Gnade mit euch und Friede von Gott, dem Vater, und von Jesus Christus, unserem Herrn!
Hört zu, ihr, die Gott liebt–Worte von Jesus Christus, aus dem Evangelium nach Lukas, aus dem 6. Kapitel:
Hört mir gut zu. Ich sage euch: Wenn ihr Feind:innen habt, liebt sie. Wenn Menschen euch hassen, tut ihnen Gutes. Wenn Menschen euch verfluchen, segnet sie. Wenn Menschen euch schlecht behandeln, betet für sie.Wenn dir jemand eine Ohrfeige gibt, halt auch die andere Backe hin. Wenn dir jemand den Mantel wegnimmt, gib ihm auch das, was du drunter hast. Wenn dich jemand um etwas bittet, gib es. Wenn dir jemand etwas wegnimmt, verlang es nicht zurück. Behandelt andere so, wie ihr selbst behandelt werden wollt.Stellt euch vor: Ihr liebt nur die, die euch auch lieben. Ist das etwas Besonderes? Das tun Menschen auch ohne Gott. Stellt euch vor: Ihr tut nur denen Gutes, die euch auch Gutes tun. Ist das etwas Besonderes? Das tun Menschen auch ohne Gott. Stellt euch vor: Ihr leiht nur denen etwas, von denen ihr auch etwas wollt. Ist das etwas Besonderes? Auch ohne Gott behandeln Menschen einander so.Aber liebt eure Feind:innen. Tut Gutes und leiht, ohne etwas dafür zu erwarten. Dann werdet ihr reich belohnt. Gott, der Höchste, macht euch zu seinen Kindern. Wenn Menschen undankbar oder böse sind, bleibt Gott selbst freundlich zu ihnen. Gott, euer Vater, ist barmherzig. Werdet auch barmherzig – so wie er.Verurteilt niemanden. Dann wird Gott euch auch nicht verurteilen. Sucht nicht die Schuld bei den anderen. Dann wird Gott auch bei euch keine Schuld suchen. Vergebt anderen. Dann wird Gott euch auch vergeben.Gebt. Dann gibt Gott euch auch. Er gibt euch reichlich, großzügig und viel. Denn Gott geht mit euch so um, wie ihr mit anderen umgeht. (Lukas 6,27-38; von mir in leichte Sprache übertragen)
Wie du mir, so ich dir.
Anna unterrichtet mit Herzblut. Aber ihre Kollegin Frau Meier kritisiert ständig Kleinigkeiten. Eines Tages denkt Anna: Na gut, dann sag ich eben auch mal, was mir bei ihr nicht passt. Seitdem reden sie nur noch das Nötigste miteinander. Die Stimmung im Lehrerzimmer kippt.
Wie du mir, so ich dir.
Herr Brenner parkt wieder halb auf Frau Schmidts Grundstück. Sie schiebt am nächsten Tag die Mülltonne genau vor seine Einfahrt. Er beschwert sich lautstark, sie ruft zurück – und so wächst aus zwei kleinen Gesten ein richtiger Zaun zwischen ihnen, unsichtbar, aber spürbar.
Wie du mir, so ich dir.
Thomas arbeitet im Büro. Sein Chef meckert ständig über Nebensächlichkeiten. Thomas denkt: Wenn der so mit mir redet, geb ich mir halt keine Mühe mehr. Die Fehler häufen sich, der Chef wird noch gereizter. Ein stiller Kreislauf beginnt.
Wie du mir, so ich dir.
Sabrina wartet darauf, dass ihr Mann ihr endlich wieder mal zuhört. Er sagt: Du bist doch selbst ständig am Handy. Sie zieht sich zurück, redet weniger – und er versteht erst recht nicht, was los ist.
Wie du mir, so ich dir.
Online schreibt jemand unter Markus’ Beitrag einen bissigen Kommentar. Markus antwortet sarkastisch, der andere legt nach. Innerhalb von Minuten ist aus einer Meinungsverschiedenheit ein Schlagabtausch geworden, der niemandem guttut.
Wie du mir, so ich dir.
Das ist ein Reflex, den wir alle kennen. Hilfreich ist er nicht. Er richtet viel Schaden an. Er friert Beziehungen ein.
Am Ende haben wir... Feind:innen.
"Stimmt doch gar nicht", denkst du. "Feind:innen habe ich keine."
Aber wenn man genauer hinsieht, steckt hinter Jesu Worten nicht unbedingt die Vorstellung eines Kriegsgegners oder Todfeindes, sondern das, was Beziehungen zerstört: Abgrenzung. Groll. Verachtung. Kälte. Misstrauen. Verletzung.
Wenn du keine "Feind:innen" hast, kennst du vielleicht trotzdem Menschen, mit denen du nicht mehr reden kannst. Menschen, die dir etwas angetan haben – oder die du meidest, weil sie dich nerven oder dir wehgetan haben. Menschen, bei denen der Kontakt abgebrochen ist. Menschen, bei denen du denkst: Mit denen kann man einfach nicht mehr. Oder auch „Gruppen“: politische Gegner:innen, Nachbar:innen, Kolleg:innen, ganze Menschengruppen, auf die du herabschaust oder die du für „die anderen“ hältst.
Wenn Jesus von "Feind:innen" redet, weitet sich mein Blick. Er konfrontiert mich mit der Tendenz, andere aus meinem Herzen auszuschließen.
Vielleicht hast du keine Feind:innen im großen Sinn. Aber du kennst Menschen, die dir schwerfallen. Menschen, bei denen du innerlich zumachst. Genau da will Jesus ansetzen.
"Wie du mir, so ich dir" hilft da nicht.
Im Gegenteil: Es macht alles noch schlimmer.
"Behandelt andere so, wie ihr selbst behandelt werden wollt."
Wie ich es von dir erwarte, so ich dir.
Das nennen wir die goldene Regel. Die ist stark. Das ist, positiv formuliert, mehr als nur "Was du nicht willst, das man dir tu, das füg' auch keinem anderen zu." Positiv formuliert: Es beginnt mit meinem Handeln. Ich vermeide nicht nur Dinge, die ich auch nicht will. Ich warte auch nicht das Handeln der Anderen ab. Ich gehe von mir aus auf sie zu.
Das ist stark. Das könnte die Welt verändern.
"Behandelt andere so, wie ihr selbst behandelt werden wollt."
Die goldene Regel.
Anna unterrichtet mit Herzblut. Sie weiß, dass Frau Meier oft nörgelt. Trotzdem lobt sie sie bei der Teamsitzung für eine gute Idee im Unterricht. Frau Meier lächelt überrascht – und bleibt an diesem Tag still.
Herr Brenner parkt oft schief. Frau Schmidt weiß das und stellt ihre Mülltonnen am Abend extra so, dass er besser rangieren kann. Am nächsten Morgen grüßt er freundlich über den Zaun.
Thomas arbeitet im Büro. Er bringt seinem Chef morgens einen Kaffee mit, einfach so. Der Chef sagt tatsächlich „Danke“ – und meckert den ganzen Tag kein einziges Mal.
Sabrina weiß, dass ihr Mann oft müde heimkommt. Sie deckt den Tisch, macht das Handy aus und hört ihm zu, bevor sie etwas von sich erzählt. Der Abend wird ruhig und gut.
Markus schreibt regelmäßig freundlich unter die Beiträge anderer, auch wenn er nicht einer Meinung ist. Wenn er selbst etwas postet, bekommt er fast immer faire, ehrliche Antworten.
So entsteht die Haltung der goldenen Regel: Nicht warten, bis etwas schiefläuft. Sondern tun, was ich mir selbst wünsche. Vorher. Freiwillig. Von mir aus.
"Behandelt andere so, wie ihr selbst behandelt werden wollt."
Das ist keine neue Erfindung. Matthäus zitiert Jesus, der das als Zusammenfassung des ganzen Gesetzes Israels sieht: "... denn das ist das Gesetz und die Propheten." (Mt 7,12). Überall auf der Welt sind Menschen mit etwas Nachdenken darauf gekommen, dass unser Zusammenleben so besser funktioniert. ""Keiner von euch ist ein gläubiger Muslim, bis er für seinen Bruder das Gleiche wünscht, was er sich selbst wünscht.", heißt es im Islam. „Tue nicht anderen, was du nicht willst, dass sie dir tun.“ im Talmud (Talmud, Schabbat 31a). Konfuzius wusste: „Was du selbst nicht wünschst, das tue auch nicht anderen Menschen an.“ (Gespräche 15,23). Ähnliche Gedanken finden sich im Buddhismus – Lehren, die dazu einladen, anderen nicht zu schaden und sich dieser Haltung ein Leben lang anzunähern.
"Behandelt andere so, wie ihr selbst behandelt werden wollt."
Wie ich es von dir erwarte, so ich dir.
Das ist stark. Das ist logisch.
Die Welt wird besser, wenn das alle tun.
Und wenn nicht?
"Hört mir gut zu.", sagt Jesus. "Wenn ihr Feind:innen habt, liebt sie. Wenn Menschen euch hassen, tut ihnen Gutes. Wenn Menschen euch verfluchen, segnet sie. Wenn Menschen euch schlecht behandeln, betet für sie."
Wenn dir jemand eine Ohrfeige gibt, halt auch die andere Backe hin. Wenn dir jemand den Mantel wegnimmt, gib ihm auch das, was du drunter hast. Wenn dich jemand um etwas bittet, gib es. Wenn dir jemand etwas wegnimmt, verlang es nicht zurück. Behandelt andere so, wie ihr selbst behandelt werden wollt.Stellt euch vor: Ihr liebt nur die, die euch auch lieben. Ist das etwas Besonderes? Das tun Menschen auch ohne Gott. Stellt euch vor: Ihr tut nur denen Gutes, die euch auch Gutes tun. Ist das etwas Besonderes? Das tun Menschen auch ohne Gott. Stellt euch vor: Ihr leiht nur denen etwas, von denen ihr auch etwas wollt. Ist das etwas Besonderes? Auch ohne Gott behandeln Menschen einander so.Aber liebt eure Feind:innen. Tut Gutes und leiht, ohne etwas dafür zu erwarten. Dann werdet ihr reich belohnt. Gott, der Höchste, macht euch zu seinen Kindern. Wenn Menschen undankbar oder böse sind, bleibt Gott selbst freundlich zu ihnen. Gott, euer Vater, ist barmherzig. Werdet auch barmherzig – so wie er.Verurteilt niemanden. Dann wird Gott euch auch nicht verurteilen. Sucht nicht die Schuld bei den anderen. Dann wird Gott auch bei euch keine Schuld suchen. Vergebt anderen. Dann wird Gott euch auch vergeben.Gebt. Dann gibt Gott euch auch. Er gibt euch reichlich, großzügig und viel. Denn Gott geht mit euch so um, wie ihr mit anderen umgeht. (Lukas 6,27-38; von mir in leichte Sprache übertragen)
Hier wird es radikal. Jesus fordert mich auf, auch dann liebevoll zu handeln, wenn andere das nicht tun. Wenn sich daraus keine realistische Erwartung auf eine Besserung ergibt. Jesus fordert mich auf, es besser zu machen als die, die mir schaden. Das Reich Gottes beginnt, wo menschliche Logik aufhört.
"Liebt eure Feind:innen."
In den Händen der falschen Menschen wird dieser Satz zur gefährlichen Waffe. Ein Satz, der die Opfer zwingt, sich den Täter:innen zu beugen.
Das wäre zynisch. Wenn man von den Opfern des 9. November verlangt, ihre Feind:innen zu lieben, macht man die Täter:innen noch einmal mächtig. Man verschiebt die Schuld. Es wäre, als müsste eine jüdische Familie den Nazis vergeben, die ihre Synagoge niedergebrannt und ihre Angehörigen ermordet haben. Als läge die Verantwortung für Versöhnung bei denen, die gelitten haben. Das wäre nicht Liebe, sondern Gewalt in frommen Worten. Jesu Satz ist kein Appell an die Opfer, sondern eine Zumutung an die Täter:innen – und an alle, die nicht selbst leiden, sondern handeln können.
"Liebt eure Feind:innen."
Dieser Satz hat nur seinen Platz, wenn er freiwillig aus der Mitte der Opfer kommt. Jesus kann das sagen, weil er selbst zu den Opfern gehört. Er spricht nicht von oben herab, nicht als moralischer Lehrer in Sicherheit, sondern als einer, der selbst unterdrückt wird. Das Land, in dem er lebt, steht unter römischer Besatzung. Soldaten kontrollieren die Straßen, steuern das Volk aus der Ferne, nehmen sich, was sie wollen. Viele Menschen leben in Angst, unter Gewalt und Ausbeutung. Wenn Jesus in so einer Situation sagt: „Liebt eure Feind:innen“, dann redet er nicht den Mächtigen das Wort. Er stellt sich auf die Seite der Ohnmächtigen. Er nimmt ihre Erfahrung ernst – und verwandelt sie. Er zeigt einen Weg, der die Gewalt nicht fortsetzt. Er selbst geht diesen Weg bis zum Kreuz. Dort wird er nicht zum Täter, sondern bleibt Liebe – auch im Leiden. Darum darf er das sagen. Nur darum.
"Liebt eure Feind:innen."
Ist das denn überhaupt zumutbar? Machbar? Können Menschen das schaffen?
"Gott, euer Vater, ist barmherzig.", sagt Jesus. "Werdet auch barmherzig – so wie er."
Das ist der Schlüsselsatz in dem Ganzen. Ohne den bekomme ich das nicht hin. Nur wer sich von Gott bedingungslos angenommen, geliebt, wertgeschätzt und beschenkt weiß; nur wer Gottes Erbarmen an sich selbst unverdient erlebt hat, der kann diese Haltung auch an andere weitergeben.
"Gott, euer Vater, ist barmherzig.", sagt Jesus. "Werdet auch barmherzig – so wie er."
"Liebt eure Feind:innen."
Wie Gott mir, so ich dir.
Anna unterrichtet mit Herzblut. Frau Meier kritisiert sie weiter – in der Konferenz, auf dem Flur, manchmal sogar vor den Schüler:innen. Anna atmet tief durch. Sie beschließt, ihr am nächsten Tag einen Kaffee mitzubringen. Kein Kommentar, kein Vorwurf, einfach eine freundliche Geste. Frau Meier schaut irritiert, sagt aber leise „Danke“. Es ist kein Frieden, aber ein Anfang.
Herr Brenner parkt wieder halb auf Frau Schmidts Grundstück. Sie könnte jetzt wieder die Mülltonne vor seine Einfahrt stellen. Stattdessen bringt sie ihm die Post, die der Wind in seinen Garten geweht hat, und sagt freundlich: „Ich hab’s zufällig gesehen.“ Er nickt kurz, etwas verlegen. In ihr ist Ruhe.
Thomas sitzt im Büro. Der Chef meckert, wie immer. Thomas weiß, dass der Mann unter Druck steht. Er antwortet ruhig: „Ich verstehe, dass das gerade viel ist.“ Später bringt er ihm den Bericht trotzdem pünktlich – ohne Trotz, ohne stille Rache. Es ist nicht gerecht, aber es ist gut.
Sabrina hat sich vorgenommen, die Kälte zwischen ihr und ihrem Mann nicht weiterwachsen zu lassen. Als er abends müde heimkommt und wieder kaum redet, legt sie ihm die Hand auf den Arm. „Ich bin da“, sagt sie nur. Er hebt kurz den Blick. Kein großes Gespräch, aber etwas taut auf.
Markus bekommt wieder einen spöttischen Kommentar unter seinem Beitrag. Diesmal schreibt er nicht zurück. Stattdessen klickt er auf das Profil des anderen – und sieht, dass dieser vor kurzem einen schweren Verlust geteilt hat. Markus schreibt ihm eine persönliche Nachricht: „Ich wünsche dir Kraft. Das klang schwer.“ Einen Tag später kommt ein einfaches „Danke“.
"Liebt eure Feind:innen."
Wie Gott mir, so ich dir.
Diese Geschichten sind keine Held:innengeschichten. Niemand wird dabei stark, niemand gewinnt. Aber genau das ist das Wunder: Liebe, die nicht aus der eigenen Kraft kommt, sondern aus Gottes Erbarmen. Sie rechnet nicht auf, sie erwartet nichts zurück. Sie lässt sich nicht vom Verhalten der anderen bestimmen. Sie trägt Spuren von Gottes Reich in unsere Welt hinein – leise, unscheinbar, aber echt. So beginnt das Neue: Wo jemand den Kreislauf des „Wie du mir, so ich dir“ unterbricht, weil Gott ihn oder sie zuerst geliebt hat.
Wie Gott mir, so ich dir.
Das kann die Welt verändern.
Darin zeigt sich unsere trotzige Hoffnung.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Amen.