutem Lutherdeutsch, "weil sie doch keine evangelische Art an sich hat." Am liebsten hätte er diese Worte ganz aus der Bibel geworfen. Ersatzweise reihte er sie deutlich weiter hinten in die Abfolge der Bücher ein. Vielleicht hat er gehofft, dass keiner so weit liest?
Der Glaube, ohne Handeln -- tot?
"Sola fide", allein durch den Glauben, ist doch das Grundmotiv der reformatorischen Einsichten. Ist nicht das das Evangelium, dass Gott uns allein um Jesu Christi willen, "sola gratia", aus lauter [unverdienter] Gnade -- denn nichts anderes heißt Gnade ja, als "unverdient" -- seine Gerechtigkeit zuspricht. Dass Gott uns für "gut und richtig" befindet, obwohl wir das gar nicht sind--einfach weil er aus Liebe auf Christus schaut, statt auf uns? Dass wir, die wir nichts tun können, um bei Gott gut dazustehen, auch nichts tun müssen, weil Christus schon alles dafür getan hat? Dass wir also -- Achtung! Passt auf! Haltet euch fest! Da kommt's! -- nur auf Christus vertrauen müssen (in anderen Worten: "glauben") und unser Leben als von Gott Beschenkte leben?
Der Glaube, ohne Handeln -- tot?
Hat Jakobus denn nicht bei Paulus nachgelesen, wie es sich mit dem Glauben verhält?
"Wir sind sicher:", Römer 3,28, "Ein Mensch steht gut und richtig vor Gott, wenn er glaubt – nicht, weil er nach irgendwelchen Regeln handelt."
Der Glaube, ohne Handeln -- tot?
Puh. Durchatmen. Erst mal runterkommen.
Ich glaube, das widerspricht sich gar nicht.
Auch ein Jakobus wird nicht behaupten, dass man sich Gottes Zuwendung verdienen muss.
Nein: Umgekehrt wird ein Schuh draus. Versuchen wir's mal Schritt für Schritt.
Was ist denn "Glaube" noch mal ganz genau?
"Zeig mir deinen Glauben!", lässt Jakobus einen fiktiven Gesprächspartner sagen. Und dann, ohne vorzeigbare Handlungen, wird es leicht ironisch: "Du sagst: »Ich glaube an den einen Gott.« Das ist nett. Aber sogar die bösen Geister glauben das – und es macht ihnen Angst."
Viel zu viele halten Glauben für eine Zustimmung, ein Für-Wahr-Halten von irgendwelchen theologischen Lehrsätzen. "Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen", heißt doch nicht, "Ich halte es für richtig, dass es Gott gibt, den Vater, den Allmächtigen." Schaut, selbst wer Gott ablehnt, meint Jakobus, muss ja erst einmal davon ausgehen, dass es einen Gott gibt, den man ablehnen kann. Soll das Glaube sein?
Glaube--das kann man nicht genug betonen--ist zuallererst ganz anders: Ein Vertrauen auf Gott. Auf ihn kann ich mich verlassen. Immer und überall. Was er mir versprochen hat, gilt. Aus dieser Gewissheit zu leben--das ist Glaube.
"Zeig mir deinen Glauben!", fordert der fiktive Gesprächspartner und Jakobus fragt zurecht: Was bringt denn meine Gewissheit, mein Vertrauen auf Gott, wenn es nicht im Leben irgendwo konkret wird?
Nein, ich muss mir Gottes Zuwendung nicht verdienen. Kann ich nicht. Muss ich nicht. Die hängt allein an Jesus Christus. Gott schenkt sie mir. Aus Gnade. Darauf kann ich mich verlassen.
Aber was heißt denn, "darauf verlasse ich mich", ganz konkret, da, wo ich lebe.
Jakobus--und da ist er nicht allein--sagt: Das prägt dein Handeln. Das formt, was du tust und was nicht.
Dass Gott an deiner Seite ist, gibt dir Freiheit und Mut, wenn es drauf ankommt.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Schau, Glaube ist nämlich mehr als ein warmes Gefühl tief in dir drin. Glaube ist mehr als irgendwie ein bisschen Zuversicht.
Glaube beweist und bewährt sich genau, wenn es ernst wird. "Where the rubber meets the road", sagt man auf Englisch. Wo das Gummi vom Reifen den Boden berührt.
Wenn die Kundschafter an die Tür klopfen. Wenn du vor Unmöglichem stehst. Wenn du Menschen begegnest, denen fehlt, was du hast.
"Das ist gefährlich", denkt Rahab, als sie die Türe einen Spalt weit öffnet.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Ihr Gottvertrauen lebt. Und sie macht die Tür weit auf.
"Das kann doch nicht sein", denkt Abraham, als er Gottes Stimme hört.
Bip. Bip. Bip. Bip.
Sein Glaube ist stark und fest. Er zögert. Er atmet. Und er macht sich auf den Weg.
"Man kann ja nicht jedem helfen", denkt die Ehrenamtliche am Gemeindehaus. "Und außerdem wird die Suppe kalt."
Bip. Bip. Bip. Bip.
Zum Glück habe ich die nur erfunden--nach einer Vorlage von Jakobus. Denn auch in Nebringen findet sich ja lebendiger Glaube. Worin wird deiner sich zeigen?
Bip. Bip. ... Bip Bip. ... Bip Bip.
Nicht immer ist Glaube nur stark und fest. Manchmal gerät er ins Schleudern. Manchmal fühlt man seinen Puls fast nicht mehr.
Was dann?
Glaube ist ein Geschenk. Bitte Gott, ihn dir neu zu schenken.
"Glaube kommt aus dem Hören des Evangeliums", sagt Paulus. Hör neu hin, was Gott dir verspricht.
Und dann...
Bip Bip. Bip Bip. Bip. Bip. Bip. Bip.
... kann dein Glaube wieder aufleben. Und Leben verschenken. Mit vollen Händen. Im Vertrauen auf Gott, der dir gerne immer wieder gibt.
Das "Bip. Bip. Bip. Bip." hört man in ganz Nebringen.
Amen.

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