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Kapitalismus bis zum bitteren Ende | Von Rüdiger Rauls


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Ein Standpunkt von Rüdiger Rauls.
Die schwerste Bankenkrise seit der Lehman-Pleite scheint für die USA vorerst überstanden. Auch der Streit um die Schuldengrenze ist fürs erste beigelegt. Die Zahlungsunfähigkeit der größten Volkswirtschaft der Welt konnte im letzten Moment abgewendet werden. Ist nun die Welt des Kapitalismus wieder in Ordnung?
Kapital auf der Flucht
Notenbank und Regierung der USA haben mit der Bereitstellung von Finanzmitteln und Bürgschaften verhindern können, dass der Untergang mehrerer mittelgroßer Banken sich zu einer großen Finanzkrise ausweitet. Kaum ist an dieser Front Ruhe eingetreten, tun sich bereits neue Abgründe auf. Das Beben rund um die Silicon Valley Bank hat zum Abfluss von „fast 600 Milliarden Dollar ... aus dem US-Bankensystem“ (1) geführt.
Ein Großteil dieser Gelder wurde längerfristig in Geldmarktfonds angelegt. Das kommt der US-Regierung sehr ungelegen, wo doch gerade jetzt der amerikanische Staat auf jeden kaufwilligen Investor angewiesen ist. Denn die USA, die reichste Volkswirtschaft der Welt, sind knapp bei Kasse, wie der Streit um die Anhebung der Schuldenobergrenze deutlich machte.
Schon jetzt erreichen die Staatsschulden die unvorstellbare Summe von rund 31,5 Billionen Dollar. Die Einigung im Streit um die Schuldenobergrenze erlaubt eine Erhöhung um zusätzliche 1,5 Billionen. Da die US-Regierung sich während dieser Auseinandersetzung keine neuen Mittel beschaffen durfte, ist nun der staatliche Finanzierungsbedarf entsprechend groß.
Die US-Bank J.P. Morgan schätzt, dass die Regierung bis September 2023 neue Gelder in Höhe von 850 Milliarden Dollar über Anleihen aufnehmen muss. Nur so kann der Staat seine Zahlungsverpflichtungen erfüllen und weiter funktionieren. Ausgerechnet die reichen westlichen Staaten sind die am höchsten verschuldeten und verfügen nicht über genügend Einnahmen, um die Staatsausgaben zu schultern.
Im Geschäftsjahr 2023 hatte die US-Regierung Staatseinnahmen von 2,99 Billionen Dollar, denen aber Ausgaben von 4,16 Billionen gegenüberstanden.(2) Angesichts ihrer gewaltigen Verschuldung ist die US-Regierung abhängig von der Bereitschaft privater Anleger und institutioneller wie Geldmarkt-Fonds, ihr Geld in amerikanischen Staatspapieren anzulegen. Anderenfalls ist die Zahlungsfähigkeit des Landes in Gefahr. Doch Finanzministerin Janet Yellen hat Zweifel, ob „die Geldmarktfonds die Anleiheflut des US-Staates allein aufnehmen können“.(3)
Um Investoren anzulocken, müssen die USA schon jetzt an den Finanzmärkten Zinsen zahlen, die im Schnitt um 1,5 Prozentpunkte über denen deutscher Staatsanleihen liegen. Zudem sind durch die Maßnahmen der FED zur Inflationsbekämpfung inzwischen die Renditen kurzlaufender Anleihen höher als die von langlaufenden, normalerweise ist das umgekehrt. Angesichts solcher Nachteile dürfte es für die US-Regierung schwierig werden, Käufer für langfristige Anleihen zu finden.
Unter den Bedingungen des kapitalistischen Finanzmarktes gibt es da nur eine Lösung: Es müssen höhere Zinsen für die Langläufer angeboten werden. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die USA für neue längerfristige Anleihen bald einen Zinssatz mit einer Fünf vor dem Komma bieten müssen. Das aber wird den ohnehin schon angespannten US-Haushalt zusätzlich belasten.
Interessenkonflikte
„Alleine in den letzten vier Quartalen ... musste die US-Regierung auf die gesamte Staatsverschuldung 853 Milliarden Dollar an Zinsen bezahlen.“(4) Das entspricht fast einem Drittel der gesamten Staatseinnahmen des Landes von 2,99 Billionen Dollar. Dabei wachsen die Zinsforderungen schneller als die Wirtschaftsleistung zunimmt. Allein innerhalb eines Jahres haben sie sich vo...
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