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In der NATO-Falle | Von Rudolf Brandner


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Ein Standpunkt von Rudolf Brandner.


Hinweis zum Beitrag: Der vorliegende Text erschien zuerst im „Rubikon – Magazin für die kritische Masse“, in dessen Beirat unter anderem Daniele Ganser und Hans-Joachim Maaz aktiv sind. Da die Veröffentlichung unter freier Lizenz (Creative Commons) erfolgte, übernimmt apolut diesen Text in der Zweitverwertung und weist explizit darauf hin, dass auch der Rubikon auf Spenden angewiesen ist und Unterstützung braucht. Wir brauchen viele alternative Medien!

Die SPD verrät die Grundlagen ihrer erfolgreichen Sicherheitspolitik und trägt so dazu bei, dass die EU ihre Souveränität preisgibt.



Wir träumten davon, vor kriegerischen Handlungen geschützt zu sein — aufwachend bemerken wir nun, dass die NATO-Mitgliedschaft die Wahrscheinlichkeit, in Kriege und Konflikte verwickelt zu werden, drastisch erhöht und uns als einen Mitgliedsstaat erheblichen Gefahren aussetzt. Es ist wohl eine kaum zu überbietende Absurdität, dass die NATO, einst gegründet als territorial verankertes Verteidigungsbündnis gegen den Krieg, nun selbst zum Kriegsgrund wurde. Die europäische Staatenwelt ist dem Risiko eines wirtschaftlichen Totalzerfalls ausgesetzt, der bis zur Selbstvernichtung führen könnte. Wie kam es dazu und welche Kräfte sind hier im Spiel? Welche Entwicklungen zeichnen sich nun im Oktober 2022 — nach einer ersten, noch hoffnungsvollen Perspektive im März/April 2022 — ab?





Die NATO am Ende des Kalten Krieges
Mit der deutschen Wiedervereinigung und dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes wurde auch die Existenzberechtigung der NATO fragwürdig: Denn wo der Gegner ausfällt, gegen den ein Bündnis geschlossen wurde, wird auch dieses selbst hinfällig — es erübrigt sich.
In der geschichtlichen Lagebeurteilung schien der ideologische Ost-West-Gegensatz überholt, die Zugehörigkeit des wiedervereinigten Deutschlands zur NATO eine bedeutungslose Formalie, abgesichert durch das umgekehrte Versprechen, diese würde sich keinen Zentimeter über das Gebiet der ehemaligen DDR ausdehnen. So wurde, wie im Grundsatzprogramm der SPD vom 20. Dezember 1989, die Auflösung der NATO in den Blick genommen. Denn ein militärisches Verteidigungsbündnis schöpft seinen ganzen Sinn, seine Legitimation immer nur aus einer definiten Feindesbedrohung; wo diese ausfällt, verliert es seine Legitimationsbasis — es wird sinnlos.
Die NATO im Dienste der US-Geopolitik
Aber es kam anders; und die geschichtliche Paradoxie besteht gerade darin, dass eine in ihrer ganzen Existenz delegitimierte NATO nicht zerfiel und sich auflöste, sondern im Gegenteil, durch die Aufnahme weiterer Staaten expandierte und zu weltweit einzigartiger militärischer Machtfülle anwuchs, der nur eines fehlte — der Feind.
Wie sich in den Neunzigerjahren abzeichnete, wollte die US geführte NATO den strategischen Machtvorteil, den ihr die Geschichte geschenkt hatte, doch nicht so einfach aus der Hand geben. Und so nahm mit der EU-Erweiterung auch die NATO Expansion gegen Osten ihren Lauf, ohne das Sinnvakuum auch nur ansatzweise durch eine veränderte Sicherheitsarchitektur auszufüllen. Dies hätte in erster Linie Sache der zu neuer Souveränität erwachten europäischen Staatenwelt (EU) sein müssen.
Aber in ihrer Formierungsphase zu schwach, sich gegen die transatlantischen Interessen durchzusetzen, unterwarf sie sich der geopolitischen Strategie der US-geführten NATO, wie sie maßgeblich von Zbigniew Brzeziński formuliert wurde: Die einzig verbliebene Supermacht USA müsse ihr Hegemonialstreben im Namen von Demokratie und Menschenrechte in erster Linie auf Eurasien und das „schwarze Loch“ — den „eurasischen Balkan“ (Ukraine, Georgien, Aserbaidschan) konzentrieren,
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