Veränderung der Perspektive
Ein Standpunkt von Jochen Mitschka.
Berichte über das Leben in Namibia werden nun nur noch 14-tätig erfolgen. Aber ganz ohne Einfluss des Standortes ist auch der heutige Beitrag nicht. Wenn man seinen Wohnort verändert, ergibt sich oft auch eine veränderte Sicht auf die Welt. Nicht nur weil der Winter zum Sommer und umgekehrt wird. Oder weil man eine Jacke anzieht, wenn man in ein Büro geht, und auszieht, wenn man das Haus verlässt, statt umgekehrt wie in Deutschland. Und aus afrikanischer Perspektive ergeben sich Fragen und Sichtweisen, auf die man in Deutschland eher nicht kommen mag. Ein Beispiel dafür ist dieser PodCast. Während man von Deutschland aus Afrika als Armenhaus der Welt wahrnimmt, sehe ich es von hier aus als zukünftige Großmacht, vergleichbar mit der Situation in Asien vor 40 Jahren.
Aber natürlich ist genau das nicht im Interesse der westlichen Kolonialstaaten. Sie haben meist alles getan, um Afrika in Abhängigkeit und Unselbständigkeit zu halten. Allen voran Frankreich, das immer noch Steuern in ehemaligen Kolonien eintreibt, die Finanzen in Paris kontrolliert, billigst Rohstoffe aus Afrika extrahiert (ohne das billige Uran wäre die Industrialisierung Frankreichs in der gesehenen Form nicht möglich gewesen), über die Währung und mit seinem Militär, aber auch ganz einfach mit dem „Ausschalten“ unangenehmen Politikern, umfassenden Einfluss auf die Politik nimmt. Es geht darum, die Länder offen für westliche Überproduktion zu halten, keine eigenen Veredlungsindustrien zuzulassen, die in Konkurrenz zu eigenen Industrien geraten könnten, und es geht darum billig Rohstoffe direkt selbst schürfen zu können. Und sie nicht von staatlichen Unternehmen zu Marktpreisen kaufen zu müssen. Das geschieht bisher ganz gut mit einem Teil der Elite der Länder, die bewusst korrupt „gezüchtet“ wurde, um den westlichen Interessen zu dienen.
Werkzeuge der postkolonialen Kontrolle
Mit welchen Werkzeugen das bisher geschah, beschrieb Dagmar Henn sehr schön in einem kürzlich erschienen Artikel (1):
„Der IWF aber wurde genutzt, um Bedingungen für diese Kredite zu stellen, die dafür sorgten, dass die Abhängigkeit ja nicht ende (beste Lektüre darüber: Perkins, Bekenntnisse eines Economic Hitman). Dazu gehörte, Schutzzölle gegen Waren aus dem industriellen Westen zu untersagen; eine nationalisierte Industrie und Rohstoffförderung zu verhindern; dafür zu sorgen, dass Konzerne aus den westlichen Ländern direkten Zugriff auf die Förderung von Rohstoffen hatten und diese nicht erst auf dem ‚freien‘ Markt erwerben mussten.“
Es gab eben früher keinerlei Alternativen zu den Krediten und den damit verbundenen Auflagen. Auflagen, die in erster Linie verhinderten, dass der Aufbau einer eigenen Wirtschaft und Industrie geschützt wurde. Beispiele sind die Geflügelzucht in manchen afrikanischen Ländern, die über Billigimporte von Überschussproduktionen aus der EU verdrängt wurden. Ebenso die Verhinderung einer eigenen Textilindustrie durch den Import von gebrauchter Designermode, welche die Abgeber glaubten, einem guten Zweck zuzuführen. Auch nicht zu vergessen sei das legale, weil gekaufte Leerfischen der Küsten, welche dann aus Fischern „Piraten“ machte, die wiederum in mafiöse Kreise gerieten, oder zu Flüchtlingsbootverkäufern und Flüchtlingen wurden. Wodurch dann die westliche Militärmacht auftreten konnte als „Hilfe bei der Bekämpfung der Piraterie“ für Länder „welche dazu selbst nicht in der Lage sind“ und „zum Schutz der Handelswege“.
Dass diese Handelswege nun durch den Wirtschaftskrieg gegen Russland, genannt Sanktionen, freiwillig gekappt werden, gehört zu den nie in Qualitätsmedien diskutierten Absurditäten.
Wie es einem Land erging, das keine Kredite benötigte, welches ein allgemeines Wohlfahrtsprogramm fuhr, Einwanderungsland für Afrikaner war, welche gar keine Notwendigkeit sahen, weiter über das Meer nach Europa zu gelangen; was einem L...