Christoph predigt

Zeitzeichen


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Gnade mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und von Jesus, dem Messias, unserem Herrn.

Geliebte Gottes, hört, aus dem Evangelium nach Lukas, aus dem 21. Kapitel. Worte von Jesus, dem Messias:

Zeichen werden sichtbar: an der Sonne, am Mond und an den Sternen. Auf der Erde bekommen die Menschen große Angst. Die Völker wissen nicht mehr, was sie tun sollen. Das Meer rauscht laut, und die Wellen schlagen heftig. Menschen vergehen vor Angst. Sie erwarten Schlimmes, das über die ganze Welt kommt. Die Kräfte im Himmel geraten durcheinander.Dann sehen alle den Menschensohn. Er kommt auf einer Wolke. Er kommt mit großer Macht und großer Herrlichkeit. Wenn das alles beginnt, dann schaut nach oben. Hebt den Kopf. Denn eure Erlösung kommt.Jesus erzählt ein Beispiel. Er sagt: Schaut auf den Feigenbaum und auf alle anderen Bäume. Wenn ihr die ersten neuen Triebe seht, dann wisst ihr: Der Sommer ist nahe. Genauso ist es bei euch: Wenn ihr das alles passieren seht, dann wisst ihr: Gottes Reich ist nahe. Darauf könnt ihr euch verlassen: Das wird noch geschehen, während diese Generation lebt. Der Himmel vergeht. Die Erde vergeht. Aber was ich sage, bleibt für immer. (Lukas 21,25-33; von mir in leichte Sprache übertragen)


Zeichen werden sichtbar. Zeichen. Viele Menschen suchen nach Zeichen. Früher. Und heute auch.

Früher hat man da gerne an den Himmel geschaut. Aufmerksam hat man die Bewegungen der Himmelskörper beobachtet. Schon aus diesem Grund hat das Altertum hervorragende Astronomen, Sternkundige, hervorgebracht. Naturphänomene--auch hier unten--die man nicht verstand, wurden schnell als göttliche Eingriffe ausgelegt. Das Meer, mit seinen unberechenbaren Stürmen, seinen Wellen, seiner Wut, wurde zum Sinnbild der zerstörerischen Kräfte des Chaos. Zeichen. Was kommt da auf uns zu?

Heute schaut man dazu eher auf andere Dinge. Russische Truppenbewegungen. Klimatische Veränderungen. Späte Posts des amerikanischen Präsidenten. Tageszeitungen. Talkshows. Wirre Nachrichten auf Tiktok und Telegram. Zeichen. Jede Person deutet sie anders. Aber das Muster bleibt gleich. Wir suchen Orientierung. Wir wollen verstehen, was passiert. Wir wollen uns zurechtfinden in einer Welt, die sich schnell verändert. Viel zu schnell, zu vernetzt und zu komplex. Wir kommen gar nicht mehr mit! Was kommt da auf uns zu?

Damals wie heute sind die Zukunftsbilder dunkel. Pessimismus breitet sich aus. Als Lukas seinen Bericht über Jesus schreibt, liegt die Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 noch ganz nah. Die Stadt liegt in Trümmern. Der Tempel ist zerstört. Das Volk ist auseinandergerissen. Alle gewohnten Sicherheiten sind weg. Für viele sah das wie das Ende aus.

Auf der Erde bekommen die Menschen große Angst. Die Völker wissen nicht mehr, was sie tun sollen.

"O Heiland, reiß die Himmel auf!"

Wie gut wäre Hoffnung! Gerade jetzt.

Es ist Advent. Ankunft. Aber noch nicht da. Sehnsuchtszeit. Zeit des "Da fehlt etwas!" Zeit des "O komm, o komm, du Morgenstern!" Wir sitzen im Dunkeln und suchen nach Licht.

"O Heiland, reiß die Himmel auf!"

Komm doch, Gott! Komm, und hilf uns! Komm, greif ein! Komm, tröste uns!

Menschen vergehen vor Angst. Sie erwarten Schlimmes, das über die ganze Welt kommt. Die Kräfte im Himmel geraten durcheinander.


Wenn das alles beginnt, dann schaut nach oben.

Mitten in Schrecken, Furcht und Angst malt Jesus ein Hoffnungsbild: Lasst den Kopf nicht hängen! Schaut nicht nur nach unten, auf das, was euch Angst macht! Kopf hoch! Eure Erlösung kommt!


Hoffnung. Licht im Dunkeln.

Drei Dinge malt Jesus an den Horizont: Hoffnung für die, die nach oben schauen. Die auf Gott hoffen. Mit ihm sieht alles anders aus.


Drei Dinge. Erstens: Der "Menschensohn".

Dann sehen alle den Menschensohn. Er kommt auf einer Wolke. Er kommt mit großer Macht und großer Herrlichkeit.

Wer Jesus kennt, weiß, dass er von sich selbst redet. "Der Menschensohn", so nennt er sich oft. "Der Menschensohn" -- ein Mensch. Einer von uns. Einer wie wir. Gott ist uns ganz nahe gekommen. Näher, als wir es je geglaubt hätten. Ein Kind. In der Krippe. Ein Mensch. Gottes Sohn. Immanuel. "Gott mit uns", heißt das.

"Der Menschensohn". Was wir heute hören, ist nur ein Teil dieses vielschichtigen Bilds. "Der Menschensohn" war ein Begriff, den die Leute kannten. Jesus hat ihn nicht erfunden. "Der Menschensohn" stammt aus den alten Texten. Hoffnung, für die Zukunft. Der Prophet Daniel, lange vor Jesus, hat das so formuliert:

Ich sah etwas in einem Traum in der Nacht. Da kam einer, der aussah wie ein Menschensohn. Er kam mit den Wolken des Himmels. Er ging zu Gott, dem ewigen Herrscher. Man führte ihn zu Gott.Gott gab ihm Macht. Gott gab ihm Würde. Gott gab ihm ein Reich. Alle Völker dienen ihm. Menschen aus allen Ländern und Sprachen achten ihn. Seine Herrschaft hört nie auf. Sein Reich wird nie zerstört. (Daniel 7,13-14; von mir in leichte Sprache übertragen)


"Der Menschensohn"--Gottes König. Für immer. Der, der ein Ende macht mit dem Chaos der Welt. Das Friedensreich Gottes beginnt mit ihm. Hoffnung auf eine bessere Zukunft.

In Jesus, dem Messias, kommen die beiden Bilder zusammen. Der mächtige König, auf den viele warten, ist er. Gottes Sohn--ein Mensch geworden. Einer von uns. Einer bei uns. Einer, der ganz anders kommt, als es alle erwartet haben. Und genau deshalb macht er alles anders. Genau deshalb gibt es Hoffnung. "Der Menschensohn" ist nicht ein Superheld, der noch stärker draufschlägt als die Mächtigen in unserer Welt. "Der Menschensohn" kommt mit Friede, Gnade und Gerechtigkeit.

Er ist der Menschensohn, der den Weg der Liebe gegangen ist--bis ans Kreuz. Dort hat er die Mächte des Bösen entmachtet. Dort hat er getragen, was uns niederdrückt. Und Gott hat ihn auferweckt -- nehmt das als Zeichen, wenn ihr Zeichen sucht! Die Dunkelheit des Todes selbst ist hell geworden. Der Gekreuzigte ist der Auferstandene. Er ist der, der kommt.

Licht im Dunkeln. Hoffnungsbilder.


Zweitens: "Erlösung".

Erlösung heißt: Gott lässt uns nicht allein. Gott befreit. Gott macht neu. Gott schafft einen Weg, wo wir keinen mehr sehen.

„Eure Erlösung kommt“, sagt Jesus. Nicht: Vielleicht. Nicht: Irgendwann. Sondern: Sie kommt. Ihr müsst nur in die richtige Richtung schauen. Nicht nach unten. Nicht auf das, was ihr für Zeichen haltet. Nicht auf eure Angst. Schaut nach oben! Kopf hoch! Gott ist der, auf den ihr euch verlassen könnt. Ihr dürft hoffen. Wir haben Hoffnung!

"Eure Erlösung kommt."

Erlösung ist ein großes Wort. Ein starkes Wort. Ein Wort, das viele Bilder weckt. Für manche klingt es fremd. Aber die Sehnsucht dahinter kennen wir alle.

Erlösung heißt: Ich muss meine Angst nicht allein tragen. Ich muss mich nicht selbst retten. Da ist einer, der kommt mir entgegen. Da ist einer, der mich sieht. Da ist einer, der sagt: „Du gehörst mir. Ich lasse dich nicht fallen.“

Jesus, der Messias, hat das Lösegeld bezahlt. Mit seinem Leben. Er hat sich hingegeben. Er ist der, der uns frei macht: durch sein Kreuz und seine Auferstehung.

Erlösung heißt ganz wörtlich: Gefangene werden befreit. Sklav:innen werden freigekauft. Jemand anders bezahlt, damit du frei sein darfst. Damals war das ein bekannter Begriff. Man kannte Geschichten, wo das tatsächlich geschehen sein sollte. Man hatte gehört, es gäbe... Die Realität sah meistens anders aus. Wenige sind bereit, so viel für andere zu geben. Aber die Hoffnung blieb, in vielen aussichtlosen Situationen: Wenn doch jemand mich so liebte... Wenn doch jemand sich über mich erbarmte...

Hoffnung. Erlösung.

"Eure Erlösung kommt", sagt Jesus. Ganz gewiss. Darauf könnt ihr euch verlassen.

Erlösung heißt: Gott holt uns heraus aus dem Dunkel. Gott richtet uns auf. Gott schenkt Zukunft.

Im Advent üben wir diese Sehnsucht ein. Wir warten nicht passiv. Wir warten hoffend. Wir warten auf den, der kommt. Den "Menschensohn". Den "kommenden Erlöser"-- so heißt dieser zweite Adventssonntag. Der kommt gewiss. Auch wenn jetzt noch so vieles dunkel ist.

"Eure Erlösung kommt."

Licht im Dunkeln. Hoffnungsbilder.


Drittens. "Reich Gottes".

Wenn ihr das alles passieren seht, dann wisst ihr: Gottes Reich ist nahe.


Das „Reich Gottes“ ist kein Ort. Es ist keine Burg. Es ist kein Landstrich mit Grenzen. „Reich Gottes“ meint: Gott handelt. Gott regiert. Gott setzt sich durch – mit Liebe, mit Gerechtigkeit, mit Frieden. Gottes Wirklichkeit bricht durch in unsere Welt. Mitten hinein. Auch wenn vieles dagegensteht.

„Gottes Reich ist nahe.“

Das heißt: Gott ist nicht weit weg. Gott kommt uns entgegen. Gott will diese Welt erneuern. Nicht von oben herab. Nicht mit Gewalt. Sondern so, wie Jesus es gezeigt hat: mit Güte, mit Barmherzigkeit, mit einem offenen Herzen für alle.

"Gottes Reich ist nahe."

Und doch scheint es vielen, wie eine unendlich ferne Traumwelt. Schon damals: Lebte man doch in einem ganz anderen Reich: "Imperium Romanum". Zwar rühmten die Mächtigen den "römischen Frieden". Aber gegründet war der auf Gewalt und Unterdrückung. Keine Freiheit. Keine Chancen. Keine Gerechtigkeit. Keine Hoffnung?

"Gottes Reich ist nahe.", sagt Jesus.

Das Reich Gottes wächst manchmal leise. Fast unsichtbar. Wie der Sommer, der kommt, wenn die ersten kleinen Triebe an den Bäumen erscheinen. Man sieht nur wenig. Aber es ist schon da. Es wächst. Es breitet sich aus. Schritt für Schritt.

Wenn Jesus sagt: „Gottes Reich ist nahe“, dann sagt er: Achtet auf das, was wächst. Achtet auf das Gute, das Gott tut. Achtet auf die Zeichen seiner Liebe. Selbst in schweren Zeiten.

Gott lässt sein Reich wachsen--gerade da, wo Menschen aus Hoffnung leben: Wo wir Frieden stiften. Wo wir einander helfen. Wo wir Gerechtigkeit suchen. Hoffnung bewegt etwas. Hoffnung verändert die Welt.

Selbst in einer Welt voller Angst. Gottes Reich kommt. Ganz sicher.

Schaut genau hin! Schaut mit Gottes Blick! Schaut auf Gottes Spuren: Kleine Lichter, mitten im Dunkel.

Vielleicht seht ihr es im Alltag: in einem freundlichen Wort, in einer Umarmung, in einem Besuch, der gut tut. Kleine Lichter. Aber sie wärmen das Herz.

Manchmal ist es gar nicht viel: jemand hört dir zu, jemand entschuldigt sich, jemand macht den ersten Schritt zum Frieden. So wächst Gottes Reich – leise, aber spürbar.

Schaut! "Gottes Reich ist nahe."

Manchmal sehen wir nur das Schwere. Manchmal sehen wir nur Chaos. Aber Gott ist schon da. Gott wirkt schon. Gottes Reich fällt nicht. Gottes Reich vergeht nicht. Alles andere wankt. Aber was Gott beginnt, bleibt.

Schaut! "Gottes Reich ist nahe."

Kopf hoch!

Und wenn du gerade kaum den Kopf heben kannst: Auch dann hält Gott dich. Auch dann kommt er zu dir.

Und wenn dir die Kraft fehlt, aufzuschauen: Dann kommt das Licht zu dir. Gott findet dich auch im Dunkeln.

"Gottes Reich ist nahe."

Licht im Dunkeln. Hoffnungsbilder.


Sehnsucht.

"O Heiland, reiß die Himmel auf!"

Hoffnungsbilder. In Lukas' Text bricht dieses Sehnen hervor. So stark ist es geworden, dass man es kaum noch aushalten kann. Die Hoffenden glauben sich schon fast am Ziel: "Das wird noch geschehen, während diese Generation lebt."

Heute, fast 2.000 Jahre später, klingt das seltsam. So vieles ist seither passiert. So viel Zeit vergangen. So viele Schreckensahnungen wurden wahr. So viele Angstbilder passen auch heute noch. Haben wir wirklich noch Hoffnung?


Advent heißt, diese Spannung auszuhalten. Advent braucht einen langen Atem. Sehr lange. Länger, als wir es uns wünschen.

Wie hält man das durch?

"Kopf hoch", sagt Jesus. Nur so kann das gehen.

Schaut: Eure Erlösung kommt. Der Menschensohn steht vor der Tür. Das Reich Gottes ist ganz nahe. Es ist schon hier. Und es wächst. Jeden Tag.

Seht ihr das?


Was sind die Bilder, die deine Weltsicht prägen? Was sind die Zeitzeichen, die du zu erkennen glaubst?

Der Himmel vergeht. Die Erde vergeht. Aber was ich sage, bleibt für immer.

Wer darauf hört, der bleibt. Wer diese Zeichen sieht, der ist zuversichtlich.

Kopf hoch!

Wir kennen den Menschensohn. Unsere Erlösung kommt. Das Reich Gottes wächst -- hier bei uns.

Wir haben Hoffnung!

Lass das deine Zeitzeichen sein.

Amen.

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