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020 Interview mit Peter Martin Thomas: Wie ticken Jugendliche heute?

12.11.2017 - By Daniel WalzerPlay

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Key-Take-Aways   Um für Jugendliche attraktiv zu sein, muss ein Unternehmen wissen, wofür es steht und arbeitet. Ist das klar, dann wird die Zielgruppe klar. Und die erreicht man dann über eine Kommunikation, die sich auch dem jeweiligen Kommunikationskanal anpasst. Die GenY, wie sie in den Medien dargestellt wird, gibt’s nicht; es ist weit differenzierter: „Nicht alle Jugendlichen wollen modern, urban und trendy sein. Viele Jugendliche sind heimatverbunden und traditionell.“ (Peter Martin Thomas) Die beiden wichtigsten Jugendgruppen sind für Peter Martin Thomas die Adaptiv-Pragmatischen und die Expeditiven. Auf sie müssen sich Unternehmen je unterschiedlich einstellen.   Zur Person: Peter Martin Thomas (Sinus-Akademie)   Leiter der Sinus-Akademie Redner, Keynote-Speaker und Trainer Seit 1997 forscht und arbeitet er zu dem Themenkomplex „Jugend, Arbeit, Zukunft“, u. A. für den Landtagsausschuss Baden-Württemberg Dabei beschäftigten ihn vor allem zwei Fragen: Wie ticken Jugendliche? Wie können sie mit Organisationen zusammenkommen?   Was ist die Sinus-Akademie? Die Sinus-Akademie ist die Weiterbildungseinrichtung des Sinus-Instituts. D. h.: Während das Institut forscht, spricht die Akademie darüber. Das Sinus-Institut sitzt in Heidelberg und betreibt seit 40 Jahren Markt- und Sozialforschung Besonders bekannt ist das Institut für seine Sinus-Milieus, die Menschen auch nach Lebensstil und Werten beschreiben, nicht nur nach soziodemografischen Faktoren   Shownotes: Die wichtigsten Inhalte aus meinem Interview mit Peter Martin Thomas   Peter Martin Thomas darüber, wie ein Unternehmen Jugendliche überhaupt finden kann   Man kann nicht alle Jugendlichen über einen Kamm scheren, auch wenn sie in demselben Zeitraum geboren und in derselben Gesellschaft aufgewachsen sind. Deshalb, sagt Peter Martin Thomas, ist es am wichtigsten für ein Unternehmen, herauszufinden, welche Werte und welchen Lebensstil die Jugendlichen, die für das betreffende Unternehmen infrage kommen, haben: „Nicht alle Jugendlichen wollen modern, urban und trendy sein. Viele Jugendliche sind heimatverbunden und traditionell.“ (Peter Martin Thomas) Die GenY, wie sie in den Medien beschrieben wird, gibt’s für Peter Martin Thomas ohnehin nicht, das sei viel zu vereinfachend. Allein die große Vielfalt an Bildungsgraden, Lebensstilen und Werten werde nicht berücksichtigt, von Migration ganz zu schweigen.   Wie sehen sie ihr Berufs- und Privatleben: Was möchten die Jugendlichen darin realisieren? Wie stellen sie sich ihre traumhafte Woche vor: 20 Stunden Arbeit oder 70?   Dann sollte sich das Unternehmen fragen: Welche dieser Lebensstile und Werte passen zu meinem Unternehmen, meiner Branche am besten? Diese Werte sollen dann mitausgespielt werden, um Gleichgesinnte anzulocken.   Nachdem die Zielgruppe so benannt worden ist, kommt man recht leicht zu den jeweilig benötigten Kommunikationskanälen. Tipp von Peter Martin Thomas: Jeder Kommunikationskanal hat seinen eigenen Stil. Deshalb sollte die Ästhetik der Botschaft auf den jeweiligen Kanal angepasst werden.   Peter Martin Thomas darüber, welche Jugendgruppen in Zukunft am wichtigsten sein werden und wie sie ticken   Die beiden wichtigsten Gruppen sind für Peter Martin Thomas eindeutig die sogenannten Adaptiv-Pragmatischen und die Expeditiven. Wer ist das?   Die adaptiv-pragmatische Jugendgruppe: Sie ist die junge, bürgerliche Mitte und weist dementsprechend ein hohes Bildungsniveau auf, ist zuverlässig und verbindlich. Rein berufsspezifisch sind ihre hervorstechendsten Eigenschaften: Anpassungsbereit und nutzenorientiert, d. h. sie vertreten die Einstellung: „‚Ich bin bereit, mich den Anforderungen im Job gern anzupassen‘, aber immer mit der Frage: ‚Was habe ich davon? Was ist mein Vorteil?‘“ (Peter Martin Thomas)  Das Wichtigste ist für sie Sicherheit: im Job, eine Heimat zu haben, Wohneigentum anzuschaffen, eine Familie zu gründen. Berufliche Selbstverwirklichung spielt bei ihnen eine große Rolle und zwar für beide Geschlechter (in der Beziehung). Außerdem spielt die Karriere eine große Rolle, dementsprechend auch die Frage nach Weiterbildungsmöglichkeiten, sowie die Frage nach dem Standort: Sind die Mieten bezahlbar? Gibt’s dort eine gute Kinderbetreuung?   Die expeditive Jugendgruppe: Im Gegensatz zu den Adaptiv-Pragmatischen versteht die expeditive Jugendgruppe das Leben als Abenteuerreise: Jeden Tag etwas Neues erleben, Grenzen überwinden, sich nicht binden und haufenweise interessanten Jobs nachgehen. Für sie spielt Karriere überhaupt keine Rolle. Stattdessen sind sie an spannenden Projekten interessiert Deshalb gibt es so gut wie keine Bindung an ein Unternehmen, denn das stünde in krassem Gegensatz zu ihrer Leben-als-Abenteuerreise-Einstellung. Peter Martin Thomas rät Unternehmen deshalb, statt mit Festanstellung zu locken, lieber projektbezogen anzuheuern. Außerdem kann man sie mit einer guten Willkommenskultur gewinnen: „Ich kann verstehen, dass Du was anderes sehen willst und bin Dir deshalb nicht Gram, wenn Du gehen willst, denn Du bist jederzeit wieder willkommen.“ Viele kommen zurück zu diesem Unternehmen.   Was beide Jugendgruppen verbindet, ist der Fokus aufs Jetzt: „Ich will jetzt was erleben, nicht erst in meiner Rente.“ Beide Gruppen sind daher nur bereit, viel zu arbeiten (z. B. Überstunden), wenn als sie es als sinnvoll erachten.   Peter Martin Thomas darüber, wie Jugendliche sich auf die Zukunft einstellen können   Sie sollten sich fragen: „Was ist meine Idee davon, was ich in der Berufswelt realisieren will?“ Diese Frage ist essentiell, denn heutzutage wird im Lauf des Lebens so oder so ständig der Beruf gewechselt. Es braucht aber eine Konstante, die dafür sorgt, dass man glücklich ist und den richtigen Weg zwischen den Berufsfeldern findet, denn diese Entscheidung, so Peter Martin Thomas, sei eine Lebensentscheidung.   Außerdem empfiehlt der Leiter der Sinus-Akademie den Jugendlichen das Trial-and-Error-Prinzip: Erst einen Versuch machen, Erfahrungen sammeln und schauen, wie zufrieden man damit ist. Wie soll denn auch bitte bei knapp 18.000 Studiengängen auf Anhieb der richtige gefunden werden?   Peter Martin Thomas kritisiert die Idee der ungebrochenen Biographie als nicht mehr zeitgemäß. Seine Erfahrung ist allerdings, dass in den Unternehmen diese Idee gar nicht mehr so stark verfolgt würde, aber in den Köpfen der Jugendlichen sei sie noch sehr verankert.   Peter Martin Thomas über den Arbeitsmarkt der Zukunft   Peter Martin Thomas glaubt, dass das Aushandlungsmodell an Verbreitung und Bedeutung gewinnen wird: Nicht mehr alle werden über dasselbe Modell betrachtet, sondern individuell nach unterschiedlichen Lebensphasen und Lebenswelten im Unternehmen beurteilt, angestellt und bezahlt. So passt sich der Arbeitgeber der Lebensphase des jeweiligen Arbeitnehmers an. Dies ständig zu verhandeln, wird zukünftig die gemeinsame Aufgabe von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sein.   Was muss ein Unternehmen tun, um an diesem Markt bestehen zu können? Das Wichtigste ist, eine klare Vision zu finden: Wofür stehe ich? Warum gibt’s mich überhaupt? Außerdem sollte es eine gute Führungs- und Unternehmenskultur etablieren: Welche Idee von Mitbestimmung hat das Unternehmen? Was kann es beitragen zum Wohlfühlen der Mitarbeiter untereinander?   Wie kannst Du Kontakt zu Peter Martin Thomas aufnehmen?   Peter Martin Thomas kann für Vorträge, Workshops oder Beratungen über die Website der Sinus-Akademie gebucht werden. Außerdem findest Du ihn garantiert über eine Google-Suche wegen seines einzigartigen Namens. Übrigens: Die vom Sinus-Institut durchgeführte Jugendstudie 2016: „Wie ticken Jugendliche?“ gibt’s zum kostenlosen Download als E-Book auf der Website des Sinus-Instituts.   

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