Best of SZ: Das Thema und In aller Ruhe

„Kontrollverlust“ – Tarik Abou-Chadi bei Carolin Emcke über Rechtspopulismus und die Fehler der Demokraten


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In dieser Folge von „In aller Ruhe“ geht es um Populismus und den Erfolg rechtsautoritärer Parteien in Europa. Warum wenden sich Menschen diesen Parteien zu? Und warum gelingt es den demokratischen Parteien nicht, diese Entwicklung aufzuhalten? Darüber spricht Carolin Emcke mit dem Politikwissenschaftler Tarik Abou-Chadi. Er erläutert, welche Dynamiken den Aufstieg rechtspopulistischer Kräfte in Europa begünstigt haben und welche Mittel bleiben, um dem entgegenzuwirken.

Abou-Chadi lehrt Europäische Politik an der Oxford Universität. Zuvor arbeitete er am politikwissenschaftlichen Institut der Universität Zürich. Seine Doktorarbeit schrieb er an der Humboldt-Universität zu Berlin. Während und nach seiner Promotion war er als Gastwissenschaftler an Universitäten in New York und Amsterdam tätig. Er forscht zu politischen Parteien, politischem Wandel in der Migrationspolitik und dem Wahlverhalten in Westeuropa.

„Wenn man sich nach rechts bewegt, gewinnt man die Wählerinnen und Wähler nicht zurück“

Im Gespräch mit Carolin Emcke spricht Tarik Abou-Chadi darüber, welche Annahmen über den Aufstieg rechtspopulistischer Parteien politikwissenschaftlich belegbar sind, und welche eher als Mythos bezeichnet werden müssen. Letzteres treffe etwa auf die Behauptung zu, dass sozialdemokratische Parteien die Arbeiter durch progressive Politik an radikal-rechte Parteien verloren hätten. „Diese Idee, dass heutige radikal-rechte Wähler frühere Sozialdemokraten sind, ist empirisch falsch“, sagt der Politikwissenschaftler.

Zudem kritisiert er den Umgang der demokratischen Parteien – egal ob konservativ oder sozialdemokratisch – mit der radikalen Rechten, die dazu tendieren, programmatisch auf die populistische Rhetorik einzugehen, statt eigene, progressive Positionen zu entwickeln. Das habe allerdings nachweisbar eher einen gegenteiligen Effekt. „Wenn man sich nach rechts bewegt bei der Migration, gewinnt man die Wählerinnen und Wähler nicht zurück.“ Stattdessen profitiere die radikale Rechte von dieser programmatischen Umorientierung der Parteien. „Wenn man häufig hört von Politikern, dass Migration ein riesiges Problem ist, dann fangen die Leute eben auch stärker an zu denken, Migration ist ein riesiges Problem.“

Wie demokratische Parteien zum Aufstieg der radikalen Rechte beigetragen haben, und was sie tun könnten, um diese Entwicklung umzukehren, hören Sie im Podcast, hier auf sz.de und auf Spotify.

Empfehlung von Tarik Abou-Chadi

Abou-Chadi empfiehlt das Buch „Wie Demokratien sterben“ von Steven Levitsky und Daniel Ziblatt. Vielmehr aber betont der Politikwissenschaftler die wichtige Rolle von politischen Diskussionsrunden, um die Freude und den Genuss am politischen Denken wiederzuentdecken. „Es geht darum, mit Spaß und Genuss über Politik nachzudenken und zu sprechen, statt nur mit Wut und Frustration.“

Moderation, Redaktion: Carolin Emcke

Redaktionelle Betreuung: Ann-Marlen Hoolt
Produktion: Imanuel Pedersen

Bildrechte Cover: Tom Weller Photography/Bearbeitung SZ

Sie erreichen die Redaktion dieses Podcasts unter [email protected] – wir freuen uns über Anregungen, Lob oder Kritik.

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Best of SZ: Das Thema und In aller RuheBy Süddeutsche Zeitung