Francophonies, Radio Z, 18.01.2023
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Wenn man aus Frankreich stammt und in Deutschland lebt, begegnet man immer wieder dem Klischee, dass Frankreich und seine Menschen immer romantisch und charmant seien und die französische Sprache, dieser französische Akzent, so schön klinge, ja, Französisch unbestritten einfach die Sprache der Liebe sei.
Umfragen und Statistiken bestätigen diesen Eindruck immer wieder. Bei der Frage nach der Sprache der Liebe landet Französisch regelmäßig deutlich vor dem zweitplatzierten Italienisch. Bei der Frage nach der romantischsten Stadt ist selbstverständlich Paris unübertroffen. Und auch die Frage nach dem sinnlichsten Akzent entscheidet das Französische für sich.
Woher dieses Bild von Frankreich und dem Französischen stammt, ist nicht ganz einfach zu beantworten. Fakt ist, dass es in Medien, Literatur, Film, Serien, Musik, Gastronomie und vielem weiteren mehr immer wieder gezeichnet und damit auch bestätigt und bestärkt wird.
Dies hat auch dazu geführt, dass gerade im Zusammenhang mit der Liebe viele französische Wörter Einzug in die deutsche Sprache gefunden haben: vom wilden „amour fou“, über die „femme fatale“, den „charmeur“, bis zur außerehelichen „Liaison“ oder gar dem „Ménage-à-trois“. Einige französische Wörter haben sogar erst im Deutschen eine amouröse Bedeutung gewonnen, wie das Beispiel des „Rendez-vous“ zeigt.
Wer heute in Deutschland ein „Rendez-vous“ hat, der hat - etwas unromantischer und moderner gesprochen - ein Date. Doch diese Bedeutung ist eine relativ neue Entwicklung in der Wortgeschichte des Rendez-vous.
Ursprünglich war das Wort alles andere als romantisch. Es stammt aus der Militärsprache und bezeichnete eine Anweisung an Truppenteile, sich an einem gegebenen Punkt zu sammeln - tatsächlich bedeutet „rendez vous“ nämlich wörtlich „begeben Sie sich“.
Erst im Laufe der Zeit wurde aus der militärischen eine allgemeine Bedeutung und ein „rendez-vous“ war die Übereinkunft, sich zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort zu treffen. In Frankreich wird „rendez-vous“ bis heute in diesem Sinne gebraucht. Und so vereinbaren Französinnen und Franzosen „rendez-vous“ mit allen denkbaren Personen: dem Klempner, der Zahnärztin, dem Frisör, der Geschäftspartnerin und vielen weiteren mehr. Und so romantisch Französinnen und Franzosen auch sein mögen, man darf getrost davon ausgehen, dass sie sich in diesen Fällen in der Regel nicht für ein amouröses Treffen verabreden. Das französiche „Rendez-vous“, gerne als R D V abgekürzt, ist das was im Deutschen ein „Termin“ genannt wird.
In Deutschland hingegen ist bei einem vereinbarten „rendez-vous“ ziemlich sicher davon auszugehen, dass die beiden Personen Gefallen aneinander gefunden haben und nun ausloten möchten, ob sich daraus eine Liebesbeziehung entwickeln könnte.
Zugegebenermaßen, Menschen unter 50 vereinbaren selten ein „rendez-vous“, sondern sprechen heute eher von einem „Date“. Auch in der Liebe scheint also der unaufhaltsame Siegeszug der englischen Sprache Spuren zu hinterlassen.
Vielleicht ist es aber auch mehr als eine sprachliche Veränderung, die beim Wechsel vom „rendez-vous“ zum „Date“ stattgefunden hat. Ein „rendez-vous“ dürfte bei den meisten Menschen das Bild eines eleganten Abends mit Stil wecken. Eines Treffens in das man Zeit und Geld investiert und das mit Ernsthaftigkeit verfolgt wird.
„Dates“ haben hingegen etwas deutlich flexibleres, unprätentiöseres und können unkompliziert bei einem Gläschen Bier in einer schlichten Bar stattfinden. Vielleicht entspricht das „Date“ damit mehr unserer Zeit, als das „Rendez-vous“? Was weiß ich schon über das Datingverhalten des 21. Jahrhunderts, ich, der ich meine Frau vor bald 16 Jahren, ich war damals gerade erst 20 geworden, kennengelernt habe und seitdem mit niemand anderem mehr ein „rendez-vous“ gehabt habe. Ganz schön romantisch diese Deutsch-Franzosen, n’est-ce pas ?