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Ist die russische Militäraktion völkerrechtswidrig? | Von Bernd Murawski


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Ein Standpunkt von Bernd Murawski.
Der Militärschlag Russlands gegen die Ukraine gilt im Westen als völkerrechtswidrig, ein Anspruch auf Selbstverteidigung wird aberkannt. Der aktuelle westliche Informations- und Wirtschaftskrieg stützt indes die Berechtigung russischer Ängste.
Auf den ersten Blick scheint es keinen Zweifel zu geben, dass die russische Führung mit dem Einmarsch in die Ukraine das völkerrechtliche Gewaltverbot missachtet hat. Wenn ein Argument gegen die militärische Operation Russlands Linke und Rechte, Liberale und Konservative, Nationalisten und Globalisten in einer Front vereinigt, dann ist es dieses. Trotz des breiten Konsensus werden aus drei Richtungen Einwände vorgebracht, die im Folgenden thematisiert werden.
Einwände gegen den Vorwurf eines Völkerrechtsbruchs
Der erste Einwand geht vom Tatbestand aus, dass während der letzten Jahrzehnte wiederholt gegen das Völkerrecht verstoßen wurde. Die mit Abstand meisten Todesopfer und größten Schäden wurden durch Kriege westlicher Staaten verursacht. Darunter befindet sich die 78 Tage währende Bombardierung von Zivilobjekten in Jugoslawien 1999 durch die NATO, der Einmarsch der USA und ihrer Alliierten in Afghanistan 2001 und in den Irak 2003 sowie die Vernichtung der libyschen Armee im Jahr 2011, wodurch das Land in ein fortdauerndes Chaos gestürzt wurde. Es sei daran erinnert, dass die westlichen Angriffe jeweils mit Vorwürfen begründet wurden, die sich später als falsch erwiesen. Ein noch heute bestehender Verstoß gegen das Völkerrecht ist der Aufenthalt US-amerikanischer und türkischer Militäreinheiten auf syrischem Boden gegen den erklärten Willen der international anerkannten Regierung.
Die australische Journalistin Caitlin Johnstone vertritt die Auffassung, dass das Völkerrecht durch die Militärinterventionen des US-geführten Westens faktisch außer Kraft gesetzt wurde. Obendrein können sich die Kriegsverantwortlichen internationaler Gerichtsbarkeit entziehen. Anklagen würden dadurch erschwert, dass UN-Institutionen wie die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) durch den Westen vereinnahmt wurden. Dessen Ziel sei es, die UN-Charta durch eine regelbasierte Ordnung zu ersetzen, deren Grundsätze er selbst bestimmt.
Aus Johnstones Sicht erscheint es unlogisch, die russische Militäraktion für illegal zu erklären, „weil es keinen glaubwürdigen Rahmen zur Durchsetzung eines solchen Konzepts gibt. (...) Man kann das Völkerrecht nicht erst aushöhlen und sich dann darauf berufen.“ Auch wenn Friedensaktivisten und andere progressive Kräfte ihre Position nicht teilen, müssten sie es dennoch als unerträglich empfinden, im Schulterschluss mit Verteidigern westlicher Völkerrechtsbrüche an der Verurteilung Russlands teilzuhaben.
Ein weiterer Einwand ist der Hinweis, dass nicht nur die Anwendung von Gewalt gegen andere Staaten völkerrechtswidrig ist, sondern bereits deren Androhung. Nun beinhaltet der vor etwa einem Jahr in Kraft getretene Beschluss der Ukraine zur „Deokkupation und Wiedereingliederung“ der Krim eine implizite Aufforderung zum Einsatz von Militär. Seitdem gibt es vermehrt Anzeichen, dass die aggressive Rhetorik in konkretes Handeln überführt wird. Solche sind die zunehmende Aufrüstung, die Konzentration starker Militärverbände im Osten des Landes und der durch die OSZE registrierte intensivierte Beschuss von Städten des Donbass.
Aus ukrainischer Sicht handelt es sich um eine versuchte Wiedererlangung der Kontrolle über verlorene Gebiete und damit um eine innerstaatliche Angelegenheit. Da das Minsker Abkommen durch die Verabschiedung der Resolution 2202 im UN-Sicherheitsrat Völkerrechtsstatus erhielt, ist zumindest dessen Nicht-Umsetzung durch Kiew als illegaler Akt anzusehen.
Eine völkerrechtswidrige Drohung wären zweifellos verbotene Aktivitäten im Rahmen der aufgedeckten Bioforschung wie auch eine Beschaffung von Atomwaffen, die Wolodymyr Selenskyj auf der Münchener Siche...
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