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Lang lebe die Deutsche Sprache! | Von Hermann Ploppa


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Ein Kommentar von Hermann Ploppa.
Es lag mir schon lange auf dem Herzen, für die deutsche Sprache eine Lanze zu brechen. Immer wieder habe ich das Unternehmen aufgeschoben. Doch zu meiner großen Freude hat eine Autorin hier bei Apolut eine Tagesdosis veröffentlicht, die den hohen Stellenwert der deutschen Sprache betont <1>. Gerne nehme ich den Ball noch einmal auf, damit auch wirklich darüber gesprochen wird. Ich bin tatsächlich der Ansicht, dass das Thema für uns alle sehr, sehr wichtig ist. Die um sich greifende Verstümmelung der deutschen Sprache, bevorzugt ausgeführt durch das unendlich dumme Messer der Anglizismen, behindert uns tatsächlich in vielen Bereichen. Wir verstehen dann unsere eigene Muttersprache nicht mehr. Wir stammeln in Anglizismen, deren tatsächlichen Sinn wir nur dunkel erahnen. Aber ohne ein angemessenes Be-greifen und Ver-stehen sind wir hilflos wie ein Käfer, der auf dem Rücken liegt und mit seinen sechs Beinchen herumzappelt. Wenn der Käfer den Kontakt zum Boden nicht wieder findet, stirbt er elend.
So, let’s go. Get started!
Der Haarkamm schwillt mir. Da gehe ich durch die Einkaufsmeile. Entschuldigung: ich meinte natürlich: die Mall. Und überall dieses dämliche „For Sale“. „Outdoor Equipment“. „Shoe for you“. „To do list“ abgewechselt mit der Mischkonstruktion der „To do-Liste“.  Ähh, räusper – die Krämer könnten uns doch genauso gut mit den uns bereits bekannten Wörtern ansprechen. Wie wäre es denn statt dessen mit der deutschen Mitteilung: „zu verkaufen“, „Ausrüstung für Draußen“, „Schuhe für Dich“, „Was noch zu tun ist“? Doch das geht gar nicht. Klingt wohl zu popelig. Wir müssen den Anschein von Bedeutsamkeit und jugendlichem Schwung wie Weihrauchqualm mit unverständlichem Willy-Wichtig-Geraune vor uns hertragen. Die Wanderung um das Nebelhorn war natürlich wieder „voll nice“. Deswegen: „We did it.“ „Let’s Explore“ – darum kaufen wir uns als Nächstes ein Auto aus tschechischer Fertigung.
Szenenwechsel
Da wird mal ein deutscher Film mit der Goldenen Palme von Cannes dekoriert. In einer großen Zeremonie der Schönen und Erfolgreichen bedanken sich reihum alle preisgekrönten Regisseure, Produzenten, Drehbuchschreiber und nicht zu vergessen die Schauspieler und Schauspielerinnen. Alle sprechen in der einzigen Sprache, die alle verstehen – auf Englisch. Die Reihe kommt an den deutschen Produzenten. Er spricht Deutsch. Immerhinque. Er entschuldigt sich aber sogleich wortreich und mit der Mimik eines armen Sünders, dass er nicht wie die anderen auf Englisch sprechen kann, denn er beherrscht das Englische nicht. Leider muss er also in „dieser schrecklichen deutschen Sprache“ seiner Dankbarkeit für die Krönung mit dem goldenen Palmwedel von der Cote d’Azur stammelnden Ausdruck verleihen. Allgemeines Verständnis wird dem armen Sünder aus dem schuldbeladenen Land der Teutonen entgegen gebracht. Der arme Mann hat sich ja wenigstens entschuldigt.
Nun ja, über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Manch einem gefallen die Zischlaute gewisser östlicher Sprachen nicht. Andere mögen kein Kaugummi-Genuschel. Der anstellige deutsche Filmemacher spielt aber wahrscheinlich weniger auf klangliches Missfallen an. Vermutlich bezieht sich der arme deutsche Sünder auf einen kollektiven Schuld-Komplex. Denn in den Augen mancher Mitmenschen ist Deutschland und mit ihm die deutsche Sprache für alle Zeiten sozusagen im Kombi-Paket mit schwerster Schuld beladen. Es ist extrem Schlimmes von deutschem Boden ausgegangen und das darf sich eindeutig nie wiederholen. Dafür kämpfen wir. Dafür sind wir die letzten drei Jahre unermüdlich auf die Straße gegangen. Allerdings müssen Erkenntnis und Verstehen unser Handeln leiten und nicht uralte Ängste. Wir dürfen uns getrost auf das Wissen unserer Vorfahren berufen. Erbsünde ist hier fehl am Platz.
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