Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten beherrschen die Berichterstattung und die öffentlichen Diskussionen. Wie bestimmen sie die Lebensverhältnisse in Deutschland und wie reagiert die Gesellschaft darauf?
Ein Standpunkt von Rüdiger Rauls.
Unterschiede
Der militärische Konflikt um Gaza entzieht der Ukraine mediale Aufmerksamkeit, Waffen und Geld. Wenn auch der Krieg im Osten Europas durch die Kämpfe im Nahen Osten nicht mehr so im Mittelpunkt der Wahrnehmung steht wie noch vor Wochen, so ist er aber für die Veränderung der globalen Kräfteverhältnisse bedeutender. Er stellt die bisherige Vorherrschaft des politischen Westens in Frage.
Die Lage in der Ukraine entwickelt sich immer mehr zugunsten Russlands. Angesichts der Kosten des Krieges und der Ausweglosigkeit der Lage werden im politischen Westen die Rufe nach einer Verhandlungslösung immer lauter, selbst wenn diese den Verlust ukrainischer Gebiete festschreiben sollte.
Entgegen allen Voraussagen, die vor und im Verlauf des Krieges über die russischen und ukrainischen Erfolgsaussichten gemacht worden waren, entwickelt sich das Kriegsgeschick anders, als die meisten Experten im Voraus gewusst haben wollen. Trotz aller zwischenzeitlichen Erfolgsmeldungen, die teilweise als strategische Wende dargestellt wurden, wird nun auch in westlichen Medien immer seltener geleugnet, dass die ukrainische Gegenoffensive gescheitert ist.
Wieder einmal erwiesen sich westliche Analysen über die Erfolgsaussichten der Kriegsparteien sowie die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Russland mehr vom Wunschdenken bestimmt als von der realistischen Einschätzung der Tatsachen. Das begann mit der Wirkung der Sanktionen und dürfte sich auch bei der Feststellung als fehlerhaft erweisen, dass zwischen Russland und der Ukraine ein Patt an der Front herrsche.
Das ist nur scheinbar richtig, lässt es doch außer Acht, dass Russland in seiner Militärtechnik und dessen Produktionskapazitäten der Ukraine und teilweise sogar dem Westen weit überlegen ist. Auch die russische Strategie scheint einen anderen Ansatz zu verfolgen: Schonung des eigenen Personals bei gleichzeitiger Schwächung des gegnerischen. Keine breit angelegten Frontalangriffe, sondern kontrollierte Offensiven dort, wo sich günstige Gelegenheiten ergeben.
Diese Fehleinschätzungen verstellen einen hoffnungsvollen Blick auf den Ausgang des Krieges. Wenn auch in den USA und einigen Staaten der Europäischen Union (EU) die Kriegsbegeisterung nachlässt und die Finanzierung immer wackeliger wird, maßgebliche Kräfte besonders in der EU scheinen alles daran setzen zu wollen, den Krieg fortzusetzen bis zum letzten Ukrainer und bis zur vollständigen Verarmung der eigenen Bürger.
Geteiltes Leid
Uns als deutsche Bürger betrifft der Krieg in der Ukraine stärker als jener im Gazastreifen. Besonders für die Armen unter uns haben sich die Lebensverhältnisse aufgrund der Sanktionen gegen Russland deutlich verschlechtert. Das macht sich unmittelbar in den stark gestiegenen Kosten für Energie bemerkbar, mittelbar in einer bisher nie gekannten Explosion der Lebensmittelpreise.
Die Sanktionen gegen die russische Wirtschaft verteuern das Leben im Westen. Die deutschen Bürger leiden mehr unter den russischen Sanktionen als die russischen. Denn offensichtlich ist es Russland besser gelungen, sich den Sanktionen zu entziehen, indem es neue Abnehmer für sein Öl und Gas fand, als Europa und Deutschland erfolgreich darin waren, für diese Energieträger neue Lieferanten aufzutun. Und wenn es gelang, dann nur zu deutlich erhöhten Preisen.
Aber damit nicht genug, haben die westlichen Notenbanken zur Bekämpfung dieser Preissteigerungen als sogenannter Inflation auch noch die Zinsen stark angehoben. Diese bedrohen nicht nur die Kreditwürdigkeit vieler Bürger sondern auch deren Zahlungsfähigkeit. Es wächst die Zahl derer, die ihre Eigenheime nicht mehr finanzieren können,