Gaspards Geschichte wurde zur

Legende in Bamenda und seinem Dorf. Man sprach von ihm als einem

tragischen Helden, einem Mann, dessen Mut und Liebe Konventionen

herausgefordert hatten, aber den ultimativen Preis zahlte. Die Jugend

des Dorfes, inspiriert von seinem Opfer, begann, starre Traditionen

zu hinterfragen. Die Ältesten, einst unnachgiebig, gaben zu, dass

Wandel notwendig war.

Einige Wochen nach seiner Rückkehr in

die Armee verschlechterte sich Gaspards Zustand. Er wurde

unberechenbar, rief imaginären Soldaten Befehle zu oder weinte,

während er seine Waffe anstarrte. Eines Morgens, als er in Uniform

durch die Straßen marschierte, brach er zusammen und schrie

unverständliche Worte. Seine Familie brachte ihn nach Hause, doch es

war zu spät. Nach Tagen des Leidens starb Gaspard, hinweggerafft von

einem Übel, das niemand benennen konnte. Manche sagten, es sei die

Last seiner Prüfungen gewesen; andere flüsterten, dass Aminas und

ihrer Familie Flüche ihn verdammt hätten.

Zurück in Bamenda musste sich Gaspard

der militärischen Justiz stellen. Angeklagt wegen Desertion und

Diebstahls einer staatlichen Waffe, drohte ihm eine schwere Strafe.

Doch er führte die Ermittler zu seinem Haus, wo seine Waffe noch

immer in der Decke versteckt war. Er erzählte seine Geschichte: die

Liebe zu Amina, die Reise nach Nigeria, die Falle, das Gefängnis.

Die Offiziere, bewegt von seinem Bericht und überzeugt durch die

Beweise, hoben die Anklage auf. Sie boten ihm sogar an, wieder in die

Armee einzutreten, da sie in ihm trotz seiner Prüfungen einen

wertvollen Soldaten sahen.

In Kamerun war Gaspard spurlos

verschwunden. Die Armee, die ihn für einen Deserteur hielt, erließ

einen Haftbefehl gegen ihn. Seine verzweifelte Familie organisierte

Suchaktionen, doch alle Spuren führten ins Leere. Währenddessen

erlitt Gaspard im Gefängnis unvorstellbare Qualen. Nach einem Jahr

wurde er freigelassen, doch er hatte nichts mehr: keine Identität,

kein Geld, keine Kraft. Physisch und psychisch zerstört,

irrte er durch die Straßen und

arbeitete als Tagelöhner, um zu überleben.

Die Reise nach Nigeria war lang,

geprägt von schweren Schweigepausen. Amina, von Schuldgefühlen

geplagt, vermied Gaspards Blick. In einer kleinen Stadt angekommen,

nahmen sie ein Zimmer in einem bescheidenen Hotel. Eine Woche lang

lebten sie wie ein normales Paar, teilten Mahlzeiten und

Spaziergänge. Gaspard, weit davon entfernt, etwas zu ahnen, fühlte

sich Amina näher als je zuvor.

Eines Morgens ging er joggen,

wie er es oft tat. Als er zurückkehrte, war das Zimmer leer. Amina

war verschwunden, hatte seine Reisedokumente, sein Geld und all seine

Kleidung mitgenommen. Die unbezahlte Hotelrechnung war wie eine

letzte Beleidigung. Gaspard, fassungslos, versuchte, sich dem

Hotelmanager zu erklären, doch ohne Papiere oder Geld wurde er der

Polizei übergeben. Die Behörden, unbeeindruckt von seinen

Erklärungen, nahmen ihn fest und schickten ihn in ein Gefängnis im

Osten Nigerias.

Chukwu, als er den Brief las, spürte,

wie Wut in ihm aufstieg. Für ihn hatte Gaspard mit den Gefühlen

seiner Schwester gespielt und sie für eine andere Frau verraten.

Amina, am Boden zerstört, erzählte alles ihren Eltern, die ihre

Empörung teilten. Um einen Tisch im Hinterzimmer des Ladens

schmiedete die Familie einen Plan, um Gaspard zu bestrafen. Amina,

trotz ihres Schmerzes, willigte ein, eine Schlüsselrolle zu spielen.

Sie wusch Gaspards Kleidung, legte den Brief zurück in die Tasche

und wartete auf seine Rückkehr, mit einer Maske der Ruhe im

Gesicht.

Eines Morgens, als Gaspard einen

Militärkonvoi inspizierte, reichte ihm ein Bote einen Umschlag. Als

er die Handschrift seiner Mutter erkannte, beschleunigte sich sein

Puls. Er zog sich in eine Ecke des Lagers zurück und öffnete den

Brief. Die Worte waren hart und unmissverständlich: „Du musst ins

Dorf zurückkehren. Esther erwartet dich. Sie wird deine Frau.

Vergiss diese Fremde.“ Die Fotos von Esther, die dem Brief

beilagen, schienen ihn anzustarren, wie eine Erinnerung an seine

Pflicht. Gaspard spürte eine Welle der Panik. Er liebte Amina von

ganzem Herzen, doch der Familie zu widersprechen bedeutete, verbannt

zu werden, seine Identität und sein Erbe zu verlieren.

Zurück im Dorf versammelte Marthe die

Ältesten und die Familie in der großen Gemeinschaftshütte. Die

Luft war schwer, durchzogen vom Geruch feuchter Erde und verbrannter

Kräuter, um die Geister fernzuhalten. Sie ergriff das Wort und

erzählte die Geschichte von Gaspard und Amina mit all der

Feinfühligkeit, die sie aufbringen konnte. Sie sprach von ihrer

Liebe, ihrem gegenseitigen Respekt und dem Glück, das sie teilten.

Doch bevor sie zu Ende sprach, erhoben sich empörte Stimmen. „Ein

Fremder? Niemals!“, rief ein Onkel. „Die Vorfahren werden uns

verfluchen!“, fügte eine Großmutter hinzu.

Die Wochen vergingen, und Gaspards

Besuche im Laden wurden häufiger. Es ging nicht mehr nur um

Jeepteile, sondern darum, Amina zu sehen. Ihre Gespräche, zunächst

schüchtern, wurden zu Momenten der Vertrautheit. Amina, mit ihrer

Sanftheit und ihrem scharfen Verstand, weckte in Gaspard ein Gefühl,

das er nie zuvor gekannt hatte. Manchmal trafen sie sich im Schatten

eines Mangobaums nahe dem Laden und tauschten Geschichten über ihre

Träume und Familien aus. Für Gaspard war jedes Lächeln von Amina

wie ein Licht in der militärischen Routine....

Unter dem sengenden Himmel von Yaoundé

stieg Gaspard, ein junger Mann mit entschlossenem Blick, die Stufen

der Militärakademie (EMIA) hinauf, um sein Diplom zu erhalten. Als

Bester seines Jahrgangs hatte er alle Kameraden übertroffen, nicht

nur durch seine taktische Intelligenz, sondern auch durch seine

unerreichte Präzision beim Schießen. Als ihm der Rang eines

Unterleutnants verliehen wurde, hallte der Applaus wider wie ein Echo

seines aufkeimenden Ruhms. Mit nur 24 Jahren war Gaspard bereits eine

Legende unter seinen Kameraden, und sein Talent als Scharfschütze

brachte ihm allgemeine Anerkennung ein.